„Das Leitbild ist eine städtebauliche Inklusion“, sagt Professor Hartmut Stechow von der Jade Hochschule Oldenburg. Er hat eine Gruppe von Studierenden betreut, die für ein neues Quartier auf dem Friedehorst-Gelände, der diakonischen Einrichtung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, eine Freiraumplanung erarbeitet haben. „Das Ganze fand im Rahmen der Semester-Veranstaltung 'Städtebau' statt, wobei das Thema für die 25 beteiligten Architekturstudenten im Studium eher aus dem Rahmen fällt“, sagt Hartmut Stechow, der für seine Projekte grundsätzlich Orte auswählt, die einen aktuellen Planungsbedarf haben. Bei der Abschlusspräsentation des Projekts im Verwaltungsgebäude von Friedehorst kürte eine externe Jury die Gewinner.
Das Plangebiet liegt nördlich des bestehenden Friedehorst-Geländes an der Grenze zu Niedersachsen, im Westen grenzt der Friedehorst-Park an. Das neue Quartier umfasst eine „Campusanlage“ für Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf, in der die verschiedensten Dienstleistungen angeboten werden. „Die Studierenden haben zunächst die funktionalen und räumlichen Gegebenheiten unter städtebaulichen Aspekten untersucht, wobei der Fokus auf der Zielgruppe Menschen mit Handicap lag“, sagt Stechow. Dabei wurden Daten ermittelt, die Basis für den städtebaulichen Entwurf und die dazugehörige Freiraumplanung bilden. Die vorhandene Bebauung sollte durch Neubauten ergänzt werden, wobei vom Betreiber die Nutzungen vorgegeben waren.
„Friedehorst soll in den nächsten zehn Jahren ein sozialökologisches Projekt werden, mit dem Inklusion, Wohnen, Arbeiten und das soziale Leben verbessert werden. Die Anwohner werden ausdrücklich eingebunden, und dabei soll das derzeit noch private Gelände öffentlich werden“, sagt Manfred Meyer, Vorsteher der Stiftung Friedehorst.

Friedehorst Entwuerfe Gelaendeentwicklung JOEHildebrandt
Elf Kleingruppen des Hochschul-Projekts hatten sich einzelnen Themenbereichen gewidmet, wie Sinneserfahrungen, Grünem Band oder Inklusion, wobei übergreifend das Konzept „Stadt in der Stadt“ über dem Ganzen stand: In dem Gelände soll sich alles finden, was man in einer Stadt benötigt – so kommt es zu einem Zusammenspiel verschiedener Nutzungsformen, wie Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Erholung. Durch einen Marktplatz und einen Spielplatz sollen neue Zentren entstehen, durch Kita und viele Freiflächen wird das Gelände auch für Familien außerhalb des Quartiers interessant. Die neuen Wohnungen werden aufgeteilt in betreutes Wohnen, Wohngemeinschaften, Doppel- und Einfamilienhäuser. In Punkthäusern, also mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern mit Treppenaufgang in der Mitte, soll es zu einer Durchmischung der Bewohner kommen, die zum Beispiel in Wohngemeinschaften für Ältere leben. Verkehrsberuhigte Straßen und Spielstraßen sollen das Gelände verbinden. Kindertagesstätte, Jugendzentrum und Werkstatt sollen ein großes Angebot an Aktivitäten schaffen. Flächen für Kleingewerbe, wie Kiosk, Buchhandlung oder Café runden das Angebot ab. Von den Bewohnern werden Hochbeete und Bauerngärten mit Gemüseanbau angelegt und gepflegt und die Produkte auf dem Wochenmarkt angeboten. Zwischen dem neuen Quartier und Friedehorst wird durch Bepflanzung, Grünflächen und freie Plätze eine Verbindung geschaffen, die wie ein Rundgang über das gesamte Gelände führt. Für mehr Natur sorgt vor allem ein Park mit Wald und Teich. Ein Streichelzoo, das Tasten von Tierfellen oder ein Geruchspfad soll Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen neue Sinneserfahrungen ermöglichen. Durch neue Spazierwege soll auch der angrenzende Friedehorst-Park stärker an das Gelände angebunden werden.
Großer Lerneffekt für Studierende
Der Lerneffekt der Freiraumplanung für die Studierenden war auf jeden Fall groß: „Man blickt gleichsam von außen nach innen, zur Architektur und sieht nicht nur die Gebäude für sich“, sagt Sebastian Skelnik, einer der beteiligten Studenten, und sein Kommilitone Gideon Uhmeier ergänzt: „Wir haben erstmals Gebäude im Verhältnis zur ganzen Fläche gesehen.“ Ihr Betreuer, Professor Hartmut Stechow, hält es für wichtig, einen Standort auch mal mit fremden Augen zu betrachten, wie er sagt, auch wenn es derzeit noch keine finanziellen Grundlagen für eine Umsetzung gibt. Auch Ortsamtsleiter Florian Boehlke findet die Freiraumplanung für das Friedehorst-Gelände inspirierend: „Man sollte durchaus auch Illusionen haben“, sagt er. Allerdings ist das Projekt bisher reine Zukunftsmusik: „Ob einzelne Ideen tatsächlich übernommen werden, ist bisher noch unklar“, sagt Projektleiter Hartmut Stechowv von der Hochschule in Oldenburg.