Ein Corona-Jahr haben die Nordbremer Fähren bereits ohne finanzielle Hilfe hinter sich – jetzt geht das zweite zu Ende, in dem es für die GmbH keine Zuschüsse gab. Weder Land und Bund sprangen ein, so wie bei anderen Betrieben in der Pandemie, noch die Gesellschafter: die Stadt Bremen und der Landkreis Wesermarsch. Wie das Unternehmen mit den Einbußen bei den Pendlern umgegangen ist und welche personellen Einschnitte und Fahrplanänderungen es gab und noch geben wird. Ein Überblick.
Das Personal: Andreas Bettray sagt es immer wieder: Ohne die Bereitschaft der Besatzungen wäre die Bilanz anders ausgefallen, vor allem schlechter. Das hat der Chef der Fährgesellschaft Bremen-Stedingen nach eigenem Bekunden auch den Aufsichtsratsmitgliedern erklärt, die jetzt getagt haben. Bettray erzählte ihnen, dass das Verhalten der Crews so einwandfrei und vorbildlich ist, dass Kontrolleure des Bundes auf keinem der fünf Schiffe irgendwelche Verfehlungen bei der Einhaltung von Corona-Auflagen feststellen konnten – und dass sich bis heute kein einziges Mannschaftsmitglied mit dem Virus infiziert hat.
Bettray ist froh darüber. Genauso über das Verständnis, das ihm zufolge alle aufbringen, wenn es um Einschnitte geht. Mehrere Zeitverträge werden nicht verlängert und mehrere Stellen von Ruheständlern nicht wieder besetzt. Ab nächstem Jahr hat die Fährgesellschaft 92 statt 97 Mitarbeiter. Laut Bettray wäre der personelle Verlust noch größer ausgefallen, wenn die Kollegen nicht so reagiert hätten, wie sie am Ende reagiert haben: 13 Frauen und Männer verzichten auf Stunden, damit zwei andere Beschäftigte bleiben können. Die reguläre Kurzarbeit endet dagegen Anfang des neuen Jahres. 18 Fährleute waren betroffen.
Die Pendler: Für Bettray war 2021 ein wirtschaftlich besseres Jahr als 2020. Auch wenn ihm zufolge die neuen Zahlen noch weit davon entfernt sind, gute Zahlen zu sein. Der Fährchef spricht von einem Aufwärtstrend. Und davon, dass das Aufkommen an Fahrzeugen, die mit den Schiffen über die Weser setzen, kontinuierlich gestiegen ist – nachdem es im Vorjahr so weit eingebrochen war, dass er zwischenzeitlich keinen anderen Ausweg mehr wusste, als auf Corona-Hilfen zu hoffen. Oder darauf, dass der Rettungsschirm für den öffentlichen Personennahverkehr auf die Fähren erweitert wird.
Der Geschäftsführer nennt Kennziffern, die nach seinen Worten belegen, dass es zwar besser läuft, aber immer noch nicht so gut wie vor der Pandemie: Im April dieses Jahres war er an den drei Fährstellen auf 142.000 Fahrzeuge gekommen, was 31.000 mehr sind als 2020, aber immer noch 43.000 weniger als 2019. Bettray sagt, dass die Zahlen in den anderen Monats- und Jahresvergleichen ähnlich sind. Und dass sie vielleicht 2022 noch besser werden, wenn tatsächlich eintritt, was Verbände für das nächste Jahr prognostizieren: ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent. Der Fährchef hofft, dass davon auch die Fähren profitieren.
Die Bilanz: Bettray musste in diesem Jahr machen, was er schon im vergangenen gemacht hat: die Rücklagen nutzen, um Einnahmenverluste auszugleichen. Und den Aufsichtsrat auf einen zweiten Fehlbetrag in Folge einstimmen. 2020 lag die Summe, die durch Einschnitte und ersparte Summen kompensiert werden musste, bei 904.000 Euro. Der Fährchef sagte damals, dass sie beinahe über der Millionen-Marke gelegen hätte. Jetzt sagt er, dass der Betrag, der in diesem Jahr fehlt, niedriger sein wird als im Vorjahr, aber immer noch sechsstellig. Wie hoch er genau ist, wird derzeit für die Jahresabschlussrechnung noch kalkuliert.
Um auf den Rückgang bei den Pendlern zu reagieren, hat Bettray im Vorjahr immer wieder die Zahl der eingesetzten Schiffe und ihren Takt verringert. Zwischen Blumenthal und Motzen fuhr vorübergehend gar keine Fähre mehr. In diesem Jahr ist der Geschäftsführer noch einen Schritt weitergegangen: Im Mai kündigte er an, dass der Nachtbetrieb an der Fährstelle erneut eingestellt wird – ohne diesmal einen Termin nennen zu können, wann aus dem Sonderfahrplan wieder ein regulärer werden soll. Seit Juni müssen Kunden auf die Fährstellen Vegesack-Lemwerder und Farge-Berne ausweichen, wenn sie nachts über die Weser wollen.
Die Konsequenz: Bettray hat sich mit den Aufsichtsratsmitgliedern abgestimmt. Sie unterstützen, wofür sich der Fährchef aus Kostengründen entschieden hat: Weil die Pendlerzahlen zwar besser, aber immer noch nicht gut sind, wird der Nachtbetrieb zwischen Blumenthal und Motzen eingestellt bleiben – bis auf Weiteres. Der Geschäftsführer sagt, dass die Einschränkung irgendwann wieder aufgehoben werden soll, aber nicht so bald und vielleicht auch nicht im nächsten Jahr. Nach seiner Rechnung hat die siebenmonatige Einstellung des Nachtbetriebs eine Kosteneinsparung von 350.000 Euro gebracht.
Der Fährchef rechnet noch mit etwas anderem: Dass der Verkehrsbetrieb auch im nächsten Jahr seine Tarife erhöhen muss, wenn sich kein weiteres Plus an Pendlern abzeichnen sollte. Bettray sagt, dass wegen der Pandemie die Preise für Öl und Diesel deutlich angezogen haben – und dass im nächsten Jahr die Personalkosten steigen werden, weil die nächste Verhandlungsrunde der Gewerkschaften ansteht. Er geht davon aus, dass im Juni oder Juli feststehen wird, ob Kunden mehr bezahlen müssen oder nicht. 2021 waren die Fährtarife zwei Monate früher und deutlicher erhöht worden als in den Jahren zuvor.