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Stadtteil-Check Findorff Der beliebteste Stadtteil Bremens

Sie leben sozusagen in der Poleposition: Die Bewohnerinnen und Bewohner Findorffs haben ihr Quartier beim Stadtteil-Check zum beliebtesten in Bremen gewählt. Was ihnen besonders gefällt - und was nicht.
17.10.2022, 06:00 Uhr
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Von Anke Velten
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Sie wohnen in Findorff? Herzlichen Glückwunsch, dann sind Sie einem Stadtteil zuhause, in dem es sich offensichtlich gut und gerne leben lässt. Die Auswertung des großen Stadtteil-Checks ergab: Kein anderer Stadtteil wurde unterm Strich besser bewertet als Findorff. In acht der 14 abgefragten Kategorien erteilten die befragten Findorfferinnen und Findorffer ihrem Viertel überdurchschnittlich gute Noten. Mit einer Gesamtbewertung von 6,96 belegt Findorff den stadtweiten Spitzenplatz – dicht, aber mit messbarem Abstand gefolgt von Schwachhausen, Neustadt und Oberneuland. Doch das bedeutet nicht, dass es gar nichts zu bemängeln gäbe – sonst wären es ja auch zehn Punkte geworden.

Top: Der Einzelhandel

Mit 8,7 Punkten erzielte der Findorffer Einzelhandel die Bestwertung unter sämtlichen Stadtteilen. Zum Vergleich: Die gesamtbremische Durchschnittsnote beträgt 6,61 Punkte. Mit konventionellen Supermärkten und Discountern ist Findorff zweifellos gut versorgt, und auch der Bio- und Unverpackt-Handel ist im Stadtteil gut etabliert. Dreimal pro Woche schlagen Marktleute aus Bremen und der Region ihre Stände und Pavillons auf dem Findorffmarkt auf – nach Ansicht nicht nur der Findorffer Kundschaft der vielfältigste und am meisten atmosphärische Wochenmarkt Bremens, und gleichzeitig ein Ort, an dem man sich mit Freunden und Bekannten trifft. Geschätzt wird in Findorff offensichtlich aber auch die Zahl an inhabergeführten Adressen in den Einkaufsstraßen, die einen Branchenmix abdecken, der in heutigen Zeiten eher selten in den Stadtteilen ist: Spiel- und Schreibwaren, Bücher, Tee, Wein und feiner Käse, Confiserie, Unverpacktes, Mode, Elektroartikel und anderes mehr. Vermisst werden in Findorff allerdings eine Schlachterei, ein Baumarkt sowie mehr schöne Kneipen, Cafés und Restaurants, hieß es in den Stadtteil-Check-Kommentaren. Und Sorgen bereiten die Leerstände in den Einkaufsstraßen. 

Vorn beim Klimaschutz

Vergleichsweise gute Noten gab es bei der Umfrage auch für das Engagement für den Klimaschutz. Die Sorge um die Umwelt treibt den Stadtteil seit Jahrzehnten um. Im Jahr 1987 zogen erstmals die Grünen in den Findorffer Beirat – der Stadtteil entpuppte sich damit früh als eine der bremischen Hochburgen der damals noch jungen Partei. Seit den letzten Kommunalwahlen stellen die Grünen die stärkste Beiratsfraktion und damit auch die Beiratssprecherin. Seit Anfang 2018 besitzt Findorff zudem eine „Klimazone“, in der Info-Veranstaltungen, Fachvorträge und Mitmach-Aktionen zu den Themen praktischer Klimaschutz im Alltag und klimafreundliche Stadtentwicklung organisiert werden. Was als befristetes Projekt mit Förderung des Bundesumweltministeriums begann, hat sich mittlerweile durch bürgerliches Engagement verstetigt. Ein gemeinnütziger Verein führt die Arbeit weiter und konnte vor Kurzem sogar eine hauptamtliche Klimaschutzmanagerin einstellen. Nachdem die Bremer Stadtreinigung vor zwei Jahren ihre Pläne zur Neustrukturierung ihrer Recyclingstationen vorstellte, ging ein Aufschrei durch Findorff, der in der ganzen Stadt zu hören war. Die Findorffer erkämpften sich mit Unterschriftensammlungen und einer Bürgerschafts-Petition Zugeständnisse. Richtig zufrieden ist man damit aber noch nicht, wie in den Kommentaren deutlich wird.

Aufregerthema Verkehr 

Weniger als mittelmäßig: So beurteilen die Findorffer Befragten die Verkehrsbelastung im Stadtteil (Platz 12 im bremenweiten Ranking) und das Angebot des öffentlichen Personennahverkehr (Platz 15) – und das wird niemanden wundern, der in den vergangenen Jahren die politischen Sitzungen im Stadtteil verfolgt hat. Wer in der Nähe der Buslinien wohnt, die den Stadtteil anfahren, hat es gut. Anderswo – so etwa in Teilen des Weidedamm sowie im Ortsteil Regensburger Straße – sind die Wege zur nächsten Bushaltestelle so weit, dass man schon sehr gut zu Fuß sein muss. Auch die Linienverläufe lassen zu wünschen übrig. Wer etwa von der Admiralstraße zum Hauptbahnhof fahren möchte, muss vorher eine Stadtrundfahrt einplanen. Ein sehr kontrovers diskutiertes Thema ist in Findorff seit Monaten die Neuordnung des ruhenden Verkehrs im Quartier an der Bürgerweide. Findorff habe sich zum „größten kostenlosen Parkplatz der Republik“ entwickelt, heißt es in einem Kommentar. Der Wunsch nach Quartiersgaragen oder Parkhäusern wird mehrmals geäußert. Kritik gab es auch an den Fußwegeverbindungen in die benachbarten Stadtteile und in die Innenstadt, die äußerst unattraktiv seien.  

Lebensqualität ist hoch

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte bescheinigte dem Stadtteil Findorff bei seiner Festrede zum "Findorffer Dorfffest" Anfang September eine hohe Lebensqualität. Mit der Gesamtnote 8,5 wird sein Lob beim Stadtteil-Check bestätigt. In der Umfrage und in den persönlichen Gesprächen beim Stadtteil-Check-Besuch im August war immer wieder zu hören: Geschätzt wird die zentrale Lage mit der Nähe zur City, zum Bürgerpark und ins grüne Blockland, vor allem aber die gute Mischung zwischen urbanem Angebot und quasi dörflichem Ambiente. „Findorff ist einer der sozialsten und schönsten Stadtteile Bremens“, lautet das Fazit in einem Kommentar. „Ich liebe es, hier zu leben!“. Die Kehrseite: Wohnraum zu finden und mit einem durchschnittlichen Einkommen bezahlen zu können – das wird in Findorff immer schwieriger.

Kommentare, Kritik, Wünsche und Anregungen

Ein Auszug aus den über 2800 eingegangenen Anmerkungen, die die Umfrage-Teilnehmer frei formulieren konnten:

• In Findorff fehlen Cafés und weitere gastronomische Angebote. Leider steigt die Zahl an Kiosken, Shisha-Bars und Shops, Candy-Shops und weiteren Etablissements, die definitiv keinen Mehrwert für die Anwohner haben, sondern meistens von Ortsfremden besucht werden.

• Recyclingstation wieder so betreiben wie vor der Reform. So ist sie völlig unökologisch.

• Ein Bürgertreffpunkt wie beispielsweise in Hemelingen oder im Steintor fehlt.

• Findorff ist eines der am dichtesten bebauten Quartiere in Bremen. In den Wohnstraßen gibt es kaum Grün und wenig Bäume. Angesichts der Klimakrise und der verstärkt kommenden Hitzesommer muss viel mehr Grün in den Stadtteil gebracht werden. Neue Baumstandorte müssen geschaffen werden, dafür müssen auch mal Parkplätze weichen.

• Es fehlen – wie in fast jedem Stadtteil in Bremen – ausreichende Hundefreilaufflächen.

• Findorff könnte ein sehr lebenswerter Stadtteil sein, wenn nicht der öffentliche Raum im Quartier durch den zunehmenden Autoverkehr massiv beeinträchtigt wäre. Gehwege sind zugestellt und nicht mehr nutzbar.

• Es braucht mehr barrierearmen und -freien Raum im Stadtteil.

• Mich stört die zunehmende Rücksichtslosigkeit der Bewohner bezüglich des Umweltschutzes. Es wird viel Verpackungsmüll weggeschmissen beziehungsweise liegen gelassen. Hundekot wird nicht aufgehoben. Darauf angesprochen, reagieren die Menschen aggressiv.

• Der Jan-Reiners-Platz könnte wunderschön attraktiv gestaltet werden. Mehr Sitzgelegenheiten, schöne Bepflanzung, regelmäßige Entmüllung würden Wunder wirken und den Platz zum zentralen Treffpunkt und Verweilort mausern.

• Die Politik macht sich seit zwanzig Jahren keine Gedanken zur zukünftigen Energieversorgung im Stadtteil Findorff, insbesondere mit Wärmeenergie. Absolute Abhängigkeit von Gas.

• Ich würde mich sicherer in Findorff fühlen, wenn die Polizeiwache länger besetzt wäre.

• Findorff wird seit einiger Zeit ausschließlich mit Wohnungen gehobener Klasse zugebaut. Ich habe das Gefühl, dass die Mittelschicht hinausgedrängt werden soll.

Zur Sache

So haben wir die Werte ermittelt
Insgesamt nahmen an der Umfrage vom 17. August bis zum 18. September 6601 Menschen teil. In die Auswertung flossen die Abstimmungen jener ein, die angegeben haben, direkt in Bremen zu wohnen: Das waren 6275. Von denen waren die meisten, 42,14 Prozent, zwischen 46 und 64 Jahren alt, 33,58 Prozent waren 65 und älter, 16,88 Prozent zwischen 32 und 45, 6,12 Prozent haben ein Alter zwischen 22 und 31 Jahren. 0,8 Prozent aller Befragten waren nicht älter als 21.
In Findorff beteiligten sich 470 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Umfrage.
Auf einer Skala von 1 bis 10 konnten jeweils Noten in 14 Themenbereichen vergeben werden.
Auch Freitext-Antworten waren am Schluss der Umfrage möglich. Das nutzten viele Menschen, um zusätzliche Anmerkungen zu verfassen. Es kamen insgesamt 2801 Kommentare, Meinungen, Anregungen, Wünsche und Kritik zusammen.

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