Borgfeld. In aller Regel orientiert sich die Auswahl der Theaterstücke an der Anzahl der Laienschauspieler. In der neuen Saison aber beschreitet das Theater am Deich einen völlig anderen Weg und bringt mit „Die Memoiren der Sarah Bernhardt“ ein Zwei-Personenstück auf die Bühne am Lehester Deich, das am Freitagabend Premiere feierte. Die als Sommerstück für 2023 angesetzte Produktion musste aufgrund personeller Probleme ins Frühjahr verschoben werden und hat nun 15 Aufführungen statt sonst 22. Das kam den Regisseurinnen Renate Scheunemann und Maggie Steinemann aber sehr entgegen.
Schon lange bewegte die frankophile Scheunemann das von dem kanadischen Dramatiker John Murrell geschriebene Stück. Dessen Aufführung plante die Regisseurin eigentlich anlässlich des 100. Todestags der berühmten Schauspielerin Sarah Bernhardt für 2023. Das bereits in 20 Ländern aufgeführte und in 15 Sprachen übersetzte Werk spielt an einem heißen Sommertag im Jahre 1922.
Erinnerungen auf die Sprünge helfen
„Die Memoiren der Sarah Bernhardt“ begleiten die kapriziöse Exzentrikerin während eines Tags in der Bretagne. Auf der Terrasse ihres Sommerhauses auf der Belle-Île-en-Mer arbeitet die 78-jährige Schauspielerin mithilfe ihres Sekretärs Pitou an ihren Memoiren. Das Erinnern an bestimmte Gegebenheiten und Begegnungen ihres aufregenden Lebens fällt dem ersten Weltstar der Geschichte zunehmend schwerer. Pitous Aufgabe besteht nun darin, sich möglichst echt in ihre Wegbegleiter einzufühlen, um Bernhardts Erinnerung auf die Sprünge zu helfen. Oft genug ist er auf dem Weg der Erinnerung allerdings sperrig und unwillig, was zu manch heiterer Szene und frischen Dialogen führt. Dargestellt werden von Mary Janz und Ole Aschemeier ein Tag und eine Nacht im Leben der Sarah Bernhardt. Gemeinsam memorieren sie die Bruchstücke der Erinnerung und fügen sie chronologisch zusammen, um sie für die Nachwelt schriftlich festhalten zu können. Auf diesem Weg begibt sich nicht nur Mary Janz in sämtliche Altersphasen des langen, erlebnisreichen Lebens der Sarah Bernhardt, sondern auch Ole Aschemeier springt in die Rollen von Bernhardts nicht weniger exzentrischer Mutter, in die diverser Liebhaber wie auch in die Rolle von Oscar Wilde.
Obwohl es sich nur um ein Zwei-Personenstück handelt, ist es eine sehr kurzweilige Aufführung mit komödienhaften Anmutungen. Allerdings, so Heike Weppler-Vollbrecht, Vorsitzende des Hanseaten-Klubs Bremen, verlange die Produktion den beiden Schauspielern einiges an Wandlungsfähigkeit ab. Umso mehr als sich das Szenenbild mit Sarah Bernhardt und Sekretär Pitou ausschließlich auf die Terrasse des Sommerhauses beschränkt.
In Europa und den USA verehrt
Renate Scheunemanns Anliegen ist es, mit dieser Aufführung das Leben eines der ersten Bühnenstars, dessen Theaterrollen und exzentrische, kapriziöse Persönlichkeit der Nachwelt zugänglich zu machen. Denn Bernhardt (1844 -1923), die in Europa und USA verehrt wurde, war die berühmteste Darstellerin ihrer Zeit. Bewusst wählte Scheunemann als Einführungsmusik der Theateraufführung am Lehester Deich Klänge der Oper „La Traviata“. In dieser feierte Bernhardt weltweit große Erfolge. Obwohl das Theaterstück gespickt voll ist mit biografischen Ereignissen, entspringt es keiner wahren Begebenheit. Nicht ganz klar sei auch, so Regisseurin Renate Scheunemann, ob der auf der Bühne agierende Sekretär Pitou überhaupt existiert habe. „Einzig gesichert ist die Terrasse im Hause auf der Belle-Ile“. Das zweieinhalbstündige Theaterstück mit Pause, das Scheunemann als anspruchsvolle Komödie bezeichnet, sei fiktiv und mache einfach nur Spaß.