Der westliche Teil der Lesumbrücke im Verlauf der Autobahn 27 lässt sich, anders als ein Gutachten im Sommer besagt hatte, doch fit machen für die Zukunft. Die sogenannte Ertüchtigung des 110 Meter langen und mehr als 70 Jahre alten Stahlbauwerks war von Beginn an die favorisierte Methode der Experten vom Amt für Straßen und Verkehr (ASV). Im vierten Quartal 2020 soll alles fertig sein, einschließlich neuer Asphaltierung und Entwässerungskonstruktion.
Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) hat am Donnerstag das Ergebnis einer zusätzlich eingeholten fachlichen Stellungnahme vorgestellt, die belege, dass die stählerne Unterkonstruktion des westlichen Brückenbauwerks so verstärkt werden könne, dass sie wieder drei Fahrspuren biete und den Belastungen durch die täglich etwa 80.000 Fahrzeuge standhalte. „Dies ist die am schnellsten umsetzbare und kostengünstigste Lösung“, sagte Schaefer.
Die Tage der Brücke sind ohnehin gezählt: Nachdem Ende vergangenen Jahres Schäden aufgefallen waren, ist der westliche Teil der Brücke gesperrt, der Verkehr wird seither über jeweils zwei Fahrspuren über das östliche Bauwerk geführt. Das sorge zeitweilig für Verkehrsbeeinträchtigungen, räumte ASV-Sprecher Martin Stellmann ein. Bereits im Dezember ist die Planung eines Neubaus der Autobahnbrücke in Auftrag gegeben worden. Im Jahr 2028 soll er fertiggestellt werden. Bis dahin werde das Provisorium „auf jeden Fall“ halten, sagte Stellmann. Das zweite Autobahn-Nadelöhr in Bremen, die Baustelle an der A-1-Ochtumbrücke, unter der Regie der Deges, der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, solle im August 2020 fertig werden.
Die Bedeutung der Autobahn 27
Die Verkehrsverzögerungen wegen der aktuellen Einschränkung betragen laut Stellmann vormittags etwa drei, am Nachmittag ungefähr fünf Minuten. Senatorin Schaefer, die in Bremen-Nord lebt, unterstrich noch einmal die Bedeutung der Autobahn 27 als Anbindung an die Bremerhavener Häfen und an Cuxhaven und zeigte Verständnis für die Transportbranche, die unter der Sperrung zu leiden habe. Prompt reagierte die Industrie- und Handelskammer Bremen auf die Nachricht. „Die eingeschränkte Nutzung der Lesumbrücke für ein weiteres Jahr bedeutet eine erhebliche Belastung für die bremische Wirtschaft“, teilte Präses Janina Marahrens-Hashagen mit. „Aber wenigstens ist endlich das von allen dringend erwartete Ende des Engpasses über die Lesum in Sicht.“
Für den Sanierungsentwurf ist das Land Bremen verantwortlich, die bauliche Umsetzung finanziert der Bund. Die Kosten für das Bauvorhaben, schätzt ASV-Sprecher Stellmann, dürften „etwas über einer Million Euro liegen“. Die Kostenverteilung liegt nach Angaben aus dem Bauressort gemäß Faustformel bei einem Schlüssel von ungefähr 1:9. Im Juli war außer der Ertüchtigung als weitere Variante eine mobile Behelfsbrücke im Gespräch, die ebenfalls nicht vor Herbst 2020 fertigzustellen gewesen wäre. Plan drei, die Erneuerung des gesamten Brückenüberbaus, wäre planungsrechtlich aufwendig gewesen und teuer. Die Umsetzung hätte laut ASV sogar bis Mitte 2021 gedauert. Ein Ingenieurbüro sei bereits beauftragt, das Baukonzept zu erstellen, sagte Stellmann. Das muss unter anderem klären, auf welchen Wegen die Massen an Stahl unter die Brücke gelangen sollen. „Wir rechnen damit, dass der Auftrag dann im Frühjahr erteilt werden kann.“
Ein erstes Gutachten hatte die Möglichkeit verneint, die Brücke für eine weitere Nutzung herzurichten, bis der Neubau fertig ist. Das ASV setzte auf eigenes Expertentum und Erfahrungen mit der Instandhaltung auch stählerner Bauwerke und konnte davon überzeugen, dass es das Beste war, eine eingehendere Prüfung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang wurden weitere Materialproben entnommen und, so Stellmann, „auf andere Weise untersucht“ als für das ursprüngliche Gutachten, das annähernd 500 Seiten umfasst und Bremen rund 300 000 Euro gekostet hat. Für die Nachuntersuchung wurden noch einmal 50.000 Euro veranschlagt.
Senatorin Schaefer kündigte quartalsweise „Baustellengipfel“ an, um Ärger über die Brückensperrung und künftige Baustellen zu begrenzen. Daran sollen Behörden, Bauherren, Kammern und Spediteure beteiligt sein. „Es geht um mehr Informationen und gegenseitiges Verständnis.“
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