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Borgfeld Kunden zeigen überwiegend Verständnis für den Protest der Apotheker

Apotheker streikten am Mittwoch für bessere Arbeitsbedingungen. In Borgfeld bot die Hubertus-Apotheke einen Notdienst an. Wir unterhielten uns mit Mitarbeitern und Kunden. Wie kam der Streik an?
14.06.2023, 17:30 Uhr
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Von Irene Niehaus

Vielerorts haben Kundinnen und Kunden von Apotheken am Mittwoch vor verschlossenen Türen gestanden. An diesem Tag prangerte die Branche Lieferengpässe, eine niedrige Vergütung, überbordende Bürokratie und überhaupt eine mangelhafte Gesundheitspolitik der Bundesregierung an. Auch in Borgfeld, Lilienthal, Worpswede und Grasberg beteiligten sich Pharmazeuten am Ausstand. Für die Versorgung mit Medikamenten blieben lediglich die Notfallapotheken geöffnet. Eine davon war die  Hubertus-Apotheke in Borgfeld. Dort unterhielten wir uns mit Mitarbeitern und Kunden. Wie kam der Streik an?

"Viele Kunden haben uns Glück und Erfolg gewünscht", berichtete Apothekerin Danuta Kastrup. Die meisten Menschen hätten Verständnis gezeigt. Doch es habe auch einige wenige gegeben, die sehr wütend gewesen seien und ihren Ärger, selbst nachdem sie von den Gründen für den Protest erfuhren, nicht hätten unterdrücken können. Das Telefon habe seit dem Morgen nicht stillgestanden, viele Menschen hätten wissen wollen, ob die Apotheke aufhabe. Die Kunden seien aus der näheren Umgebung und weiter her gekommen. In rund 60 Prozent der Fälle, schätzten Kastrup und ihre Kolleginnen, seien es tatsächlich Notfälle gewesen.

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Kein Notfallmedikament brauchte Honwai Wong, sondern wegen eines Hustenmittels suchte er am Mittwoch zusammen mit seinem Sohn Meo die Apotheke auf. Der Borgfelder unterstützt die Forderungen der Branche, sagte er. Die Lieferengpässe habe seine Familie beinahe am eigenen Leibe zu spüren bekommen, als sie kürzlich ein Antibiotikum benötigte. "Wir bekamen zwar noch eines, aber es war knapp", erinnerte sich Honwai Wong. Er habe Verständnis  für die Sorgen der Apotheker und würde ihren Protest auch dann gut finden, wenn er am Ende für ihre Produkte ein paar Euro mehr bezahlen müsste.

Eine lange Anfahrt nahm am Mittwoch Illu Leukert in Kauf, um wegen eines starken Hustens ein Rezept einzulösen. Mit ihrem Rollator kam sie per Bahn und Straßenbahn aus Bremen-Burg angereist. Sie erzählte, dass sie die Hubertus-Apotheke als einzige von vier angerufenen Notdienst-Apotheken überhaupt telefonisch erreicht habe. Frustriert sei sie deshalb aber nicht. Sie hält Streiks wie diese für angemessen, weil sie die Wertschätzung für Apotheken erhöhten, die viel leisten müssten. "Sie machen unser Leben schöner, trotzdem sagen wir nicht Danke."

Weniger entspannt wirkte Hans Joachim Steiner aus Horn, als er vor der Hubertus-Apotheke sein Fahrrad anschloss. Er berichtete, dass seine Frau am Morgen vom Arzt eine Diagnose bekommen habe, die eine  schnelle medikamentöse Behandlung erfordere. Seine Frau habe jedoch erfolglos bei zwei bis drei Apotheken angerufen, die Suche sei sehr zeitaufwendig gewesen. "Eigentlich sollte jede Apotheke einen Notdienst haben", meint er. Den Protesttag der Apotheker befürworte er nicht, sagte Hans Joachim Steiner, er spiele nun mit dem Gedanken, sich langfristig an Versandapotheken zu orientieren.

Dass die Apotheker mit einer solchen Aktion auf ihre Belange und Nöte aufmerksam machen, findet dagegen Daniela Holzke richtig. Der Protesttag hat sie allerdings eiskalt erwischt. Für ein Heuschnupfen-Mittel war sie zunächst zu einer anderen Apotheke gefahren und habe sich gewundert, dass geschlossen war. Später war es ihr etwas unangenehm, die Dienste einer Notfall-Apotheke für ihr Allergie-Medikament in Anspruch genommen zu haben.

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Als glücklich bezeichnete sich Carmen Stratmann-Doughan, als sie die Borgfelder Notfall-Apotheke verlassen hatte. Man habe ihr gerade wegen ihrer heftigen Schmerzen helfen können. Den Streik der Pharmazeuten könne sie verstehen, wenn man auf die Lieferschwierigkeiten blicke. Andererseits sei sie  selbst in einer Situation, in der sie  schnell ein Antibiotikum benötige.  Sollten die Proteste der Apotheker dazu führen, dass die Preise für die Kunden erhöht würden, würde sie dafür kein Verständnis aufbringen.

In einer ähnlich körperlich schwierigen Lage steckte am Mittwoch Franziska Lang, die vor dem Rückflug in ihre Wahlheimat Kanada noch ein Medikament brauchte, das sie sofort einnehmen musste. Sie sei nicht wütend über den Streik der Apotheker, sondern dankbar über den Notdienst.  Der Protesttag habe seine Wirkung bei ihr nicht verfehlt. "In dem Moment, wo man was braucht, erregt eine solche Aktion Aufmerksamkeit", sagte die gebürtige Borgfelderin. 

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