Frau Kuhn, Ihre "Reiseanalyse" besagt, dass die Reiselust der Deutschen trotz oder gerade wegen der vielen Krisen auf der Welt weiterhin anhält. Was liegt in diesem Sommer im Trend?
Friedericke Kuhn: Camping bei Kurzurlauben wird immer beliebter. In der Pandemie haben sich die Menschen zum Campen ausgerüstet. Diese Ausrüstung wird aber eher bei den kürzeren Urlauben genutzt. Zweitens: Immer mehr Urlaubsreisen werden online gebucht. 2022 überstieg die Zahl der online gebuchten Reisen zum ersten Mal die Zahl der analog gebuchten Reisen.
Bremst die Inflation?
Der erste Blick auf die nachfrageseitigen Voraussetzungen für das Verreisen ist vergleichsweise trüb: Die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage ist so negativ wie nie zuvor, und das Zutrauen, genug Geld für Urlaubsreisen 2023 zu haben, ist deutlich niedriger als in den Vorjahren. Auf der anderen Seite bestätigt sich der sehr hohe Stellenwert von Urlaubsreisen in der deutschen Gesellschaft.
Erklärt sich so der anhaltende Reise-Boom?
Je konkreter nach den Reiseplänen für den Rest des Jahres gefragt wird, desto besser wird der Ausblick: Im Januar planten 70 Prozent der Bevölkerung, im Jahr 2023 sicher zu verreisen, 18 Prozent waren unsicher und nur 13 Prozent planten keine Reise. Diese Werte liegen auf dem gleichen Level wie vor der Pandemie.
Wer macht bewusst Urlaub zu Hause?
Zum Urlaub zu Hause haben wir leider keine Daten.
Wie sieht es für diesen Herbst aus?
Es planen immer noch 40,5 Millionen Personen wahrscheinlich eine Urlaubs- oder Kurzurlaubsreise für das restliche Jahr. Das sind 66 Prozent der deutschsprachigen Wohnbevölkerung zwischen 14 und 75 Jahren.
Wie hoch ist der Anteil an Last-Minute-Buchungen zum Sommer?
Nach den sehr kurzfristigen Buchungen während der Corona-Pandemie planen die Menschen ihren Urlaub wieder etwas langfristiger. Das liegt vor allem daran, dass man auf günstige Preise bei der Frühbuchung hofft. Außerdem hat man während Corona besonders kurzfristig gebucht, weil man langfristig nicht die Infektionsrate abschätzen konnte. Jetzt kann man sich wieder sicherer sein, dass der langfristig gebuchte Urlaub auch tatsächlich stattfindet.
Welche Reiseziele werden favorisiert?
Bei den Reisezielen stellen sich nahezu gewohnte Verhältnisse von vor der Pandemie ein: 27 Prozent der Reisen gingen ins Inland, 73 Prozent ins Ausland. Im Ausland dominiert Spanien vor Italien, der Türkei, Österreich und Griechenland. Damit einher ging ein spürbares Wachstum von Flugreisen, Hotelübernachtungen und Pauschalreisen.