Borgfeld/Blockland. Der Sportfischerverein Bremen weist aktuell auf ein massives Fischsterben hin – "von Tausenden toten Fischen in der Wümme" spricht Claus Lumma. Der Referent für Gewässerschutz des Sportfischereivereins Bremen (SFV) macht dafür in erster Linie die Landwirte in der Region verantwortlich. Der Präsident des Bremischen Landwirtschaftsverbandes (BLV), Hilmer Garbade, weist die Vorwürfe entschieden zurück. Einig sind sich Landwirte, Sportangler und Verantwortliche des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Bremen sowie des Deichverbandes am rechten Weserufer darin, dass "dringender Handlungsbedarf" besteht, um die Gewässer vor erhöhten Nährstoffeinträgen zu schützen. "Die Situation ist sehr, sehr kritisch", unterstreicht Martin Rode, Geschäftsführer beim BUND Bremen. "Der Nährstoffgehalt in den Gewässern muss runter."
Das sagen die Sportfischer
Claus Lumma erinnert sich noch genau an den Tag, als ihm zum ersten Mal in diesem Jahr von großen Ansammlungen toter Fische in der Wümme berichtet wurde. "Das war der 22. Juni. Ausgerechnet am Wümmetag meldeten sich immer wieder Angler und Anwohner und erzählten von toten Fischen in den Spülfeldern am Wümmeufer und an der Schleuse Kuhsiel", berichtet der Bremer Gewässerschutzreferent. Weitere Meldungen habe es in den vergangenen Wochen gegeben. Anwohner in Borgfeld und dem Blockland hätten vermehrt tote Fische gesichtet. "Die Zahlen kann man nur schätzen", sagt Lumma. "Was man an der Oberfläche sieht, muss man mit zehn multiplizieren", sagt der Sportfischer am Ufer der Wümme an der Schleuse Kuhsiel. Tote Fische würden schnell von anderen Tieren verzehrt. Seine Angaben seien ein Schätzwert. Lumma macht die Landwirte für den Schaden verantwortlich: "Im Juli und August waren die Felder vom Starkregen durchnässt. Dann haben die Landwirte ihre Gülle abgekippt. Die Hamme ist sofort umgekippt. In der Wümme hat man das erst nach und nach gemerkt, weil es sich um ein Fließgewässer handelt", sagt Lumma. Im Frühjahr sei die Situation die Gleiche gewesen.
Das sagt der BUND
Auch Martin Rode, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Bremen hat aktuell von "Problemen mit toten Fischen in der Wümme" gehört. "Mit dem Wort Fischsterben wäre ich allerdings vorsichtig", warnt der Umweltschützer. Das scheine ihm etwas "zu hoch gegriffen". Er habe von Ansammlungen toter Fische auf der Wümme in Höhe des Hexenberges und an der Schleuse Kuhsiel gehört. Die Wümme sei ein Tidengewässer, da ließen sich die toten Fische schwer zählen. In Teichen und Seen sei das anders. Man wisse auch nicht, wie viele Fische es in der Wümme insgesamt gebe. "Das wäre ja wichtig, um das auch in Relation zu setzen. Wir brauchen unbedingt eine grundlegende Erfassung der Bestände", fordert Rode. "Denn sonst werden aus vielen Fischen tausend und dann Tausende – das ist der typische Gang von Erzählungen."
Das sagt der Deichverband
"Es war nicht so, dass wir an der Kuhsielschleuse tonnenweise tote Fische hatten", berichtet der Geschäftsführer des Bremischen Deichverbandes am rechten Weserufer, Stephan Levin. Er spricht von "Hunderten von toten Fischen in diesem Jahr – das sind aber nicht mehr als sonst." Der Wasserwirtschaftsingenieur räumt ein, dass die extremen Wetterverhältnisse mit Trockenheit im Winter und extremen Starkregenfällen im Frühjahr dazu beigetragen hätten, dass erhöhte Nährstoffeinträge von den Feldern und durch Mischwassereinträge aus der Stadt die Wümme und angrenzende Gräben belastet hätten. Die gleiche Situation habe es im nassen Juli und August gegeben. "Da gab es noch einmal eine sieben- bis achtwöchige Regenphase – alle Systeme der Hansewasser waren voll", berichtet Levin. Man versuche in so einem Fall, die Einträge schnell Richtung Lesum zu lenken. "Wenn es irgendwo große Ansammlungen von toten Fischen gibt, bekommen wir das in der Regel mit", sagt Levin. Das sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Das sagt der Bremer Bauernverband
Auch Hilmer Garbade hat von "toten Fischen in der Wümme gehört", wie viele es waren, wisse er jedoch nicht, sagt Bremens Landwirtschaftspräsident. "Es ist durch die extremen Wetterverhältnisse viel organisches Material in der Wümme gelandet", räumt er ein. "Aber es ist nicht so, dass die Landwirte etwas falsch gemacht haben. Sie düngen ihre Felder ordnungsgemäß", unterstreicht der Blocklander. Der extreme Niederschlag habe von allen Flächen "organisches Material in die Gewässer gespült". Natürlich auch von landwirtschaftlichen Flächen – "aber eben nicht nur", unterstreicht der Chef des Bremischen Landwirtschaftsverbandes (BLV). Die Landwirte seien für Dialoge und Lösungsansätze offen, "vor der Maßgabe des Machbaren". Die belasteten Gewässer seien "die Summe von vielen Dingen – dazu gehört auch das Dreckwasser aus der Stadt".
Wie Vereine und Verbände zu einer Lösung kommen wollen
Ihm sei es wichtig, dass man die Sache nicht verharmlose, unterstreicht Claus Lumma. Am Ufer der Wümme stellt der Sportangler zu wenig Bewegung im Wasser fest: "Man sieht das ja jetzt auch. Normalerweise wäre hier eine massive Oberflächenbewegung von Kleinfischen. Wir haben ablaufend Wasser, da sollten deutlich Kleinfische da sein – wie Rotfedern und Rotaugen – aber hier ist gar nichts", mahnt der Sportfischer. "Man kann von einem massiven Einbruch der Fischpopulation in der Wümme ausgehen." Eine Lösung sieht der Sportfischer in einer strikteren Regelung der "Fischentnahmen". Diese wolle sein Verein demnächst auf den Weg bringen. Der BUND fordert eine grundlegende Erfassung der Fischbestände. "Ziel ist es, die Nährstoffeinträge zu minimieren", sagt auch Stephan Levin vom Deichverband. Nur der Weg dahin sei noch nicht klar.