Lesum. Schon als das Projekt im Dezember im Beirat Burglesum vorgestellt wurde, äußerten Anwohner Bedenken. Sie befürchten zusätzliche Belastungen durch mehr Verkehr und Lärm. Nun haben sie in einem Bürgerantrag an den Beirat weitere Punkte aufgeführt, die aus ihrer Sicht gegen einen Abriss und Neubau des Kinder- und Familienzentrums (KuFZ) Am Heidbergstift in Lesum sprechen. Unter anderem stellen sie die Frage: Warum wird das KuFz, das vor nicht allzu langer Zeit komplett saniert wurde, einfach abgerissen und für geplante sieben Millionen Euro neu gebaut?
Kritik kommt auch aus einem anderen Stadtteil. Peter Mohr aus Farge, der als Tischler bei ALZ Nordtechnik tätig war, kennt das Haus, weil er darin zahlreiche Innenausbauten vorgenommen hat. Bereits im Januar hatte er sich in einem Leserbrief an DIE NORDDEUTSCHE zu Wort gemeldet. Nun äußert er sich erneut. Seiner Ansicht nach müsste ein Anbau oder ein zweigeschossiges Haus für 40 Kinder auf dem Gelände für maximal eine Million Euro zu verwirklichen sein. „Ich schlage einen Anbau hinter dem Haus vor“, sagt der Tischler, der auch Architektur studiert hat. Für einen Neubau sieben Millionen Euro Steuergelder in Zeiten der Corona-Pandemie auszugeben, halte er für unverantwortlich.
Mohr: "Mit Fantasie und Kreativität ist es der Leiterin und uns immer gelungen, tolle Lösungen für den Innenausbau zu finden: Einbaumöbel, Eckschränke, klappbare Lösungen. Da ist in den letzten Jahren viel Geld und Zeit und Liebe investiert worden, Steuergeld, auch mein Steuergeld." Zuletzt sei noch mit erheblichem Aufwand eine Brandfluchtbrücke zum Obergeschoss eingebaut worden. "Das Haus ist kunterbunt,
urgemütlich und wunderschön", findet Mohr.
In dem Bürgerantrag, den Andres Ziegler im Namen der Anwohner vom Klostermühlenweg und Am Rastplatz unterschrieben hat, bitten die Lesumer den Beirat und den Ortsamtsleiter um Unterstützung. Sie fürchten, dass es in ihrem kleinen Wohngebiet durch die Vergrößerung der Kita zu weiteren Einschränkungen kommt, beispielsweise durch Verschattungen der Grundstücke und zusätzlichen Verkehr. Die Anwohner möchten, dass diverse Fragen öffentlich diskutiert werden.
So fragen sie beispielsweise, ob alternative Standorte für eine neue Kita geprüft wurden. Konkret bringen die Anwohner das ehemalige Danapak-Gelände ins Spiel. Das Areal ist Teil eines Gebiets für das das Bauamt einen neuen Bebauungsplan aufstellt. Dort sollen nach vorläufiger Planung bis zu 100 Wohn- und Gewerbeeinheiten gebaut werden. Und die Nachbarn stellen die Frage: „Wieso wird für die hohe Investitionssumme nicht ein zusätzlicher Neubau geplant, anstatt das KuFz Am Heidbergstift abzureißen?“ Außerdem möchten die Anwohner wissen, wie der Abriss finanziell begründet wird, wer den vollständigen Abriss und Neubau entschieden hat und warum eine andere Möglichkeit ausgeschlossen wird.
Auch der geplante Interimsbau am Klostermühlenweg könnte zu Problemen führen, fürchten die Anwohner. Sie wollen wissen: „Was passiert mit dem Verkehrsaufkommen Am Heidbergstift, wenn das KuFz so massiv vergrößert wird beziehungsweise im Klostermühlenweg, wenn dort ein Interimsbau entsteht?“ Und: „Wie viele Bäume müssen insgesamt gefällt werden und wie viele davon sind laut Baumschutzverordnung geschützt? Welche Ausgleichspflanzungen sind wie und wo geplant? Liegen Genehmigungen vor?“
Laut Fabio Cecere, Sprecher von Immobilien Bremen (IB), wurde die Entscheidung für einen Abriss und Neubau auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie gefällt. Diese habe ergeben, dass die Variante „Neubau einer kompakten modernen Kita“ wirtschaftlicher sei als ein Umbau sowie eine Erweiterung des Bestandsgebäudes. Letzteres sei auch aufgrund der topographischen Situation und aus Umweltgründen – er nennt Eingriffe in den Baumbestand – nicht umsetzbar. Cecere: „Darüber hinaus entspricht das Bestandsgebäude nicht den funktionalen Ansprüchen an einen modernen Kita-Betrieb, sodass erhebliche Umbaumaßnahmen erforderlich wären.“
Das bestehende Haus sei für etwa 300.000 Euro in den Jahren 2013 (Schaffung eines zweiten Rettungswegs) und 2016 (Instandsetzung der Sanitärräume) saniert worden. Zu diesem Zeitpunkt habe das Ressort für Kinder und Bildung noch keinen zusätzlichen Platzbedarf angemeldet. Cecere: „Diese Investitionen ändern aber nichts an der im Jahr 2019 getroffenen Feststellung, dass ein Neubau kostengünstiger zu errichten ist, als die Sanierung und Erweiterung des bestehenden Gebäudes ... .“ Der bauliche und technische Zustand des Hauses, das 1923 errichtet wurde, entspreche nicht den aktuellen Standards.
Wie Cecere betont, besteht nach Angaben des Bildungsressorts „aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und der Erhöhung der Versorgungsquoten“ am Standort der Bedarf für sechs Kita-Gruppen. Da das bestehende Gebäude für drei Gruppen ausgelegt sei, reiche der Platz nicht. In der Beiratssitzung im Dezember hatte der beauftragte Architekt Michael Frenz angekündigt, dass im neu geplanten Haus insgesamt 100 Jungen und Mädchen untergebracht werden sollen. Bislang gehen 60 Kinder in die Kita Am Heidbergstift.
Lärmbelastung der Anwohner
Ein Lärmgutachten hat bereits vor geraumer Zeit bestätigt, dass die Belastung durch das Übergangswohnheim Am Rastplatz für die Anwohner vom Klostermühlenweg und Am Rastplatz erheblich ist. Grund sind die baulichen Gegebenheiten. Jahrelang waren die Nachbarn davon ausgegangen, dass sie mit dem Lärm nur zeitlich begrenzt leben müssen. Auf einer Beiratssitzung im Januar wurde dann jedoch bekannt, dass die Sozialbehörde die Einrichtung dauerhaft und unbefristet nutzen will. Die Nachbarschaft sieht sich nun doppelt beeinträchtigt: durch Lärm, der vom Übergangswohnheim herüber schallt und durch die geplante Vergrößerung der Kita. Das Bundesimmissionsschutzgesetz besagt zwar, dass der Lärm von Kindertageseinrichtungen oder Spielplätzen in der Regel hinzunehmen ist. Die Anwohner sehen sich allerdings über Gebühr belastet.