Der Freund vieler Seniorinnen und Senioren hat vier Räder und zwei Griffe. "Es ist der Freund, der uns hilft, wieder am Leben teilzunehmen", sagt Gerhard Thielbar. Der Mann ist Vorsitzender der Verkehrswacht Bremen-Nord, und an diesem Nachmittag soll eine Gruppe älterer Menschen von ihm und seiner Kollegin Heidi Müller erfahren, wie es gut klappen kann mit der Freundschaft. Die meisten haben ihn gleich mitgebracht, den Freund, der ein Rollator ist. Einige nutzen ihn schon eine Weile, einige sind noch dabei, sich an ihn zu gewöhnen. Aber alle denken sie mit Schrecken an eine bestimmte Situation: mit dem Rollator Bus fahren.
Wie komme ich damit in Bus und Straßenbahn? Und wie steige ich wieder aus? Keine schöne Vorstellung für einige der 13 Männer und Frauen, die zum Rollatorentraining gekommen sind, das die Begegnungsstätte St. Magnus für diesen Nachmittag angeboten hat. Die Nachfrage war enorm, berichtet deren Leiterin Antje Büsing. Manche Senioren musste sie auf den nächsten Termin vertrösten. Der wird am Donnerstag, 10. Oktober, von 15 bis 17 Uhr sein. Auch dann gibt es wieder jede Menge Tipps und Empfehlungen.
Kantstein als Hürde
Gerhard Thielbar und Heidi Müller schauen in skeptische Gesichter. Bus fahren mit Rollator ist ein großes Thema. Ein anderes: Ärztehäuser, die zwar einen Fahrstuhl haben, der aber nur über Treppenstufen zu erreichen ist. "Das hat man früher gar nicht gemerkt", sagt ein Teilnehmer, "da bist du da hochgedackelt und fertig." Aber nun ist es schon eine Frage, wie Senioren mit dem Rollator einen Kantstein überwinden. Oder auch: Wie sie sich verhalten sollen, wenn Weg oder Straße ein Gefälle haben. An diesem Nachmittag werden die Männer und Frauen einiges ausprobieren können, um ein Sicherheitsgefühl zu bekommen. Dafür haben die beiden Verkehrswacht-Mitarbeiter einen kleinen Parcours aufgebaut. Für manche gibt es das Aha-Erlebnis, dass ihr "Freund Rollator" mit einer Bremse ausgestattet ist, die manches bewirken kann, wenn man sie nutzt. "Alles eine Übungssache", versichern Heidi Müller und Gerhard Thielbar. "Und irgendwann geht es, wie Fahrradfahren früher auch."

Gerhard Thielbar von der Verkehrswacht zeigt den Teilnehmern und Teilnehmerinnen, warum man besser nicht vorwärts von der Palette oder aus dem Bus steigt.
Wenn da nicht die kurzen Stufen wären. "Fast unsichtbar seien die", berichtet Egon Pawlak. "Sie sind nur zwei, drei Zentimeter hoch und Gift für uns Rollatorfahrer." Er habe sich an solchen Stufen auch schon "auf die Nase gelegt". Nun schaue er genauer hin, ob solche Stüflein im Wege sind. Das Training beginnt mit der Frage, ob die Griffe richtig eingestellt sind. Diese sollten in Höhe der Handgelenke sein, wenn die Arme locker herunterhängen, sagt Gerhard Thielbar. Sind die Griffe zu hoch eingestellt, drohen Schmerzen in Schulter und Armen. Sind sie zu niedrig, gehe man gebeugt, worauf es bald im Rücken zwickt. Wichtig sei auch, zu wissen, wie ein Rollator funktioniert. Zumal es verschiedene Modelle gibt. Wer ihn in einem Fachgeschäft kaufe, werde dort auch beraten. Und könne seinen Rollator dorthin auch in die Wartung geben. Das sei nämlich "ab und zu erforderlich".
Im Slalom durch den Garten
Dann geht's im Garten der Begegnungsstätte auf Tour. Im Slalom schlängeln sich die Seniorinnen und Senioren den Weg entlang, bevor sie vor einer Palette stehen. Hinauf geht's. "So steigen Sie auch in den Bus ein", sagt Heidi Müller. "So dicht wie möglich" müssen die Trainingsteilnehmer an die Palette heranfahren. Dann setzen sie einen Fuß auf die Ankipphilfe am Hinterrad des Rollators, um ihn bei gezogener Handbremse etwas anzukippen und dann mit gelöster Bremse auf die Palette zu schieben. Wieder runter geht es rückwärts. "Und so steigen Sie auch aus dem Bus aus", rät Gerhard Thielbar. "Dann habe ich einen sicheren Stand und kann den Rollator nachziehen. Das ist sicherer." Wer hingegen vorwärts mit dem Rollator aus dem Bus steigt, läuft Gefahr, dass der Rollator davonrollt und man einen Sturz riskiert.

Vor dem Rollatorentraining ist Zeit für die Fragen der Seniorinnen und Senioren.
Und was macht man, wenn man auf seinem Weg umdrehen möchte, aber nicht viel Platz vorhanden ist, eine große Kurve zu fahren? "Handbremse", sagt der Trainer und erklärt, dass sich der Rollator bequem auf der Stelle drehen lässt, wenn man nur an einer Seite die Handbremse zieht. Für Renate Wojack hat sich das Training schon deshalb gelohnt, "weil ich gelernt habe, dass ich mit der Bremse spielen kann", erzählt sie. Sie gehe nun mit einem Sicherheitsgefühl nach Hause. Vor allem was das Busfahren angeht. "Das ist ja schon ohne Rollator schwierig." Eine andere Teilnehmerin hatte gedacht, "dass ich den Rollator in den Bus heben muss. Aber jetzt weiß ich, dass ich eigentlich nicht viel zu machen brauche".
Da ist es wieder, das große Thema. Es störe ihn, sagt Rolf Mazur, dass die Fahrer ihre Busse nicht weit genug herabsenken, wenn jemand mit einem Rollator einsteigen möchte. Ganz zu schweigen davon, dass sie schon losfahren, bevor man sich setzen konnte. Nicht wenige würden gern direkt bei der BSAG an einem Training teilnehmen. Das wird auf dem Betriebshof in Blumenthal demnächst auch angeboten.