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Borgfelder aus den USA zurück Milch-Gipfel in Chicago: "Mit dem Bus durch den Kuhstall"

Über 1000 Landwirte aus allen Teilen der Welt tauschten sich über die Landwirtschaft der Zukunft aus. Was der Vizepräsident des Bremischen Landwirtschaftsverbandes von dem Treffen mitgenommen hat.
26.10.2023, 08:00 Uhr
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Milch-Gipfel in Chicago:
Von Petra Scheller

Borgfeld. Carsten Schnakenberg füttert seine 90 Milchkühe in Borgfeld-Timmersloh an diesem Morgen mit besonders viel Aufmerksamkeit.  Der Motivationsschub, der den Vizepräsidenten des Bremischen Landwirtschaftsverbandes (BLV) beflügelt, kommt aus den USA. Schnakenberg ist gerade vom Welt-Milch-Gipfel, dem "International World Dairy Summit 2023", aus Chicago zurück. Mehr als 1000 Landwirte und Molkereivertreter trafen sich, um sich auszutauschen, darunter Teilnehmer aus Australien, Afrika und Indien.

Welche Message nimmt der Bremer Landwirt aus den USA mit?

"Besonders beeindruckt hat mich, dass die Farmer in den USA wirklich stolz auf ihre Betriebe, ihre Tiere und ihre Produkte sind. Meistens leiten gleich mehrere Familienmitglieder einen Betrieb. Oft sind das Geschwister gemeinsam mit Nichten und Neffen. Das gibt es bei uns so nicht, dass Leute aus einer Generation einen Hof leiten. Man fragt sich, warum machen wir das nicht auch so?". So verteile sich die Arbeit auf mehrere Schultern, sagt Schnakenberg. "Bei uns ist das Glas ja eher halb leer statt halb voll. Wir neigen dazu, uns zu beklagen." Das sei in den USA ganz anders – "dort sind die Menschen stolz darauf, was sie jeden Tag schaffen".

Wie blickt eine südafrikanische Landwirtin auf ihren Beruf?

Nach zwölf Tagen in den USA wünscht sich der Vizepräsident des Bremer Bauernverbandes auch hierzulande mehr Leidenschaft für Nahrungsmittel – "insbesondere für die Milch". Im direkten Austausch mit Landwirtinnen aus anderen Ländern habe sich sein Blick auch für sehr kleine Farmen geöffnet: "Eine Landwirtin aus Südafrika hat berichtet, dass sie statt einer Kuh inzwischen drei Kühe habe. Nun könnten alle ihre Kinder eine Schule besuchen. Das macht einen dann schon sehr nachdenklich."

Was war Schnakenbergs Highlight?

Fünf Tage lang ist der Borgfelder kreuz und quer durch den mittleren Westen der USA gereist.  "Wir sind im Bus durch Kuhställe mit 3600 Tieren gefahren. Da drüben ist alles einfach eine Nummer größer." Das Rahmenprogramm war ebenfalls spektakulär, schwärmt Schnakenberg: "Es gab ein Abendessen in einem Naturkundemuseum zwischen Elefanten und Dinosauriern."

Was waren die Themen?

Themen waren laut Schnakenberg der Umgang mit den Folgen des Klimawandels, die Gewinnung von Arbeitskräften und die Ausbildung der nächsten Generation für den Beruf der Landwirtin und des Landwirts. "Nachwuchs zu generieren ist überall ein Thema. In den USA liegt das Durchschnittsalter der Betriebsleiter bei 55 Jahren, in Japan sogar über 60 Jahre", berichtet der 44-jährige Landwirtschaftsmeister aus Timmersloh. "Wir haben uns darüber ausgetauscht, wie wir heute und in Zukunft noch nachhaltiger Milch und Milchprodukte erzeugen können." Diskutiert wurde an einem runden Tisch, an dem Kolleginnen aus Afrika, Indien, Irland und Ozeanien über die Stärkung der Frauen in der Landwirtschaft ausgetauscht haben.

Wie viele Kühe leben auf amerikanischen Farmen?

Vor dem Milch-Gipfel in Chicago hatte sich die deutsche Delegation, zu der Schnakenberg gehörte, Betriebe in "Iowa, Illinois und Wisconsin - der Herzkammer der amerikanischen Milchwirtschaft" angesehen. "Die Größenordnung lag da zwischen 250 Milchkühen und über 3000 Tieren."

Wie sieht die Zukunft der Milch aus?

Dass Milch und Milchprodukte zunehmend Konkurrenz in den Supermarktregalen erhalten, sieht Schnakenberg gelassen. "Der ernährungsphysiologische Wert von Milch, Käse, Quark und Joghurt ist unbestritten. Milch liefert hochwertiges Protein, Vitamin B2 und Kalzium." Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung bleibe bei ihrer Empfehlung für Milchprodukte, unterstreicht Schnakenberg. "Produkte aus Soja oder Hafer sind Drinks, bei denen Wasser durch Haferkörner oder Sojabohnen gepresst wird. Über den ökologischen Wert dieser Produkte lässt sich streiten", sagt der Milchbauer. In Bremen gehe die Landwirtschaft indes weiter zurück. Statt der 150 Vollerwerbsbetriebe, die es vor der Corona-Pandemie noch gegeben habe, "sind jetzt so um die 80 bis 100 Betriebe noch am Start. Landwirtschaft lebt zunehmend vom Idealismus."

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