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Abschied eines KOP "Hallo, Herr Freudenberg"

Mehr als zwei Jahrzehnte Kontaktpolizist in Lüssum-Bockhorn, 43 Jahre insgesamt bei der Bremer Polizei. Polizeihauptkommissar Malte Freudenberg beendet am 1. August seinen aktiven Dienst.
24.07.2023, 17:45 Uhr
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Von Iris Messerschmidt

"Reisen", sagt Malte Freudenberg wird im Ruhestand seine präferierte Beschäftigung sein. Der Blick des gestandenen Polizisten geht dabei nach rechts, zu seiner Ehefrau Ingrid. Die wäre am liebsten schon längst viel verreist. "Aber manches ist halt nicht so einfach machbar", sagt Freudenberg. Das Ehepaar ist gerade in Vegesack, Polizeidirektor Jan Müller hat zu Kaffee und Kuchen geladen – die Urkunde des Polizeihauptkommissars liegt vor ihm. "Wir plaudern ein bisschen", sagt Jan Müller. Schließlich liegen hinter Freudenberg 43 Jahre Polizeidienst, und die Kollegen haben manche Jahre gemeinsamer Erlebnisse hinter sich.

Dass der 1980 in den Polizeidienst eingetretene Malte Freudenberg einmal als Kontaktpolizist arbeiten würde, "das war damals nicht unbedingt absehbar", gesteht er. Angefangen im mittleren Dienst, "damals gab es noch die Dreiteilung bei der Polizei", sei er von fast 43 Dienstjahren, "fast komplett beim uniformierten Dienst" gewesen. Die einzige Ausnahme: K 51, "Abordnung zur Kripo – Kurzaufenthalt zum Reinschnuppern". Malte Freudenberg ging lieber zur Bereitschaftspolizei, machte seine praktische Ausbildung am Niedersachsendamm, besuchte diverse Lehrgänge bis hin zum Besuch der Hochschule für öffentliche Verwaltung, 1995 bis 1998, mit Abschluss als Diplom-Verwaltungswirt, der sogenannte Kommissarlehrgang.

Im gesamten Bundesgebiet eingesetzt

Die Bereitschaftspolizei war lange Jahre sein berufliches Zuhause. "Da habe ich Laufen gelernt", gesteht der heute 62-Jährige. Stationiert in Bremen, Sandstraße, Stadthallenwache, war er mit seinen Kollegen im gesamten Bundesgebiet eingesetzt: Papstbesuch in Münster, Demonstrationen in Bremerhaven mit Hafenblockade gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen, Weltwirtschaftsgipfel, Kämpfe und Demos um und in der Hafenstraße in Hamburg: "Es waren tolle und aufregende Einsätze." Und es war lange Jahre ein Dienst mit Wechselschichten.

Auch bei seinem Dienst in Bremen-Nord, in den Dienststellen "Lesum, Blumenthal, Lesum" bis hin zuletzt zum Dienstgruppenleiter. Doch kurz vor seinem 50. Geburtstag wusste er: "Ich muss etwas ändern." Er wollte in die Tagschicht. Der in Lesum geborene und im Bremer Norden aufgewachsene Freudenberg fragte bei seinem Chef nach, ob die Möglichkeit bestünde, in der Tagschicht in Bremen-Nord zu arbeiten. Die Möglichkeit bestand: als Kontaktpolizist in Lüssum-Bockhorn. "Meine Kollegen konnten das nicht verstehen, haben mich damals gefragt, ob ich mir das gut überlegt habe." Malte Freudenberg hatte. "Ich fand das von Anfang an toll." Was nicht zuletzt auch an seinem damaligen Kollegen Horst Michalika gelegen habe. "Der hat mich super eingearbeitet."

Tolles Netzwerk in Lüssum-Bockhorn

Zwar ging Michalika 2015 in den Ruhestand und für den Kontaktpolizisten Malte Freudenberg wurde mit einem Mal der Bezirk Lüssum-Bockhorn doppelt so groß, da er Michalikas Aufgaben mit übernahm. "Aber die Region ist so toll aufgestellt, dass ich damit keinerlei Probleme hatte", gesteht Freudenberg und schwärmt vom tollen Netzwerk im Bereich Lüssum-Bockhorn. "Ob Wohnungsbau, Streetworker, Sozialarbeiter, ob in Schulen oder Kitas, die Kontakte und Zusammenarbeit klappten hervorragend", blickt Freudenberg positiv zurück.

Überhaupt habe ihm der gute Kontakt zu den Kindern der Region so manche Tür geöffnet. "Egal, in welchem Zusammenhang, ich bin in jede Privatwohnung gelangt." So manches gut bürgerliche Einfamilienhaus sei eventuell im Lauf der Jahre auf der Strecke geblieben, "dennoch habe ich viele Wohnungen gesehen, viele Menschen kennengelernt". An dem "Einsatzgeschäft" sei selbstverständlich auch der Kontaktpolizist nicht vorbei gekommen. "Da gab es dann auch Kollegen, die mich gern um Hilfe fragten", wie beispielsweise bei dem Jugendlichen, der zum Jugendarrest abgeholt werden musste. Die Sorgen über eine Eskalation bestätigten sich nicht, "ich war mit in der Wohnung, die Tasche wurde ganz in Ruhe gepackt, alles lief friedlich ab".

Vetrauensperson für alle Seiten

Selbst als nach dem Tod eines 15-jährigen Syrers zu Silvester 2017 sich diverse ethnische Gruppen samt großem Polizeiaufgebot gegenüberstanden, "habe ich erlebt, welch großes Vertrauen mir entgegenschlug". Malte Freudenberg fungierte immer wieder als Vermittler – für beide Seiten. Ein wenig traurig ist er schon, "dass eineinhalb Jahre durch Corona ein wenig anders abgelaufen sind", und erst jetzt die Kontakte wieder richtig aufleben können. Etwas, wovon sein Kollege, der seit 2020 in Lüssum-Bockhorn eingesetzte Kontaktpolizist Matthias Bernhardt, profitieren könne.

Ganz raus aus dem Geschehen in Lüssum-Bockhorn ist Malte Freudenberg allerdings auch ab dem 1. August nicht. Zum einen, weil er sich nicht nur auf Reisen oder seinem Wohnmobil-Stellplatz befinden will. Er kümmert sich auch mit Hingabe um seine beiden Enkelinnen – da, wo er wohnt, in Lüssum-Bockhorn. Und wer dort so viele Jahre mit den Menschen vor Ort verbracht hat, der wird erkannt, selbst in Zivil. So wie vor ein paar Tagen, als er mit seiner Frau essen war, und die junge Frau, die das Ehepaar bediente, den Polizisten noch aus Schulzeiten kannte und mit einer Begrüßung an den Tisch kam, die er mehr als 20 Jahre fast täglich hörte. Eine Begrüßung, die ihn heute noch glücklich macht: "Hallo, Herr Freudenberg."

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