Die Wassersportsaison ist zu Ende, die meisten Schiffe und Boote sind schon winterfest verstaut. Aber es gibt Ausnahmen. Holger Vey vom "Verein Wassersport Vegesack" (VWV) ist Sprecher der Hallen-Obleute und kennt viele Bootsbesitzer, die noch keinen Platz gefunden haben. "Die müssen sich jetzt mühsam einen gewerblichen Platz suchen." Bei Vey gehen alljährlich die Anträge für die Winterliegeplätze ein, wobei die rund 90 Plätze in Halle und Freilager ohnehin nur langjährigen Mitgliedern zustehen.
Einige Schiffe von Vereinsmitgliedern habe der VWV auch bei befreundeten Vereinen untergebracht, betont der 72-jährige Blumenthaler, selbst Eigner eines 10,6 Meter langen Stahlschiffs. Kostenpunkt: zwischen 600 und 1000 Euro für eine Wintersaison bei einer Bootslänge bis zu zehn Metern. "Die Vereine machen das kostendeckend. Das Winterlager ist keine Lizenz zum Gelddrucken", betont Vey. In kommerziellen Hallen seien die Beträge mindestens doppelt so hoch. Und viele dieser Anbieter nähmen nur Schiffe, bei den die erforderlichen Winter-Arbeiten dann seitens der jeweiligen Werft erledigt werden. Ein zusätzlicher Kostenfaktor.

Holger Vey, vom Verein Wassersport Vegesack, sitzt auf einem Boot in der Halle.
Viele Menschen hätten sich im Zuge der Pandemie mit dem Kauf eines Bootes etwas blauäugig ins Abenteuer gestürzt und den Aufwand unterschätzt, meint Vey. Anderseits sei es aber erfreulich, dass sich nun so viele junge Leute für den Wassersport begeistern, da die Vereine überaltert seien. "Bei uns liegt der Durchschnitt oberhalb von 60 Jahren." Insofern seien Neulinge für die Vereine "eine echte Bereicherung".

Boote stehen untergestellt in der Bootswerft Reiners.
Zurück zum Winterlager: Trailbare Boote - bis zu drei Tonnen und einer Länge von sechs Metern - könnten problemlos auch in privaten Garagen, Scheunen oder Gärten überwintern, betont der Experte. "Es gibt ja sogar Leute, die ihre Boote morgens bei uns ins Wasser lassen und abends wieder rausholen", erzählt Vey und ergänzt verschmitzt: "Hafenkino nennen wir das."
Damit ist ab Ende Oktober aber Schluss. Die meisten vereinseigenen Steganlagen seien nicht gut gegen Eisgang gesichert, so der Nordbremer und verweist auf die Möglichkeit, Schiffe in der Marina von Schlachte oder Europahafen zu überwintern. "Die Dänen oder Schweden lassen ihre Boote fast alle im Wasser und schützen sie mit Luftsprudlern vor Eis. Aber die Deutschen sind da sehr pingelig", weiß der Rentner, reiht sich da ein und scherzt: "Ich lasse meine Frau im Winter nicht draußen und mein Boot natürlich auch nicht."
Mancher ist jetzt aber gezwungen, sein Schiff draußen zu lassen. "Wir sind rappelvoll", sagt Annegret Reiners-Pröttel, Geschäftsführerin der Bootswerft Reiners. "Die ersten Anfragen kamen schon im Juni, und das ging nonstop bis Mitte Oktober." Darunter seien sehr viele neue Bootsbesitzer gewesen, denen plötzlich klar wurde, dass sie auch einen Winterlagerplatz benötigen. "Die haben keinen Steg, keinen Winterplatz und wollen ungern in einen Verein, haben aber wegen Corona spontan mal ein Schiff gekauft", bedauert die Nordbremerin. "Die Reihenfolge ist falsch und nun müssen die im Wasser bleiben." Tatsächlich habe sie den verzweifelten Neulingen zu helfen versucht, "aber ich habe überall nur gehört, dass alles voll ist".

Annegret Reiners-Pröttel, Inhaberin Bootswerft Reiners.
Bei Reiners sind Schiffe bis zum 15 Metern Länge eingelagert, aber auch kleine Sportboote. Über die Anzahl gibt Annegret Reiners-Pröttel generell keine Auskunft. Klar ist aber, dass ihre Kunden auf dem Werftgelände alles selber machen können. Bei Bedarf helfe das Team aber auch. Eine Warteliste gibt es bei Reiners nicht. Wird ein Platz frei, spricht die Chefin mit potenziellen Nachfolgern, denn sie sollen in die Gemeinschaft passen.
Markus Bein, erster Vorsitzender der Steggemeinschaft Hasenbüren, vertritt sechs Vereine, die an der Weser liegen. 25 Winterplätze stehen den Mitgliedern direkt in Hasenbüren zur Verfügung. Genutzt werden diese auch von 20 Eignern aus Bremen-Nord. "Die kommen aber nur im Winter. Die liegen sonst an der Lesum im Yachthafen Grohn", sagt Bein.
Das Winterlager sei wegen des fünf Meter hohen Hallentors beliebt bei Skippern mit hohen Trailern oder Masten. "Aber bei uns war in diesem Jahr nichts zu machen, wir haben lange Wartelisten, und die Leute reißen sich um freie Plätze. Er habe einige Leute an die Schlachte und die 'Bootswerft Maleika' am Hohentorshafen verwiesen", sagt der Vereinsvorsitzende. In den Marinas koste ein Platz zwischen Oktober und April 390 Euro. "Vielleicht mögen die Menschen ja auch mal bei Kälte rausfahren", sagt der 57-Jährige. Ihm selbst liegt das nicht.
Leider hätten auch Menschen Boote gekauft, "die von dem Sport und von der Pflege nicht verstehen", klagt Markus Bein. In Hasenbüren müssten die Schiffe wegen des Flugrostes aus dem Stahlwerk "Arcelor Mittal" aber mehrmals jährlich gereinigt werden. Dafür zahle das Unternehmen den Eignern eine Aufwandsentschädigung. Einige würden nur das Geld einstreichen wollen, deshalb gebe es jetzt Kontrollen. Er selbst finde es weniger anstrengend, das Boot vom Flugrost zu befreien, als Möwendreck zu entfernen.