Borgfeld. Die kräftigen borkigen Stämme stehen an der Straße Upper Borg Spalier. In ihren Baumkronen sprießt neues Blattgrün. Im Frühling entfalten sie einen besonderen Zauber: Wo der Wind sich durch die Blätter drängelt, blitzen Sonnenstrahlen auf. Die prächtigen Baumreihen gehören zu Borgfeld wie die Kirche zum Dorf - nicht nur am Upper Borg. Sie prägen das Bild vom Ortsteil am Rande Bremens, ebenso wie die vielen alten Bäume auf Privatgrundstücken. Einheimische fordern darum, der Beirat müsse sich vehementer für den Erhalt der stattlichen Bäume einsetzen. Das soll jetzt passieren, sagen einige Politiker.
Hintergrund ist der Eindruck der Borgfelder, dass in den vergangenen Jahren zunehmend Bäume vor allem auch auf privaten Grundstücken gefällt wurden. Einige waren krank, andere hielten den Stürmen nicht stand. Auch der Bau neuer Häuser forderte seinen Tribut. Laut Umweltbehörde sind allein in der letzten Fällsaison in Borgfeld 21 Bäume gefällt worden - davon 19 entlang von Straßen. Der Umweltbetrieb Bremen (UBB) gibt für den Bremer Nordosten seit Jahren eine steigende Zahl bekannt. "In den meisten Fällen handelt es sich um absterbende Bäume", begründet die Umweltbehörde die diesjährigen Aktionen in Borgfeld, andere Bäume hätten sich beim Wachsen gegenseitig behindert. Damit am Ende nicht alle Bäume sterben, habe man einzelne beseitigt.
Gegen die Fällungen hatten unter anderem Anwohner am Upper Borg protestiert. Zuletzt forderte der Mitbegründer des Borgfelder Forums, Hermann Vinke, den Beirat auf sich dafür einzusetzen, dass die Bäume im Ort besser geschützt werden. Die Bremer Baumschutzsatzung, die zum Beispiel Eichen mit einem Stammumfang von über 1,20 Meter generell unter Schutz stellt - aber einige Ausnahmen ermöglicht, werden die Borgfelder im Alleingang nicht verschärfen können. In diese Richtung hatte Ortsamtsleiter Karl-Heinz Bramsiepe laut gedacht. Der Sprecher der Bremer Umweltbehörde, Jens Tittmann, macht den Borgfeldern dennoch Mut. Es gebe Möglichkeiten, die "Chance für den Erhalt ortsbildprägender Bäume zu erhöhen", schreibt er auf Anfrage.
Tatsächlich müssten in Borgfeld alle mithelfen, das idyllische Ortsbild zu erhalten. Wo neu gebaut wird, könne der Beirat und jeder einzelne Bürger im Rahmen der öffentlichen Beteiligung einer Bauleitplanung verlangen, dass Bäume dokumentiert, "drohende Baumverluste deutlich markiert" werden und im Bebauungsplan Vorgaben für den Baumschutz gemacht werden. Das gleiche gelte für Bereiche, in denen bereits geltendes Baurecht umgesetzt und Häuser gebaut werden, so die Behörde.
Fest stehe dagegen, ein Rückschnitt oder die Fällung geschützter Bäume sei grundsätzlich verboten. Ausnahmen erlaube die Bremer Baumschutzverordnung nur zur Gefahrenabwehr oder wenn ein Fachmann die Säge ansetzen will, um einen geschützten Baum zu pflegen und auf diese Weise zu erhalten; oder wenn Äste ein Gebäude erheblich beeinträchtigen und deshalb beseitigt werden müssen. Die Behörde kann Bäume den eigenen Worten zufolge auch aus der Baumschutzverordnung "entlassen", wenn die Wurzeln zum Beispiel Schäden an Gebäuden verursachen oder ein geschützter Baum zu viel Schatten auf Wohnräume wirft. Ersatz zu pflanzen sei dann Pflicht, heißt es. Art und Größe der neuen Bäume lege die Behörde fest. "Die Umsetzung der Ersatzpflanzung wird kontrolliert."
Hohe Geldstrafen
In diesen Fällen, versichert Tittmann, werde sorgfältig geprüft. "Der betroffene Baum wird von der Naturschutzbehörde in Augenschein genommen", heißt es, gegebenenfalls müsse sich ein Gutachter der Sache annehmen. Erst nach "Klärung des Sachverhalts" entscheide die Behörde über einen Antrag. Wer zu schnell zur Säge greift und einen geschützten Baum ohne Genehmigung fällt, muss nach dem Bremer Naturschutzgesetz mit einer Geldbuße von bis zu 20.000 Euro rechnen.
Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD im Borgfelder Beirat wollen sich nicht allein auf die Aufmerksamkeit der Bürger verlassen. Sie wollen die Behörden stärker in die Pflicht nehmen und fordern jetzt den Erhalt des dörflichen Charakters Borgfelds. In einem gemeinsamen Antrag erklären die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD, der Ortsteil sei geprägt von altem Baumbestand und großzügigen Grünflächen. Diese bestimmten das Bild und würden dem Ortsteil einen Teil seines unverwechselbaren Charakters verleihen. Damit das so bleibt, verlangen die Beiratsmitglieder einen konsequenteren Erhalt der Bäume und Grünflächen. "Dieser aus unserer Sicht erhaltenswerte Charakter muss durch rechtliche Vorgaben gesichert werden", heißt es in dem Antrag - ohne allerdings zu stark in die berechtigten Interessen der Bürger einzugreifen. CDU und SPD: "Wir fordern die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Städtebau auf, diesen dörflichen Charakter durch rechtliche Vorgaben zu erhalten." Das Ortsamt soll künftig über die Auflagen der Ersatzpflanzungen informiert werden.
Ab 1. Oktober ist auch in Borgfeld die nächste "Fällsaison" eröffnet, wie es im Behördenjargon heißt. "In der nächsten Saison stehen nach jetzigem Stand 46 Straßenbäume zur Fällung an." Die Gründe dafür seien vielfältig. Einige Bäume stehen nicht mehr sicher, andere seien angefahren worden oder zeigten Wunden am Stamm, begründet Tittmann. Wieder anderen haben Stürme große Äste abgerissen. In einigen Stämmen wüten Schädlinge. "Die gefällten Bäume werden nachgepflanzt", versichert der Behördensprecher knapp.