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Lesumwiesen kahl gemäht Bürgerinitiative ist empört

Um die Lesumwiesen ist ein Streit entbrannt. In Kürze soll dort ein Fischteich entstehen. Die Anwohner wollen die Wiesen erhalten. Die wurden nun gemäht und dabei ein Rehkitz getötet.
25.06.2020, 19:04 Uhr
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Bürgerinitiative ist empört
Von Patricia Brandt

Ausgerechnet bei einer Mahd der nördlichen Lesumwiesen ist am Mittwoch ein Rehkitz unter die Messer gekommen. Spaziergänger hatten das Tier am Abend gefunden. Besonders prekär: Die Wiesen an der Meierhofstraße gelten als Europäisches FFH-Gebiet und hätten nach Meinung der Bürgerinitiative für den Erhalt der nördlichen Lesumwiesen (kurz Bienle) noch nicht gemäht werden dürfen. Die Umweltbehörde sieht das anders. Bekanntlich ist die Nutzung der Fläche umstritten: Anwohner wollen die Wiesen erhalten, Bremen eine Flachwasserzone baggern lassen.

Ursula Pickener von der Bürgerinitiative für den Erhalt der nördlichen Lesumwiesen geht davon aus, dass die Mahd nicht Rechtens war. Ihre Fotos zeigen ein Reh mit Schnittverletzungen und einem abgetrennten Bein. „Vermutlich sind noch weitere Tiere getötet und im Gestrüpp verendet, und es wurden Flächen mit seltenen Lichtnelken, der Kohlkratzdistel, großen Mädesüßvorkommen und vielen weiteren für Insekten lebenswichtigen Pflanzen vernichtet.“

Die Iniative steht auf dem Standpunkt, dass „solche wertvollen Blühwiesen erst ab Ende Juli gemäht werden sollen, um den Pflanzen die Versamung zu ermöglichen. Außerdem dauert die Brut- und Setzzeit noch bis zum 15. Juli an. Die Gelege und Jungvögel sowie die Rehkitze werden bei einer so frühen Mahd gefährdet.“

Erst im Juni hatte, wie von unserer Zeitung berichtet, eine versehentlich gemähte Verkehrsinsel in St. Magnus die Mitglieder des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) geschockt. Diese hatten auf der Fläche ein blühendes Insektenbiotop realisieren wollen. Der Umweltbetrieb bedauerte das Vorgehen der Pflegefirma.

Mit der Mahd der Lesumwiesen hat der Umweltbetrieb nichts zu tun. Wie Gudrun Eiden aus der Umweltbehörde auf Anfrage mitteilte, ist die Fläche von der Hanseatischen Naturentwicklung GmbH (Haneg) an einen landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet worden. Dieser dürfe sie bis zur Herstellung einer geplanten Fischlaich-Zone unter Einhaltung bestimmter Richtlinie nutzen. Maßnahmen zum Schutz von Rehkitzen vor der Mahd seien nicht vorgeschrieben.

Unter Europäischen FFH-Gesichtspunkten sei die Wiese aktuell „nicht wertvoll“, so der Referatsleiter für Naturschutz, Dirk Hüter. Er erwarte jedoch, dass sich mit der Anlage des geplanten Auengewässers zum Schutz der Neunaugen schützenswerte Strukturen auf den Lesumwiesen entwickeln werden. Bekanntlich soll die geplante Wasserzone an der Lesum zwischen Knoops Park und Meierhofstraße als Ausgleich für die Zuschüttung des Überseehafens dienen.

Dass die Bagger anrücken, wurde durch einen Planfeststellungsbeschluss festgelegt. In der Umweltbehörde geht man davon aus, dass die Baggerarbeiten 2021 starten. Zunächst war von Juli 2020 die Rede gewesen, doch Anwohner wehrten sich gegen die Kompensationsmaßnahme. Vergangene Woche gab es vor dem Bremer Verwaltungsgericht ein Mediationsverfahren.

Fraglich ist, ob die mehr als 600 Unterschriften der Petition der Bürgerinitiative zum Erhalt der Wiesen etwas an der Herstellung eines Fischteichs ändern können. Laut Gudrun Eiden sind insgesamt drei Petitionen zum Thema „Lesumwiesen“ anhängig. Im nächsten Schritt sollen die Petitionen im Ausschuss beraten werden. Danach folgt eine Beschlussempfehlung an die Bremische Bürgerschaft.

Der BUND und die Aktionsgemeinschaft Bremer Schweiz (AGBS) befürworten nachdrücklich den Bau der Flachwasserzone. Auch eine Mahd in dieser Woche hält BUND-Sprecher Bernd Quellmalz „aus vogelkundlicher Sicht“ für vertretbar. Quellmalz: „Auch in den Schutzgebieten wird ab 15. Juni gemäht. Dass auf den Lesumwiesen ein Rehkitz starb, ist sehr bedauerlich. Selbst bei vorheriger Suche kann das aber leider nicht immer vollkommen ausgeschlossen werden.“ Als es um die Verkehrsinsel ging, hatte Bernd Quellmalz mit Blick auf die Nahrungsgrundlage für Insekten noch für eine Mahd im September plädiert.

Die Bürgerinitiative hat unterdessen begonnen, Vertreter politischer Parteien über die Wiesen zu führen. Für diese Woche hatten sich offenbar CDU-Vertreter zur Besichtigung der blühenden Lesumwiesen angekündigt, „aber die sehen nun nichts mehr“, bedauert Ursula Pickener.

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