Herr Weiner, wie läuft die Entstehung Ihrer Werke aus Metall ab?
Willi Weiner: Ich verarbeite einen Millimeter dünne Platten aus Cortenstahl, die mit einer elektrischen Blechschere geschnitten und anschließend mit dem Hammer bearbeitet werden. Die Stücke werden anschließend verschweißt – die Werke sind also eher leichte Gebilde, die teilweise Rost ansetzen, an einigen Stellen aber auch von mir gestrichen werden, zum Beispiel in hellem Blau.
Hauptthema Ihrer Ausstellung in Knoops Park ist Wasser. Wie passt Stahl als hartes, sprödes Material zum Element Wasser, das bei Zimmertemperatur ja flüssig und extrem nachgiebig ist?
Das Thema Wasser beschäftigt mich künstlerisch bereits seit dem Jahre 1988. Ich hatte damals die Idee von einem Bergsee und wollte Wasser in Kontrast zum Volumen und zur Masse darstellen – beides gehört ja bei einem Bergsee zusammen. Der dünnwandige Stahl wird bei mir zu Wasserkörpern. Er eignet sich, dem Wasser einen plastischen Moment zu geben, aber auch, um Wassertiefen sichtbar zu machen, seine Bewegungen einzufrieren oder es in der Luft hängen zu lassen.
Daher auch der Titel „Schwebendes Wasser“ für Ihre Ausstellung?
Die Skulpturen, die im Haus Kränholm zu sehen sind, werden aufgehängt und scheinen zu schweben. Und auch die Skulpturen, die draußen im Park in einem großen Kubus präsentiert werden, hängen in der Luft und werden zudem sieben Tage in der Woche über 24 Stunden beleuchtet. Hinzu kommt, dass die Werke ihre Positionen im Park wechseln werden. Einige Skulpturen im Park erinnern an Vasen. Denn schließlich braucht Wasser ein Gefäß.
Die Arbeit mit dem hauchdünnen Metall setzt präzises Arbeiten voraus. Ist die Idee des Werks vorher in Ihrem Kopf oder entsteht sie während der Arbeit?
Ich mache vorher eine genaue Skizze, in der auch die Maße eingetragen werden. Meine Skizzenbücher, in denen ich Ideen festhalte, habe ich immer dabei. Das Werk ist also mental bereits da, bevor es realisiert wird.
Und wie lange arbeiten Sie an einem Werk?
Eigentlich 45 Jahre. Denn meine gesamte künstlerische Erfahrung fließt ja in das Werk ein. Der Herstellungsprozess selber zieht sich über Wochen hin, ist aber sehr unterschiedlich lang.
Haben Sie in Ihrer Arbeit Vorbilder, denen Sie nacheifern?
Nein, meine Werke entstehen mit einer sehr speziellen Bearbeitungstechnik und lehnen sich an keine Vorbilder an. Ich verfolge auch keine bestimmte Stilrichtung, lasse mich aber beim Zeichnen, das am Anfang meiner künstlerischen Laufbahn stand, auch von Werken der Literatur anregen. Zum Beispiel entstand jeweils eine ganze Serie zu der Erzählung „Der Kübelreiter“ von Franz Kafka oder „Die unsichtbaren Städte“ von Italo Calvino.
Diese Zeichnungen sind keine klassischen Buch-Illustrationen, die Figuren oder Handlung darstellen, sondern eher abstrakt und wirken assoziativ. Wie entstehen sie?
Meist als Inspirationen aus dem Augenblick heraus, wobei die literarische Vorlage als eine Art Quelle diente. Ich saß zum Beispiel nach der Lektüre bei Regen vor dem Papier und malte Tropfen in Rot, die rhythmische Muster bilden und denen ich Farbflächen und Formen mit hellen Konturen zugefügt habe.
Sie zeichen auch heute noch – geht das mit der bildhauerischen Arbeit einher?
Beides geschieht eher im Wechsel. Denn wenn ich mehrere Wochen an einer Metallskulptur arbeite, zeichne ich nicht. Und umgekehrt ist das Zeichnen für mich eine Art länger anhaltende Meditation, die nicht zu der oft harten körperlichen Arbeit als Metallbildhauer passt.
Das Thema Wasser hängt auch mit dem Klimawandel zusammen. Ich denke an Wasserknappheit oder die Eis- und Schneeschmelze an den Polen und in den alpinen Regionen der Erde. Wie weit beschäftigt Sie das Thema in Ihrer Arbeit?
Als in Bayern geborener spielen für mich natürlich die hohen Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln und ihren Gletschern eine Rolle. Ich habe ein Werk geschaffen, das ich „Gletscherspalte“ genannt habe – die wird es vielleicht bald nicht mehr geben. Denn allein im Jahre 2022 verloren die Alpen mehr als fünf Kubikkilometer Eis – so viel wie nie zuvor. Was mich aber auch sehr beschäftigt, ist die Tatsache, dass Flüsse aufgrund der Trockenheit das Meer nicht mehr erreichen. Meine Ausstellung soll auch dazu dienen, um zum Beispiel bei einem Spaziergang durch den Park über das Thema Wasser nachzudenken. Wenn es in Form schwebender Stahlskulpturen präsentiert wird, regt dies sicherlich dazu an.