In acht Wochen sollen an der Warfer Landstraße die Bagger rollen, einige Borgfelderinnen und Borgfelder sind mit den Plänen für das neue Borgfelder Landhaus jedoch nicht einverstanden – darunter auch einige Mitglieder des Beirates. Ein Vertreter des Investors stellte den inzwischen dritten Entwurf jetzt erstmals der Öffentlichkeit vor.
Die Bilder sorgten besonders bei den künftigen Nachbarn für Entsetzen. "Das ist ein Klotz", schimpfte ein Borgfelder. Mit der Optik des alten Landhauses, die in den Plänen aufgegriffen werden sollte, habe das nichts zu tun, war bei den Gästen der Beiratssitzung zu hören. "Das hier ähnelt einem amerikanischen Motel", sagte ein Einheimischer.
Kompaktes Gebäude mit Abstand zum Deich
"Es ist ein sehr funktionales Gebäude, ja", gab der Technische Leiter der Bührmann-Gruppe, Harry Lorenz, zu. Die Vorgaben der Behörden zum Schutz vor Hochwasser hätten Änderungen zur Folge gehabt. "Das Gebäude musste kompakter werden, mit mehr Abstand zum Deich", so Lorenz. Den künftigen Bewohnern werden dadurch weniger gemeinschaftlich nutzbare Räume zur Verfügung stehen als ursprünglich geplant. Nach den Korrekturen habe die Behörde den Bau vor zehn Wochen genehmigt. Ein Bremer Unternehmen bereite den Baustart vor.
Die Architekten planen vier Geschosse, davon ist das obere ein kleineres, eingerücktes Staffelgeschoss. 35 Wohnungen mit einer Grundfläche von jeweils 35 Quadratmetern sollen entstehen, vier davon barrierefrei. Das Gebäude soll technisch nach aktuellem Stand mit einer Wärmepumpe ausgestattet werden. In 14 Monaten könnte der Bau mit den Maßen 50 mal 15 Meter bezugsfertig sein, sagte Lorenz.

Dieser frühere Plan hat sich erledigt. Neue Anforderungen führten dazu, dass das Architekturbüro seinen Vorschlag überarbeiten musste.
Lautstarkes Entsetzen machte sich im Publikum breit, als Lorenz auf eine kritische Frage von Anwohnern antwortete, es seien drei Autostellflächen geplant. Jan Woetzel von der Bürgerinitiative Borgfelder Landhaus kritisierte sowohl die vorgesehene Optik als auch die angekündigte Nutzung des Gebäudes. "Dieser Ort ist prädestiniert dafür, ein sozialer Brennpunkt zu werden", befürchtet er. Petra Kodré, in der Bremer Sozialbehörde für die Aufnahme von Geflüchteten zuständig, versicherte: "Unsere Übergangswohnheime sind keine sozialen Brennpunkte." In Bremen gebe es deutlich größere Wohnkomplexe für Geflüchtete als in Borgfeld geplant. Die Anzahl der Parkplätze sei kein Problem, denn in der Regel besäßen die Bewohner keine Autos, so Kodré. Lorenz verwies auf die gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.
In dem künftigen Übergangswohnheim sollen bis zu 105 Menschen Platz haben, so Petra Kodré. Das Land Bremen werde das Gebäude über zehn Jahre für insgesamt etwa 6,5 Millionen Euro mieten. Geflüchtete sollen dort gegen Gebühr wohnen können, bis ihr asylrechtliches Verfahren entschieden ist. Zurzeit, so Kodré, warteten rund 5000 Personen darauf, aus den Erstaufnahmeeinrichtungen in eine Wohnung ziehen zu können. Sie unterzubringen, gebe der Bremer Wohnungsmarkt jedoch derzeit nicht her. Deshalb müssten viele Menschen länger als nötig in Leichtbauhallen ohne Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre ausharren. Die 35 in Borgfeld geplanten Wohneinheiten seien im Vergleich zu anderen Einrichtungen "sehr überschaubar", sagte Kodré und ihre Belegung mit je einer Familie oder zwei erwachsenen Personen "deutlich enger als in einer normalen Sozialwohnung".
Welcher Träger das Übergangswohnheim betreiben werde, stehe noch nicht fest. Wohl aber, dass es vor Ort einen Hausmeister, Integrationshelfer und Wohnraumberater geben soll. Dafür sind dreieinhalb Stellen vorgesehen. "Ziel ist es, dass die Leute wieder ausziehen in eine eigene Wohnung", so Kodré.
Meinungen gespalten
Beiratssprecher Jörn Broeksmid (CDU) monierte, es gebe kein vergleichbar großes Gebäude in Borgfeld – viele nachbarschaftliche Belange seien nicht geklärt. Zum Beispiel sei nicht sicher, ob die Schulen und Kindergärten genügend Plätze böten. "Wir kämpfen hier um den Erhalt der Freizeiteinrichtungen, in den Kitas werden die Küchen geschlossen, die Infrastruktur zerbröselt und ältere Mitbürger fordern seit Jahren bezahlbaren Wohnraum, den sie nicht bekommen." Wie solle der Beirat erklären, dass hier jetzt dreieinhalb Stellen geschaffen werden, fragte Jens Burghardt (CDU) und erhielt Beifall.
Werner Piesik (SPD) indes warnte davor, die Neiddebatte im Ort zu befeuern: "Wir hatten in den Containern schon mal mehr Geflüchtete, die haben sich gut integriert." Es sei gut, wenn junge Menschen nach Deutschland kämen. Er sei zuversichtlich, dass die Sozialbehörde die Situation für die Bevölkerung so gerecht wie möglich gestalten werde. Auch Piesik erhielt Beifall.
Laut Kodré ist die Zahl der Ankömmlinge im Land Bremen in den vergangenen Jahren stark gesunken. "Wir hatten schon 1000 pro Monat, davon sind 700 geblieben." Zurzeit kämen 200 Menschen an, davon seien 100 der Stadt Bremen zugeteilt. Trotz immer wieder neu entstehender Einrichtungen habe sich der Bedarf an Übergangsplätzen nicht erledigt, die Stadt benötige weiterhin mehrere Hundert, so Kodré. Die Anmietung des Wohnheims in Borgfeld sei deshalb unumgänglich.