Es passiert immer wieder: Weil niemand einen Laden eröffnen will, werden Geschäftsräume einfach zu Wohnräumen gemacht – illegal. Das ist in der Blumenthaler Mühlenstraße inzwischen so gängig, dass die Schwarzbauten wechselweise mal das Bauamt, mal den Beirat beschäftigen. Jetzt soll ein neues Konzept die Lösung bringen, bei dem es um Millionen fürs Quartier geht. Und damit auch um Geld gegen leere Läden.
Dass Wohnen im Laden verboten ist, liegt an den Regeln, die für das Blumenthaler Zentrum aufgestellt wurden. Weil die Mühlenstraße eine Geschäftsstraße ist, soll es im Parterre der Gebäude auch nur Geschäfte geben. So gilt es seit Jahrzehnten. Mit der Folge, dass mit der Zahl der leeren Läden auch die Quadratmeterzahl der ungenutzten Erdgeschossflächen gestiegen ist. Was wiederum Eigentümer und Pächter nicht einfach so hinnehmen wollen – und sich dabei auch über Verbote hinwegsetzen.
Im Beirat war zuletzt von mehreren Häusern die Rede, in denen ehemalige Läden zu illegalen Wohnungen gemacht wurden. Und davon, dass die Baubehörde hart dagegen vorgehen soll. Nach Ansicht mancher Stadtteilpolitiker haben die Kontrolleure des Bauamtes nicht nur dafür zu sorgen, dass die Wohnungen sofort zu räumen sind, sondern auch, dass die verbotenen Wohnflächen wieder zu erlaubten Geschäftsflächen zurückgebaut werden – auch wenn die dann leer stehen und niemandem nützen.
Jens Tittmann kennt die Schwarzbauten und weiß, wie häufig sie die Mitarbeiter beschäftigen. Der Sprecher von Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) sagt, dass es vor allem ein Komplex ist, der Probleme macht – und es jetzt Jahre sind, in denen es hin- und hergeht: Die Behörde lässt räumen, um später wieder auf eine illegale Wohnung zu stoßen, die sie räumen lässt. Laut Tittmann war der letzte Verstoß vor drei Tagen. Er spricht von Vorsatz und einer Ordnungswidrigkeit, die bis zu 50.000 Euro kosten kann.
Die Wohnung, die keine sein darf
Oliver Fröhlich hat sich die Wohnung, die keine sein darf, in dieser Woche von der Straße aus angeschaut. Der Ortsamtsleiter sagt, dass andere Ladenzeilen in der Mühlenstraße vor Kurzem ähnlich ausgesehen haben, aber jetzt nicht mehr so aussehen. Viele sind mit Papier und Pappe verhängt. Fröhlich findet, was auch Beiratspolitiker finden: dass es so nicht weitergehen kann – weder mit dem Niedergang des alten Zentrums noch mit den illegalen Wohnungen, die immer wieder entstehen.
Wie die Fraktionen setzt auch der Verwaltungschef deshalb auf ein Konzept, an dem Stadtplaner seit Längerem arbeiten. Fröhlich zufolge haben sie die Mühlenstraße zum Gegenstand einer Analyse gemacht – und aus dieser Analyse mehrere Ideen entwickelt, den Ortskern voranzubringen. Der Ortsamtsleiter sagt, dass die Ergebnisse voraussichtlich im Frühjahr vorgestellt werden und dass das Zentrum zum Sanierungsgebiet erklärt wird, damit Millionen an Fördermitteln des Städtebaus abrufbar sind.
Er rechnet mit einem Entwicklungsprogramm, das Jahre dauern wird. Und an dessen Anfang gleich neue Regeln für das Gebiet aufgestellt werden, damit das Verbot, aus Ladenräumen Wohnräume zu machen, zügig aufgehoben wird. Auch Tittmann geht von einer Erlaubnis aus. Der Sprecher der Bausenatorin verweist auf andere Gebiete der Stadt, wo die Probleme ähnlich waren wie die in Blumenthal – und wo Geschäftshäuser jetzt Wohnhäuser sind. Zum Beispiel im Stephaniviertel und in der City.
Nur so schnell, wie manche das vielleicht hoffen, wird es nicht gehen. Tittmann sagt, dass es auch dann mindestens ein Jahr dauert, einen Bebauungsplan für die Mühlenstraße zu verändern, wenn das Verfahren so schlank wie möglich gehalten wird.

Pappe und Papier statt Angebote zu Monsterpreisen: Seit Jahren ist die Leerstandsquote im Blumenthaler Zentrum hoch.