Für Monika Bohlmann ist dieser Brief wie ein Schlag in die Magengrube. Vor Weihnachten schreibt ihr die AOK und verkündet, dass sie fast vier Jahre zu wenig Geld an die Krankenkasse überwiesen haben soll. Daraus ergibt sich eine saftige Nachzahlung von 8245 Euro – zuzüglich Zinsen, die sich auf gut 400 Euro belaufen. Als Tagesmutter kommt die 54-Jährige allerdings auf einen Netto-Lohn, der gerade so zum Leben reicht. Rund 900 Euro sind es ihren Angaben zufolge, wenn sie die maximal zulässige Zahl von fünf Kleinkindern betreut. Derzeit sind es drei.
"Das ist eine absolute Frechheit", sagt Bohlmann. In Findorff bietet sie seit mehr als 20 Jahren für Kleinkinder im Alter von ein bis drei Jahren ein zweites Zuhause. Im Souterrain ihres Hauses hat sie ein großes Spielzimmer mit Ruheecke eingerichtet. Für die wärmeren Monate gibt es einen Garten inklusive Schaukel. Das Betreuungsangebot von Montag bis Donnerstag beinhaltet zudem ein selbst gekochtes Mittagessen.
Über die gemeinnützige GmbH Pflegekinder in Bremen (Pib) erhält Bohlmann von der Stadt Bremen pro Kind und Betreuungsstunde 5,65 Euro. Formal ist sie ein Ein-Frau-Unternehmen, das mit diesen Einnahmen Kosten und Steuern begleichen muss. Die Beiträge für die Sozialversicherung übernimmt zu 50 Prozent die Stadt. "Auch die Nachzahlung an die AOK zahlt zur Hälfte Pib", sagt Bohlmann.
"Die Bearbeitung ist relativ normal abgelaufen", argumentiert Jörn Hons, Sprecher der AOK Bremen/Bremerhaven. Die Höhe der monatlichen Abschläge sei von dem Einkommen abhängig, das sich aus dem jährlichen Steuerbescheid ergebe. "Für 2021 und 2022 haben wir die Dokumente spät bekommen, nämlich am 11. Oktober 2024", sagt Hons. Die AOK habe dann auch um den Bescheid für das Jahr 2023 gebeten, der Ende Oktober nachgereicht wurde. In diesem Zuge seien auch die Beiträge für 2024 neu berechnet worden.
"Die Summe von mehr als 8000 Euro ist also in einem Zeitraum von vier Jahren entstanden", erläutert der Sprecher. Auf den Monat umgerechnet ergeben sich daraus rund 170 Euro, die Bohlmann und Pib nach Darstellung der AOK zu wenig gezahlt haben. Laut Hons ruft die Krankenkasse Betroffene in der Regel an, bevor eine Nachzahlungsforderung in dieser Höhe verschickt wird. "Dass dies unterblieben ist, tut uns leid."
Dass die Steuerbescheide für die Jahre 2021/22 bei der AOK derartig spät auf dem Schreibtisch lagen, ist allerdings nicht unbedingt der Tagesmutter anzukreiden. Bohlmann hat nämlich einen Steuerberater. "Vielleicht liegt die Schuld zu 50 Prozent beim Steuerberater", mutmaßt die Tagesmutter.
Vorgeschlagen wurde ihr von der AOK eine Ratenzahlung von 105 Euro pro Monat. Mit einem Anwalt hat sie Widerspruch eingelegt. Nun muss der entsprechende Ausschuss der Krankenkasse über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Arbeit mit den Kleinkindern macht Bohlmann trotzdem Spaß: "Es gibt mir so viel, die Kleinen aufwachsen zu sehen."