Der Bürgerverein Findorff lädt für Freitag, 29. November, 18 Uhr, zu seiner Jahreshauptversammlung ins Gemeindezentrum der Martin-Luther-Gemeinde. Es könnte eine der letzten ihrer Art sein. Mit einer Satzungsänderung sollen die Weichen für die Zukunft gestellt werden. In den kommenden beiden Jahren wird sich herausstellen, wie – und ob – es mit dem Verein weitergehen kann. Die größte Sorge gilt dabei der Jan-Reiners-Lok. Ihr Erhalt für Findorff ist das primäre Ziel. Der Vereinsvorstand hofft, dass sich Menschen finden, die dieses Erbe antreten.
Die erste Änderung der Satzung, die im Rahmen der Versammlung beschlossen werden soll, betrifft die unmittelbare Zukunft, erklärt die Vereinsvorsitzende Birgit Busch: Der Passus, dass Vorstandsmitglieder mit Vollendung des 80. Lebensjahres aus dem Vorstand ausscheiden müssen, wird gestrichen – er sei ein Relikt uralter Zeiten und nicht nur altersdiskriminierend, so Busch. „Wir würden damit sofort mehrere engagierte Vorstandsmitglieder verlieren.“ Noch einmal will sich der amtierende Vorstand – das sind neben Busch der zweite Vorsitzende Otto Bremicker, Schriftführerin Hildegard von Thenen sowie die Beisitzer Uwe Grote, Anke Hauke, Gottfried Piaskowsi und Alfred Schindler – für die kommenden beiden Jahre bestätigen lassen. Als Kassiererin wird Karin Grohn nachrücken. Ob sich Nachfolger finden lassen: Das ist hier die Frage. „Wir müssen diese zwei Jahre nutzen, um neue Leute zu finden“, sagt Busch.
Mitgliederzahl hat sich halbiert
Völlig verändert haben sich auch die Aufgaben des Bürgervereins, der 1902 als „Anwalt der kleinen Leute“ gegründet wurde, in Zeiten, in denen Bürgerinnen und Bürger keine politische Vertretung und kein Mitspracherecht hatten. Der Bürgerverein übernahm diese Rolle und setzte sich zum Beispiel dafür ein, dass im jungen und rasant wachsenden Quartier eigene Schulen, ein Polizeirevier und ein Postamt eingerichtet wurden, dass die wichtigen Straßen gepflastert und beleuchtet, Sport- und Spielstätten für die Bewohner angelegt wurden und die Vorstadt einen Anschluss ans Bremer Straßenbahnnetz bekam.
Soziales Engagement für die bedürftigen Bewohner war ein wichtiger Teil der Bürgervereins-Arbeit. Ende der 1950-er Jahre war die Mitgliederzahl auf fast 1300 gestiegen, der Bürgerverein veranstaltete Bälle für die Findorffer Jugend im Park-Hotel und lud zu Laternenumzügen ein, denen regelmäßig bis zu 2000 Kinder folgten. Viele der originären Aufgaben wurden längst von anderen Institutionen, Vereinen und Initiativen übernommen. Viele Bürgerinnen und Bürger, gut vernetzt und digitalisiert, wüssten sich zudem heutzutage selbst zu helfen, erklärt Busch.
Die Laternenumzüge wurden in den vergangenen Jahren eingestellt. Der festliche Empfang der Torfkahn-Armada, den der Verein seit 2005 in dreijährigem Turnus ausrichtete, wurde im vergangenen Jahr vom Verein der Findorffer Geschäftsleute übergeben. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hat sich die Mitgliederzahl auf rund 300 halbiert. „Wir machen uns nichts vor: Wir sind ein Verein älterer Menschen geworden“, so die 68-Jährige, die dem Verein seit fast 20 Jahren vorsteht. „Die Welt hat sich in den vergangenen 125 Jahren komplett verändert.“
Erhalt und Pflege als Hauptaufgabe
Die wichtigste Satzungsänderung betrifft daher den Vereinszweck. Frühere politische und soziale Funktionen, die heute kaum oder gar nicht mehr nachgefragt werden, wurden aufgegeben. Primärer Vereinszweck soll künftig der Erhalt und die Pflege des „Vereinseigentums“ sein – und das sind neben dem Springbrunnen an der Hemmstraße, dem historischen Wanderweg und dem Torfkahn-Modell am Torfhafen vor allem die Jan-Reiners-Lok.
Seit 1967 übernehmen Vereinsmitglieder ehrenamtlich die Reinigung, Pflege und kleine Wartungsarbeiten. Nach der letzten umfassenden Sanierung in den Jahren 2019 bis 2021 in der Werkstatt des Deutschen Eisenbahn-Vereins in Bruchhausen-Vilsen ist die Lok zwar wieder gut in Schuss. Doch auch in Zukunft wird die Antiquität – die fast genauso viele Jahre zählt wie der Bürgerverein – pflegebedürftig bleiben. „Unser Wunsch wäre es, dass sich Menschen finden, die sich bereiterklären, die Pflege und Wartung zu übernehmen“, erklärt Busch. Das wichtigste Vereinsziel sei es, das „Wahrzeichen Findorffs“ im Stadtteil zu halten. Denn Begehrlichkeiten gäbe es, weiß die Vereinsvorsitzende: „Es gibt Interessenten, die die Lok mit Kusshand übernehmen wurden.“