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Porträt Zur Kripo wollte sie nie

Für Claudia Winkler ist die Arbeit als Kontaktpolizistin genau das Richtige. "Ich bin ein Kind der Straße", sagt sie über sich selbst. Seit Oktober ist sie in Marßel im Einsatz. Warum sie nie zur Kripo wollte.
04.12.2021, 12:00 Uhr
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Zur Kripo wollte sie nie
Von Julia Ladebeck

Marßel. Das Dienstfahrrad soll unbedingt mit aufs Foto. Kontaktpolizistin (Kop) Claudia Winkler holt es schnell aus den Räumen der Marßeler Polizeistation und stellt sich für den Pressefotografen in Position. "Es wurde gerade komplett überholt", sagt sie und fügt lächelnd hinzu: "Ich freue mich richtig, dass ich jetzt so ein tolles Rad habe." Die Bürgerinnen und Bürger in Marßel können die 55-Jährige seit Anfang Oktober häufig durch den Ortsteil radeln sehen. Nachdem die Kontaktpolizisten-Stelle mehr als dreieinhalb Jahre lang unbesetzt war, hat Jürgen Kock mit Claudia Winkler jetzt seit gut acht Wochen wieder Verstärkung.

Kock ist als Kontaktpolizist eigentlich hauptsächlich für Burgdamm zuständig. Wegen der langen Stellenvakanz musste er die Arbeit in Marßel jedoch über Jahre mit übernehmen. Obwohl er sich damit zwangsläufig arrangiert hatte, ist er nun froh, dass er sie nicht mehr alleine wuppen muss. "Es ist besser zu zweit", sagt er. Auch Winkler hat bereits in der kurzen Zeit an der neuen Dienststelle festgestellt, dass es mehr als genug Arbeit für zwei Kops gibt. Nachbarschaftsstreitigkeiten und Konflikte unter verschiedenen ethnischen Gruppen beschäftigen die Beamten in Marßel beispielsweise. Winkler: "Die Zündschnur ist sehr kurz geworden. Die Menschen sind sehr viel schneller auf 180." Das äußere sich auch darin, dass der Respekt gegenüber Polizeibeamten abgenommen habe. Das kennt die erfahrene Beamtin allerdings auch schon aus anderen Stadtteilen.

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Für Winkler, blond, sportlich, ist das kein Grund ihren Job weniger zu mögen. Für sie ist die Arbeit als Kontaktpolizistin genau das Richtige. "Ich bin ein Kind der Straße und immer sehr gerne Streife gefahren. Der direkte Kontakt mit Menschen gefällt mir. Deshalb habe ich mich auch nie bei der Kripo beworben." Zur Polizei kam die Mutter zweier Töchter im Jahr 1987. Vorher hatte sie drei Jahre lang beim Finanzamt gearbeitet und wünschte sich in dieser Zeit eine neue Aufgabe. "Mein Vater hat damals in der Tageszeitung eine Anzeige gelesen. Darin stand, dass die Polizei erstmals auch Frauen im Einsatzdienst einstellt." Sie bewarb sich – und wurde genommen. 

Die Zündschnur ist sehr kurz geworden.
Claudia Winkler, Kontaktpolizistin

Sie begann ihre Laufbahn im mittleren Dienst mit eine dreijährigen Ausbildung. Ihr erster Einsatzort war die Wache Sandstraße in Bremen-Mitte bei der Bereitschaftspolizei. 1991 wechselte sie zur Schutzpolizei in Blumenthal. Nach einer sechsjährigen Pause, in der sie ihre Kinder bekam, stieg sie in Teilzeit wieder ein – zuerst in Blumenthal, dann in Lesum. Nach einer Zeit im Jugendeinsatzdienst kam sie schließlich nach Vegesack, wo sie zunächst in der Polizeiinspektion und dann im Revierdienst arbeitete. "In der Polizeiinspektion habe ich die Öffentlichkeitsarbeit und ganz viel Präventionsarbeit gemacht", erzählt sie.

Die ist ihr bis heute besonders wichtig. Zwölf Jahre lang war sie im Nebenamt mit der Verkehrspuppenbühne einmal wöchentlich in Schulen in ganz Bremen unterwegs und hat auch im Präventionsprojekt "Kinder stark machen" mitgearbeitet. Künftig wird sie in Senioreneinrichtungen, Kitas, Schulen, Vereinen und im Nachbarschaftshaus in Marßel Präventionsvorträge halten und sich mit um die Verkehrserziehung der Kleinen kümmern. Während es in den Kitas und Schulen um den Schulweg und sicheres Verhalten im Straßenverkehr geht, behandeln ihre Vorträge und Veranstaltungen für Erwachsene  beispielsweise Einbruchsschutz und Maschen von Trickbetrügern.

"In den letzten Wochen gab es in Marßel mehrere Vorfälle, bei denen sich Täter als Wasserwerker ausgegeben haben", erzählt Claudia Winkler. Die sogenannte Opfernachsorge, also der Besuch bei Menschen, die Ziel solcher Betrüger waren, gehört zu ihren Aufgaben als Kontaktpolizistin – ebenso wie Fahrer- und Aufenthaltsermittlungen sowie Zwangsstilllegungen von Fahrzeugen.

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Wenn sie nicht durch den Stadtteil radelt, geht sie zu Fuß. Beides gefällt der trainierten Polizistin, die sich ehrenamtlich im Vorstand der Sportgemeinschaft Platjenwerbe engagiert und neben Joggen auch unbekanntere Sportarten wie Tabata-Intervalltraining und Yogilates zu ihren Hobbys zählt. Die Bürgerinnen und Bürger können "ihre" neue Polizistin so außerdem am besten kennenlernen und bei Bedarf auch direkt ansprechen. Dabei geht es um ganz unterschiedliche Themen. Überquellende Müllcontainer, die Beobachtung von Ratten oder Ärger über ein Knöllchen, zählt Winkler auf. Auch der Helsingborger Platz ist immer wieder mal Gesprächsthema. Das Thema Drogenhandel hat sich dort noch längst nicht erledigt, weiß Jürgen Kock.

Momentan ist Claudia Winkler noch damit beschäftigt, sich überall bekannt zu machen. Als Platjenwerberin, die sich schon seit ihrer Kindheit auch als Bremen-Norderin fühlt, wie sie selbst sagt, ist ihr der Ortsteil aber ohnehin ziemlich vertraut. Zusätzlich kann sie auf das bestehende Netzwerk im Quartier zurückgreifen, in dem von der Quartiersmanagerin bis zu Vertretern der Moschee, der Wohnungsgesellschaften und Vereine alle möglichen Institutionen vertreten sind. Zuletzt hat sie als Kontaktpolizistin in Oberneuland gearbeitet. "Ich wollte aber immer gerne zurück nach Bremen-Nord", verrät sie. Hier ist sie nun wieder angekommen und froh über ihr neues Einsatzgebiet.

Zur Sache

Die Polizeistation in Marßel

Die beiden Kontaktpolizisten (Kops) Claudia Winkler und Jürgen Kock haben ihr Büro in der Polizeistation Marßel, Stockholmer Straße 57. Wegen der Corona-Pandemie sind die Sprechzeiten vor Ort derzeit stark eingeschränkt: auf Dienstagvormittag von 10 bis 12 Uhr. Telefonisch erreichbar sind die Kops über die zentrale Nummer 04 21 / 36 20.

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