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Kontaktpolizisten in Bremen-Nord Revierleiter werden zu Kops

Die Polizei zählt ab sofort auch Verkehrssachbearbeiter und Revierleiter als Kontaktpolizisten. Der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft bezeichnet das Vorgehen als "Schummelpaket".
24.02.2022, 17:27 Uhr
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Revierleiter werden zu Kops
Von Julia Assmann
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Alle 100 Kontaktpolizisten-Stellen in Bremen sollen bis Ende März wieder besetzt sein. Diese Zielmarke hat die Innenbehörde der Polizei vorgegeben. Offenbar wird die Zahl erreicht, allerdings anders, als es sich mancher Bürger und Kommunalpolitiker vorgestellt hat: Ab sofort werden auch Verkehrssachbearbeiter und die Führungskräfte, also die Revierleiter, als Kontaktpolizisten (Kops) gezählt.

Gleichzeitig sollen die Beamten künftig Aufgaben übernehmen, die bisher nicht zu ihrer Arbeit als Kop gehörten. Nach Informationen der NORDDEUTSCHEN sollen sie künftig auch mithelfen, einfache und ungefährliche 110-Anrufe abzuarbeiten und damit den unterbesetzten Einsatzdienst unterstützen.

Kritik der Polizei-Gewerkschaft

Lüder Fasche, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Bremen, bezeichnet das Vorgehen, Revierleiter zu Kontaktpolizisten zu erklären, als "Schummelpaket". Auch dass die Verkehrssachbearbeiter kurzerhand zu Kops erklärt werden, sei ein "Taschenspielertrick". "Verkehrssachbearbeiter wurden bisher nicht als Kops verwendet. Ihre Arbeit ist zwar auch im Quartier und vor Ort, doch sie haben einen ganz anderen Aufgabenbereich und können nicht zu 100 Prozent die Arbeit der Kops ersetzen." Das gelte auch für die Revierleiter, die mit Sicherheit nur einen geringen Teil ihrer Arbeitszeit als Kop arbeiten könnten.

Beiratssprecher ist sauer

Im Revier Lesum führte die Veränderung offenbar dazu, dass die Stelle des Kontaktpolizisten in St. Magnus nicht ausgeschrieben wurde. Stattdessen zählt jetzt der Revierleiter Gundmar Köster als Kontaktdienst-Beamter. Fünf Kontaktpolizisten-Stellen sind Burglesum zugeordnet. 2021 ging der Kontaktpolizist, der für St. Magnus zuständig war, in Rente. Burglesums Beiratssprecher Martin Hornhues (CDU) reagierte verärgert, als er erfuhr, dass die Stelle nicht ausgeschrieben wurde. "Die Stelle des Kops für St. Magnus ist trotz Zusage nicht nur nicht besetzt, sondern wohl erst gar nicht zur Besetzung ausgeschrieben worden."

Revierleiter als Kop

Eine Nachfrage unserer Redaktion bei der Pressestelle der Polizei ergab jedoch, dass in Burglesum gar keine Stelle vakant ist. "Die fünf Stellen für Lesum sind aktuell besetzt", so Polizei-Sprecherin Franka Haedke. Auf weitere Nachfragen zur Stellenbesetzung teilte die Pressestelle zudem mit: "Der Ortsteil St. Magnus wird derzeit durch den Revierleiter des Polizeireviers Lesum, Herrn Köster, und seine Mitarbeiter (Kontaktpolizistinnen und Kontaktpolizisten) betreut."

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17 Stellen in Bremen-Nord

Haedkes Worten nach gibt es im Polizeikommissariat Nord insgesamt 17 Stellen für den sogenannten Funktionskreis des Kontaktdienstes. Die Stellen verteilen sich auf jeweils sechs in Blumenthal und Vegesack und fünf in Burglesum. Eine detailliertere regionale Aufschlüsselung sei den Funktionsstellen im Geschäftsverteilungsplan der Polizei Bremen nicht zugeordnet.

Zwei Kop-Stellen vakant

Nach Angaben der Polizei-Sprecherin sind in Bremen-Nord derzeit zwei Kop-Stellen nicht besetzt, nachdem Beamte in den Ruhestand gegangen sind: eine in Blumenthal, eine in Vegesack. Die Nachbesetzung sei initiiert und solle unverzüglich erfolgen. Der Funktionskreis Kontaktdienst sehe bislang 100 Funktionsstellen vor, die sowohl die Führungskräfte als auch die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter – also die klassischen Kops – umfassen.

Verkehrssachbearbeiter als Kops

"Zusätzlich werden jedoch ab sofort auch die bisherigen Verkehrssachbearbeiter und -innen, die ebenfalls in den regionalen Abteilungen der Schutzpolizei verortet sind, als Sachbearbeiter und -innen Kontaktdienst mit dem Schwerpunkt Verkehrsangelegenheiten eingesetzt." Dabei handele es sich um weitere 17 Funktionsstellen, von denen sechs der Abteilung Nord/West und davon drei dem Polizeikommissariat Nord zugeordnet seien.

Schwerpunkt auf Verkehrsangelegenheiten

"Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass die Ausrichtung des Referats Kontaktdienst eine Erweiterung des Aufgabenbereichs der bisherigen Verkehrssachbearbeitung um Aspekte des Kontaktdienstes sinnvoll erscheinen lässt." Der Schwerpunkt der Tätigkeit werde aber weiterhin im Bereich der Verkehrsangelegenheiten liegen.

Beirat fordert zusätzlichen Kop

Der Beirat Burglesum fordert schon länger einen zusätzlichen Kop für die Ortsteile Burg-Grambke, Werderland und Industriepark. Auch vor dem Hintergrund, dass die Kontaktbeamten mit "immer mehr fachfremden Aufgaben beauftragt wurden, sodass sie im Stadtteil schmerzlich vermisst wurden", wie der Burglesumer Beiratssprecher betonte. Polizei-Sprecherin Franka Haedke beschreibt die Situation anders: "Die Kollegen und Kolleginnen im Aufgabenfeld Kontaktdienst nehmen Aufgaben im gesamten Spektrum der polizeilichen Aufgabenerfüllung wahr, wobei aber natürlich der absolute Schwerpunkt auf der bürgernahe Polizeiarbeit liegt." Andere Aufgaben stellten dabei nur eine deutlich untergeordnete Rolle dar.

Kops unterstützen Einsatzdienst

Tatsächlich werden die Kontaktpolizisten in Kürze sogar den Einsatzdienst unterstützen. Es ist beabsichtigt, die Kops als sogenannte NE-Streifen einzusetzen. NE steht für nicht eilbedürftig. Die Kontaktbeamten sollen dabei mithelfen, einfache und ungefährliche 110-Einsätze wie Einbrüche oder Sachbeschädigungen abzuarbeiten. Hintergrund ist offenbar, dass es im Einsatzdienst nicht genug Polizisten gibt. Gewerkschaftschef Lüder Fasche sagt dazu: "Mit dem Einsatz der Kops außerhalb ihrer eigentlichen Aufgabe wird hier die krasse Personalsituation der Polizei Bremen kaschiert, während gleichzeitig den Bürgerinnen und Bürger sowie Regionalpolitikern suggeriert wird, man hätte 100 Kop-Stellen besetzt. So muss sich die Polizei nicht wundern, wenn Bremens klamme Politik auf die Idee kommt, Bremen hätte ja doch genug Polizisten."

Zur Sache

Die Aufgaben der Kontaktpolizisten

Freund und Helfer vor Ort: Kontaktpolizisten (Kops) sind als bürgernahe Ansprechpartner meistens zu Fuß oder mit dem Fahrrad in den Quartieren unterwegs. Zu ihren Aufgaben gehört die Präventionsarbeit. Sie besuchen Kitas, Schulen zur Verkehrserziehung und halten Vorträge in Seniorenheimen zu Themen wie Einbruchsschutz und Trickdiebstahl. Des Weiteren gehört die sogenannte Opfernachsorge nach Einbrüchen zu ihrem Arbeitsbereich. Sie führen Gespräche und versuchen Situationen zu entschärfen, bevor es zu einer Eskalation kommt. Sie kümmern sich um nicht zugelassene Fahrzeuge im öffentlichen Raum, um Müll, frei laufende Hunde und im Winter um die Schneeräumpflicht. Weitere Arbeiten sind Fahrer- und Aufenthaltsermittlungen sowie Zwangsstilllegungen von Fahrzeugen.

Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Innenbehörde, beschreibt die Bedeutung der Kontaktpolizisten so: "Kops sind nach Überzeugung der Innenbehörde seit Jahren ein wichtiger und zentraler Bestandteil der bürgernahen Sicherheitsarbeit in den Stadtteilen. Da sie sich in ihren Quartieren sehr gut auskennen, wichtige Ansprechpartnerinnen und -partner kennen und oft um die jeweiligen Problemfälle vor Ort wissen, erfüllen sie gerade in Sachen Prävention eine wichtige Funktion. Sie sind zu Fuß oder per Rad in ihren Revieren unterwegs und bieten sich daher als Ansprechpartner für den Bürger und die Bürgerin an. Ein Kop arbeitet somit direkt am sozialen Zusammenleben im Quartier mit."

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