Dem Gang zum Briefkasten wohnte für Edeltraut Hennemann in den vergangenen Wochen und Monaten ein besonderer Zauber inne. "Ich habe mich gefühlt wie erin Kind vor der Bescherung zu Weihnachten", beschreibt die Künstlerin ihre Gefühlswelt. Grund dafür war die Vorbereitung auf eine Ausstellung, die am kommenden Sonntag im Lichthof Kunstfabrik eröffnet wird. Gezeigt wird Mail-Art aus aller Welt. Rund 300 Werke von 280 Künstlern aus 26 Ländern haben ihren Weg per Post zu Edeltraut Hennemann gefunden. "Schon allein die Briefumschläge waren Kunstwerke", schwärmt sie noch immer.
Den Ursprung hat das Projekt Anfang des Jahres als Edeltraut Hennemann und Dörte Schmidt die Ausschreibung gestartet hatten. "Dörte Schmidt ist bei ihren Aktivitäten in den sozialen Medien auf das Thema gestoßen", erläutert Hennemann. Und da seinerzeit Corona auch die Kunstszene fest im Griff hatte, entstand die Idee, zu einem Aufruf an alle kreativen Menschen, ein Licht zu senden. Das war auch der Titel des Aufrufs: "Sende mir dein Licht". Angesprochen fühlen durften sich studierte Künstlerinnen und Künstler ebenso wie kreative Hobbykunstschaffende. "Über die Grenzen hinaus sich trotz Corona zu verbinden und auszutauschen, Freude zu verbreiten und Hoffnung auf bessere Zeiten zu schenken", waren die Beweggründe.
Von der Resonanz zeigt sich Edeltraut Hennemann noch immer überwältigt, auch wenn der Einsendeschluss bereits seit Wochen verstrichen ist. Die Künstlerinnen erreichten Zusendungen beispielsweise aus Japan, den USA, Norwegen, Belgien, Brasilien, Russland, Uganda oder Frankreich. Natürlich beteiligten sich auch Kreative aus Deutschland. "Erstaunlich war auch, was die Post alles transportiert. Selbst ein Foto mit einer Briefmarke hintendrauf ist angekommen", sagt Hennemann. Außerdem hätten einige Absender ganz rührende Zeilen zum Thema verfasst. Stefan Heuer aus Hannover-Burgdorf hat sogar zum Mail-Art-Aufruf eigens eine 26 Minuten lange Musik komponiert.
Zu sehen sein werden alle Mail-Art-Exponate vom 7. bis 17. November im Lichthof Kunstfabrik. Bis die Besucher die künstlerisch gestalteten Briefe zu sehen bekommen können, wartet auf die Veranstalter noch viel Arbeit. Denn gezeigt werden sollen alle Zusendungen. Zu diesem Zweck werden sie allesamt gerahmt. In den Rahmen werden dann Collagen, Drucke, Fotografien, Zeichnungen, Acryl-Arbeiten und einiges mehr präsentiert. "Erstmals wird Bremen Gastgeber einer internationalen Mail-Art-Sammlung sein und dies in einer Zeit, wo wir Gedanken nachhaltig und kunstvoll archivieren, die in einer Pandemie entstanden sind", sagt Hennemann. "Bremen wird dadurch weltweit ein wenig bekannter werden und so wollen wir diese Arbeit von der besten Seite präsentieren." Zu diesem Zweck werde es sowohl einen digitalen als auch einen gedruckten Ausstellungskatalog geben.
Mit der Ausstellung soll das Thema Mail-Art aber noch nicht abgeschlossen sein. Edeltraut Hennemann kann sich vorstellen, die Sammlung auch in anderen Städten zu präsentieren. Später könne sie für einen guten Zweck versteigert werden. Zudem treibt sie eine spezielle Idee um. "Nächstes Jahr ist es zehn Jahre her, dass in der Weserburg eine Mail-Art-Ausstellung stattgefunden hat", weiß Hennemann. Das sei doch ein guter Anlass, das Thema dort erneut aufzugreifen. Natürlich mit den Exponaten aus ihrem Projekt.