Kaum hatte das "Netzwerk Selbsthilfe" in Bremen-Nord zwei Corona-Selbsthilfegruppen angekündigt, klingelte das Telefon ohne Pause. "Wir hatten mehr als 30 Anrufe, und viele Betroffene waren verzweifelt", sagt die Netzwerk-Geschäftsführerin Oxana Waldheim. "Jetzt stehen viele auf den Wartelisten, aber Interessierte sollen sich trotzdem gern melden, denn es werden regelmäßig Plätze frei. Das ist ein Kommen und Gehen."
Aktuell gibt es eine Gruppe in Vegesack und eine Gruppe in Lüssum. Gestartet sind sie am 18. Januar. Die Teilnehmer sind zwischen 40 und 78 Jahre alt. Aufgrund der Corona-Verordnungen sind derzeit höchstens neun Betroffene und ein Moderator in einer Gruppe. Die Betreuer begleiten die Menschen maximal an zehn Terminen. "Danach sollen sich die Teilnehmer nur noch untereinander austauschen", so Waldheim. Üblich sei es, sich zu duzen, "das schafft mehr Nähe". Viele Betroffene wissen nicht, wohin mit ihren Beschwerden, denn sie werden oft nicht ernst genommen", so die Gesundheitsmanagerin. Das gelte beispielsweise für Schwäche und Müdigkeit in Folge einer Corona-Erkrankung. Hier sei der Austausch mit Leidensgenossen hilfreich.
Das "Netzwerk Selbsthilfe" unterstützt Selbsthilfegruppen und Vereine in ihrer Gründungsphase. "Wir organisieren kostenneutrale Referenten und Räumlichkeiten und übernehmen die Moderation bei der Gruppengründung. "Die Menschen helfen sich in erster Linie gegenseitig. Lässt das Interesse nach, schleicht sich die Gruppe allmählich aus", ergänzt Andreas Weippert, Sprecher des "Netzwerks Selbsthilfe". Derzeit habe der Verein, der auf Initiative der Sozialbehörde im Jahr 1997 in Bremen gegründet wurde, neun Festangestellte in Teilzeit. Die Mitarbeiter koordinieren die Angebote in rund 700 Selbsthilfegruppen mit etwa 20.000 Teilnehmern in Bremen und umzu. "Allein in unseren eigenen Räumlichkeiten finden bis zu 80 Gruppen jeden Monat statt – auch an den Wochenenden", sagt Weippert.
Das Spektrum umfasst alle Sparten der Gesundheit und des Soziallebens, darunter Krebs- und Suchterkrankungen, Tinnitus, Schizophrenie, Trauer, Soziale Phobie, Makula-Degeneration oder Schädelhirntrauma. "Es gibt nichts, was es nicht gibt", so Oxana Waldheim. Ganz neu sei in Lüssum eine Gruppe zum Thema Depression. Bremen-Nord sei bei den Selbsthilfegruppen bisher aber "eher unterrepräsentiert". Das werde sich aber ändern, verspricht die 46-Jährige, die 18 Jahre – unter anderem als Pflegeleiterin – im Klinikum Bremen-Nord gearbeitet hat.