Lesum. Für seelisch behinderte Menschen, die stark herausfordernde Verhaltensweisen wie Aggressionen gegen sich oder andere zeigen, fehlen oftmals passende Wohnmöglichkeiten. In Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde hat die Stiftung Friedehorst jetzt für diese Zielgruppe ein neues intensivpädagogisches Angebot entwickelt. Anfang des Monats eröffnete die Wohngruppe mit fünf Plätzen. Das Besondere: Durch einen besonders hohen Personalschlüssel können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter individuell auf die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner eingehen.
"Dieses Angebot ist das erste seiner Art im Nordwesten" betont Friedehorst-Sprecherin Gabriele Nottelmann. Das Angebot werde langsam aufgebaut und starte zunächst mit zwei Bewohnern. Mittelfristiges Ziel von Friedehorst ist der Aufbau weiterer Wohngruppen sowie ein intensivbetreutes Trainingswohnen, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer für ein Leben in einer betreuten Wohngemeinschaft vorbereitet werden.
Zum Hintergrund dieses speziellen Angebots weist die Sprecherin auf eine Studie des Instituts für Mensch, Ethik und Wissenschaft hin, nach der es einen bundesweit steigenden Bedarf in der intensivpädagogischen Eingliederungshilfe gibt. Immer mehr betroffene Menschen zeigen demnach neben ihrem Hilfebedarf im sozial-emotionalen Bereich weitreichende seelische oder besonders schwere psychiatrische Bedarfe. Das Problem: Menschen, die stark herausfordernde Verhaltensweisen zeigen, können in stationären Wohngruppen nicht adäquat begleitet werden und sind dadurch oftmals an der Teilhabe gehindert.
Hans-Jakob Matthes, Geschäftsführer der Eingliederungshilfe Friedehorst Teilhabe Leben, erläutert: „Viele Einrichtungen der Eingliederungshilfe verfügen nicht über die nötigen Rahmenfaktoren in der Betreuung von Menschen mit komplexen Verhaltensweisen. Dadurch kommt es bei den Betroffenen häufig zum Wechsel der Einrichtung und längeren Klinikaufenthalten und das lässt sich unserer Erfahrung nach mit einem besonderen Betreuungskonzept durchaus vermeiden.“
Friedehorst hat bereits vor vier Jahren ein Angebot aufgebaut, bei dem Betroffene einzeln wohnen und intensiv betreut werden. Dabei haben die Verantwortlichen viele Erfahrungen gesammelt. Beispielsweise könne die Bedeutung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf das Leben und das Wohlbefinden der Nutzer nicht hoch genug geschätzt werden, so Matthes. „Sie sind wichtige Bezugspersonen für die Klientinnen und Klienten und gleichzeitig das wichtigste Glied zwischen guten Konzepten und der Alltagswirklichkeit. Genau deshalb war es uns so wichtig, einen hohen Personalschlüssel für diese Einrichtung zu bekommen.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in den Bereichen Psychologie und Pädagogik gesondert geschult und erhalten regelmäßige Supervision. Ziel der neuen Einrichtung ist es, den Bewohnerinnen und Bewohnern mit einem festen Team Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit zu bieten.
Arian Pusch ist Leiter der neuen Wohngruppe und gleichzeitig bereits verantwortlich für das bisherige intensivpädagogische Einzelwohnprojekt in Friedehorst: „Intensivpädagogik bedeutet, dass wir das Wohnumfeld um einen Menschen passgenau auf dessen Bedürfnisse herumbauen." Das sei aufwendig, lohne sich aber. Denn es ermögliche Teilhabe, wo es vorher keine gab. „Wir wissen durch unsere bisherige Arbeit, worauf es bei dieser besonderen Zielgruppe ankommt, und wir trauen uns zu, dieses Angebot mehr Menschen zu machen.“ Genau hinhören und genau beobachten, mit größtmöglicher Transparenz im Team arbeiten, damit komme man bei dieser besonderen Personengruppe am weitesten, ist die Erfahrung des gelernten Heilerziehungspflegers und angehenden Gesundheitsökonom.
„Wir sind sehr froh, dass wir dieses Angebot partnerschaftlich mit der senatorischen Behörde für Soziales entwickeln konnten“ erklärt Hans-Jakob Matthes. „Der Bedarf ist nämlich sehr groß, und es fehlen entsprechende Angebote überall in Deutschland.“
Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!