Der Schaden ist so gut wie behoben. Nachdem die Starkstromleitungen unter einem Trafohäuschen auf der Bremer Bürgerweide durch einen menschlichen Fehler mit mehreren 100.000 Litern Wasser überflutet worden sind, kann die Anlage voraussichtlich am 14. März wieder vollständig in Betrieb gehen. Damit ist die Stromversorgung auf dem Platz vor den Messehallen rechtzeitig zur Osterwiese vom 11. bis 27. April wiederhergestellt. Den Schaden von über einer halben Million Euro trägt die Gebäudeversicherung der Messegesellschaft M3B.
Während in dem unscheinbaren Backsteinhäuschen nahe des Kulturzentrums Schlachthof demnächst wieder Mittelspannung in Niederspannung umgewandelt und an die über 100 sogenannten Bunker auf dem Platz verteilt wird, sind einige Fragen zum Verlauf des Unglücks und der zukünftigen Vorbeugung solcher Zwischenfälle allerdings noch ungeklärt. Zudem versagten offenbar mehrere Sensoren in dem Trafohäuschen, das 2012 für sechs Millionen Euro neu gebaut worden war.

Hier nahm das Unglück seinen Lauf. Zum Entlüften war der Stutzen für die Chlorpumpe geöffnet. Fatal, wenn die Zuleitung des Strangnetzes unter der Bürgerweide dann geöffnet wird.
Was bislang klar ist: Am frühen Abend des 2. Dezembers öffnete der Mitarbeiter eines Dienstleisters einige Hunderte Meter entfernt einen Schieber, den er nicht öffnen sollte. Genau wie beim Strom wird vom Trafohäuschen auch Wasser in einer Ringleitung über den Platz verteilt. Nach jeder Benutzung wird es wieder abgelassen, die Leitungen werden mit Chor gereinigt und entlüftet. So auch am 2. Dezember. Als nun das Wasser der Zuleitung auf die Ringleitung traf, war diese am Trafohäuschen zum Entlüften geöffnet. Eine fatale Situation. Die komplette Nacht auf den 3. Dezember über strömte das Wasser nicht nur in den Anschlussraum, sondern über Lüftungsrohre und Verbindungen auch in den großen Keller darunter. Dorthin, wo enorme Stromstärken umgewandelt werden, in "das Herzstück der Bürgerweide", wie es ein Verantwortlicher formuliert.
Etwa zehn Stunden lang brauchte das Wasser, bis der Keller voll war und über den Anschlussraum nach draußen lief. Zu diesem Zeitpunkt bestand "höchste Not", wie es später heißt. Die Zähler liefen teils noch – und mit ihnen der Strom. Auch ohne Kirmes ist die Trafostation wie eine Steckdose dauerhaft an das Energienetz angeschlossen.
Gutachter attestiert Totalschaden am Trafohäuschen
Als sich am Vormittag Mitarbeiter der Inneren Mission wunderten, dass die Heizung im Wärmebus für Obdachlose nicht funktionierte, war das Unglück durch Zufall bereits den Richtigen aufgefallen: Mitarbeiter der Hausverwaltung von M3B waren am Trafohäuschen vorbeigegangen und hatten das strömende Wasser umgehend gemeldet. Einen ganzen Tag brauchte die Feuerwehr schließlich, um den Keller wieder leer zu pumpen.
Kaum waren die Wassermassen beseitigt, ging es los mit der Begutachtung durch Fachleute. Die Trafos der SWB-Tochter Wesernetz im Erdgeschoss: unbeschadet. Der Keller, überwiegend M3B-Eigentum: ein Schlammfeld. Hochgespülte Bodenplatten, verschmutzte Technik, 106 defekte Zähler. Am 6. Dezember machte es ein Gutachter amtlich: Totalschaden. Bis auf die sogenannten Sammelschienen und die äußeren PVC-Kästen musste alles raus. Immerhin, der Statiker gab grünes Licht zur Weiterverwendung des Gebäudes.

Die massiven Trafos im Erdgeschoss des Gebäudes haben die nächtliche Flut unbeschadet überstanden.
Ab der zweiten Januarwoche gehörte der Keller dann den Technikern einer Fachfirma. Baulüfter arbeiteten im Dauereinsatz, Kabel wurden auf ihre Leitfähigkeit geprüft, Schlammspritzer entfernt, Zähler und Wandler ausgetauscht, jeder Anschluss auf Wasserschäden untersucht. In wenigen Wochen liefert nun jeder von ihnen wieder 400 Volt für das nächste Fahrgeschäft, den nächsten Crêpe-Stand – und der Messegesellschaft M3B fällt ein Stein vom Herzen. Regressansprüche von Stadt und Schaustellern: Das hätte noch gefehlt.
Was bleibt, ist die Nachlese. M3B erklärt, mit dem beauftragten Dienstleister, bei dem der Fehler passiert ist, weiterhin zusammenarbeiten zu wollen. Aber die mehreren 100.000 Liter Wasser in zehn Stunden? Hätte das nicht vorher auffallen müssen und erst recht nicht nur durch einen glücklichen Zufall? Niklas Dirks, Bereichsleiter Gebäudemanagement bei der M3B, bestätigt, dass es Wassersensoren im Keller gegeben habe. Diese seien allerdings mit der schieren Wassermenge überfordert gewesen und hätten nicht ausgelöst. Im Raum mit dem Wasseranschluss gab es jedoch ebenfalls Sensoren und diese hätten auch reagiert. Dann habe es aber technische Probleme mit der Weiterleitung in einer Schaltzentrale gegeben. Die Warnmeldung blieb aus.
Neue Vorkehrungen nach Wasserschaden geplant
Wie die Abläufe in diesen Stunden genau waren, was Ursache, was Wirkung, das ist derzeit noch Gegenstand von Untersuchungen, wie M3B und Wesernetz unisono erklären. Auch zu dem Umstand, dass Starkstrom und Wasserquelle so nah beieinander in verbundenen Raumteilen untergebracht sind, gibt es wenige Aussagen außer dem Verweis auf eine "Verkettung unglücklicher Zufälle" und Entscheidungen, die in der Vergangenheit getroffen worden sind.
Deutlich hingegen bei allen Beteiligten: der Wille, dass dieses bislang einmalige Ereignis einmalig bleibt. Häufig fällt der Ausdruck "bessere Schulungen". Auch technisch wolle man Vorkehrungen treffen. Konkret jedoch nur die Einschätzung von M3B-Geschäftsführer Ingo Gösling: "Menschliches Versagen wird es immer geben."