Immer wieder musste der Awo-Jugendclub Fockengrund als Folge von Sparmaßnahmen in der Jugendarbeit in der Vergangenheit um seine Existenz fürchten. Aktuell ist die Einrichtung zwar nicht von einer Schließung bedroht, das Geld reicht aber nach wie vor hinten und vorne nicht. Die finanziellen Sorgen des von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) betriebenen Jugendtreffs sollten beim Fest zum 40-jährigen Bestehen allerdings einmal nicht im Mittelpunkt stehen. Stattdessen wurde gefeiert.
Schon vor der offiziellen Eröffnung war in und um den Jugendclub Fockengrund jede Menge los. Jugendliche schleppten Tische und Sonnenschirme herbei, Helfer bereiteten die Spiele im Außenbereich vor und Michael Pohl, der den Jugendclub 37 Jahre lang geleitet hat, suchte alte Fotos heraus und verteilte sie auf einem Tisch. Ruhe hatte er dabei nicht. Immer wieder musste er unterbrechen, weil ihn aktuelle oder ehemalige Besucher und Mitarbeiter unbedingt begrüßen wollten. Und auch, als es um die Geschichte des Hauses ging, war er gefragt. „Michael Pohl weiß das alles am besten“, sagte Albert Mohr, der 2017 Pohls Nachfolger wurde. Er leitet den Jugendclub und wird dabei von Nicole Kersting unterstützt. Über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, durch das sogenannte Partnerschaften für Demokratie in Form von speziellen Projekten finanziert werden, kann die Einrichtung vorübergehend zusätzlich zwei Übungsleiter beschäftigen.

Das Team des Grambker Jugendclubs setzt sich für die Jugendlichen im Ortsteil ein: Michael Pohl (von links), Nicole Kersting und Albert Mohr
Michael Pohl ist ebenfalls weiterhin regelmäßig im Grambker Jugendtreff – obwohl er inzwischen in Rente ist. Fünf Stunden pro Woche unterstützt er das zweiköpfige, fest angestellte Team. Und so sind ihm die aktuellen Entwicklungen dort ebenso vertraut, wie die in den Anfangsjahren.
1979 wurde die Einrichtung am Fockengrund gegründet. Als der erste Leiter des Jugendtreffs, Klaus Bock, das Haus damals gemeinsam mit mehreren Jugendlichen in Besitz nahm, bot sich ihnen ein düsterer Anblick: herabgefallene Dachziegel, zerstörte Fenster, Baureste und Schutt. Das Gebäude war eines von sieben sogenannten Schlichtbauhäusern, die in den 60er-Jahren mit öffentlichen Geldern im Zuge des Barackenräumungsprogramms gebaut worden waren.
„Aussiedlerfamilien aus Polen, die zuvor in Holzbaracken in Farge gelebt hatten, wurden in den Häusern untergebracht. In diesem Gebäude lebten vier Familien mit 14 bis 16 Personen auf 160 Quadratmetern“, erzählte Michael Pohl. Ende der 70er-Jahre standen die Häuser allerdings schon eine ganze Weile leer und der Abriss wurde beschlossen. Die Bremische Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung hatte die Abbruchgenehmigung bekommen.
Darüber freuten sich vor allem die Anwohner, die sich bereits in einem Schreiben an die Gesellschaft darüber beschwert hatten, dass die Häuser sich zu einem Schandfleck für das Wohngebiet und zu einer Gefahrenquelle für spielende Kinder entwickelt hatten. Gleichzeitig setzten sich die Bürger damals dafür ein, dass eines der Schlichtbauhäuser als Treffpunkt für Jugendliche erhalten bleibt. Mit Erfolg: Die Arbeiterwohlfahrt erklärte sich bereit, die Trägerschaft zu übernehmen.
„Im April 1979 hat Klaus Bock gemeinsam mit den Jugendlichen begonnen, das Haus zu renovieren“, sagte Michael Pohl. Die Mädchen und Jungen wurden in die Arbeit einbezogen, damit sie sich von Anfang an mit der Einrichtung identifizieren konnten. Dieselbe Intention verfolgt das Team noch heute. Auch bei der jüngsten Renovierung des Hauses vor drei Jahren haben die Jugendlichen selbst Farbe und Möbel ausgesucht und die Wände gestrichen, erzählte Berivan Dag, die von 2015 bis 2017 im Jugendclub gearbeitet hat.
1980 übernahmen Michael Pohl und Arno Ostfeld die Leitung des Hauses. Ab 2002, damals wurde Ostfeld Betriebsratsvorsitzender der Awo, führte Pohl das Haus alleine weiter. „Die ersten zehn bis zwölf Jahre waren nicht leicht“, erzählt er. Aggressivität habe eine große Rolle gespielt. „Probleme wurden nicht verbal ausgetragen, sondern körperlich.“
Während in der ersten Jahren des Jugendclubs ausschließlich deutsche Jugendliche das Angebot des Treffs nutzten, kamen ab den 1990er-Jahren immer mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund. Vieles habe sich seit den Anfangsjahren geändert, vieles ist aber auch gleich geblieben. „Jedes Jahrzehnt hat seine Jugendlichen“, findet Michael Pohl. „Heute stehen die neuen Medien im Mittelpunkt. Früher waren es andere Interessen.“ Die Arbeit der Mitarbeiter und die Angebote des Treffs orientieren sich stets an den Bedürfnissen und Interessen der jungen Nutzer.
Während in der Vergangenheit eher ältere Jugendliche kamen, sind es inzwischen vor allem jüngere zwischen zwölf und 16 Jahren. Und nachdem der Jugendclub eine ganze Weile ausschließlich von Jungen besucht wurde, gibt es mittlerweile mittwochs einen reinen Mädchentag. Den Jugendlichen gefällt das Angebot: „Wir haben hier alles – Essen, Trinken, Spiele, Freunde“, betonte der 15-jährige Enver. Der 13-jährige Mehmet ist mindestens dreimal pro Woche hier, „zum Chillen, Billard- oder Tischtennisspielen“. Besonders beliebt ist der Donnerstag. Mohammed: „Da ist Pizzatag.“