Die Sanierung der Autobahnbrücke über die Lesum hatte noch gar nicht begonnen, da liefen bereits die Planungen für den Bau eines Ersatzbauwerks. Denn von Anfang an war klar, dass sich die Lebenszeit der alten Brücke durch die sogenannte statische Ertüchtigung nur begrenzt verlängern lässt. Inzwischen gibt es eine erste Einschätzung, was der Neubau kosten wird. Jörn Kück, Projektleiter der Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH), geht von 35 Millionen Euro aus. Davon fließen etwa vier Millionen in den Bau eines Radwegs. Die Kosten trägt der Bund.
Damit können ab 2028 – dann soll die neue Brücke fertiggestellt sein – auch Radfahrer die Brücke der A 27 nutzen, um die Lesum zu überqueren. Die Lesumbrücke wird laut Kück die erste Autobahnbrücke in Bremen, die einen Radweg bekommt. Eine erst im Sommer 2020 beschlossene Änderung des Bundesfernstraßengesetzes hat es möglich gemacht, Radwege über Autobahnbrücken zu führen. Damit soll der Radverkehr gestärkt und Lücken in der Radverkehrsinfrastruktur geschlossen werden werden. Bei den Brücken geht es vor allem um solche, die über Flüsse führen, heißt es auf der Internetseite "Fahrradportal", das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) gefördert wird.
Zahlreiche Varianten geprüft
"Das Land Bremen hatte uns gebeten, zusätzlich zur Autobahn einen Radweg zu planen", erläutert Kück. Die Deges hatte zunächst eine Machbarkeitsstudie im Auftrag der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, Maike Schaefer (Grüne), für den Bund erstellt. Mit Beginn des Jahres 2021 hat dann der Bund die Planung seiner Objekte vom Land übernommen. "Wir haben eine Vielzahl von Varianten, bestimmt ein Dutzend, geprüft und schließlich die aus unserer Sicht geeignetste vorgestellt", so Kück. Dabei galt es zahlreiche Aspekte einzubeziehen, erläutert der Projektleiter: "Die Auswirkungen auf Natur und Umwelt, die Anforderungen einer Bundeswasserstraße und nicht zuletzt die Kosten."
Inzwischen geht es um die Verfeinerung der Planung. Die Vermessungsarbeiten für den Brückenneubau sind inzwischen abgeschlossen. Derzeit läuft eine Artenschutzkartierung. Dabei wird der Bestand geschützter Tiere und Insekten wie beispielsweise Fledermäuse, Libellen und weitere Arten sowie von Vögeln über ein Jahr lang erfasst. "Es geht um die Auswirkungen und die Vereinbarkeit der Planungen mit den artenschutzrechtlichen Bestimmungen", erläutert Kück. Aus dem Ergebnis resultieren schließlich Empfehlungen und Auflagen für den Bau. "Es könnte zum Beispiel sein, dass wir bestimmte Flächen nicht für die Baustelleneinrichtung nutzen dürfen." Welche Auswirkungen das Vorkommen bestimmter geschützter Arten noch haben könnte, verdeutlicht er am Ersatzneubau der Brücke über die Varreler Bäke. "Dort darf nicht nachts gebaut werden, weil es dort Fledermäuse gibt. Das führt wiederum zu längeren Sperrungen der B 75."
Neue Brücke wird breiter
Die neue Lesumbrücke wird in der gleichen Achse gebaut, wie die bestehende und sich auch optisch nicht wesentlich vom alten Bauwerk unterscheiden. Allerdings wird sie etwa zwölf Meter breiter werden. Davon macht etwa vier Meter der neue Radweg aus, der auf der Ostseite geplant ist. Die Radfahrer werden künftig nicht direkt neben den Autos über die Brücke radeln, sondern auf einem sogenannten Erhaltungsweg daneben, der auch für Kontrollen und Arbeiten an der Brücke benötigt wird. Die neue, etwa 104 Meter lange Brücke bekommt außerdem neben den insgesamt sechs Fahrspuren zwei Standstreifen.
Für den Neubau ist eine vollständig neue Gründung geplant. Der alte Pfeiler stammt aus dem Jahr 1936, der Überbau in Fahrtrichtung Walsrode aus den Jahren 1949 und 1956, der in Fahrtrichtung Cuxhaven ist von 1973. Der neue Brückenpfeiler wird einige Meter von der alten Gründung entfernt gesetzt und ein Stück näher am nördlichen Lesumufer stehen.
Angepasst werden im Zuge des Neubaus auch Höhenunterschiede, bei der die jetzige Brücke laut Kück erhebliche Defizite aufweist. "Die Brücke müsste eine Querneigung von 2,5 Prozent haben, hat aber nur 1,5 bis zwei Prozent. Und die Längsneigung wird auf einer längeren Strecke ebenfalls nicht eingehalten." Diese Abweichungen sollen auf insgesamt etwa 600 Metern, also auch über die Brücke hinaus, behoben werden. Ziel ist, Wasser auf den Fahrbahnen und damit das gefährliche Aquaplaning zu vermeiden.
Schuten transportieren Schutt ab
An welcher Seite der Brücke zuerst gearbeitet wird, steht noch nicht fest. "Wir müssen schauen, welche Seite besser geeignet ist, um den gesamten Verkehr aufzunehmen, während wird die andere Seite abbrechen." Die Abbrucharbeiten werden sich laut Kück nicht unkompliziert gestalten, da der gesamte Schutt mit Schuten über das Wasser abtransportiert werden muss. "Einige Teile können sicher auch herausgeschnitten und mit einem Kran herausgehoben werden."
Am geplanten zeitlichen Ablauf hat sich bisher nichts geändert. 2023 soll der Antrag auf die Planfeststellung eingereicht werden. Den Beschluss erwartet Kück für Ende 2023 bis Mitte 2024. Nach der Vergabe der Bauleistungen könnten die Arbeiten dann 2025 starten. Etwa drei Jahre kalkuliert der Projektleiter für die Bauzeit ein. Genauer: "Zweieinhalb Jahre plus Vorarbeiten."