Grün! Das böse Wort ist gefallen. Die Schuldigen sind gefunden. Der zuvor schon in Rage geratene Besucher des Aktionstages „Mobil in Oslebshausen“ auf dem Regine-Hildebrandt-Platz ist nun nicht mehr zu halten. Dabei möchte Michael Osigus vom Büro HBI Hiller und Begemann lediglich auf die räumliche Begrenztheit aufgrund des Baum- und Buschbewuchses hinweisen. Das Grün soll unverändert bleiben. Darauf könnte der Verkehr nicht ausweichen, wenn die Kreuzung Oslebshauser Heerstraße/Ritterhuder Heerstraße/Oslebshauser Landstraße denn umgestaltet werden würde. Und auch Osigus´ eingebrachter Einwurf, generell seien perspektivisch eher weniger Autos wünschenswert, trägt nicht zur Beruhigung bei. Geradezu absurd erscheint da der Vorschlag, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, „ich arbeite bei den Stahlwerken“, sagt der aufgebrachte Bürger lautstark, die vier Kilometer scheinen unüberwindlich.
Unüberwindlich erscheint aber auch die besagte Kreuzung. Unter anderem ein Fußverkehrscheck im Rahmen des Aktionstages soll es an den Tag bringen: Wo hapert es im Umfeld des Regine-Hildebrandt-Platzes? Stände etwa vom ADFC, der Polizei mit Fahrradkodierungen, dem Verein „Fuss“ und dem VCD Bremen, der sich selbst „Verkehrswendeclub“ nennt, sind ebenfalls beim Aktionstag dabei. Und auch ein Infostand mit Erklärungen, Grafiken und der Möglichkeit einer Meinungsäußerung zum Thema ist vorhanden.
Kreuzung im Fußverkehrscheck
Doch zunächst der Fußverkehrscheck. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind Rollstuhlfahrer, aber auch Fußgänger, die sich für die unmittelbare Erfahrung Rollatoren und Rollstühle ausleihen können. Sie gehen und rollen durchs Quartier, sind verwirrt ob der unübersichtlichen Pflaster-Asphaltdecke. Wo ist der Fußweg Am alten Sportplatz? Ein kleiner Stichweg am Straßenende ist geschottert und uneben, für die Rollstuhlfahrer sehr schlecht bis gar nicht zu befahren. „Ich bin hier nicht erwünscht“, das signalisiere ihr dieser Weg, meint eine Rollstuhlfahrerin. Die mit viel Mühe erreichte Oslebshauser Heerstraße schafft mit einer Ampel zwar eine Querungshilfe. Und doch sagt eine Teilnehmerin: „Ich würde die Straße hier nicht überqueren, weil die Markierung nicht durchgängig ist.“ In der Tat hören die weißen Striche einfach irgendwo auf der stadteinwärtigen Seite der Straße auf.

Stände etwa von der Polizei mit Fahrradkodierungen, vom ADFC, dem Verein „Fuss“ und dem VCD Bremen waren beim Aktionstag dabei.
Zentraler Dreh- und Angelpunkt des Verkehrs, aber auch der Aufregung der vergangenen Jahre: die Kreuzung. Hier gibt es verschiedene Meinungen, von „die Kreuzung muss bleiben“ bis „die Kreuzung ist kacke“ ist alles vertreten. Die Kreuzung macht es der Gruppe jedoch nicht einfach. Stadtauswärts schafft sie es zwar über die erste Straße, doch nach zwei Schritten auf der eigentlichen Hauptstraße springt die Ampel auf Rot um. Verunsicherung macht sich breit, einige hüpfen noch rüber, so schnell es eben geht, andere bleiben auf der kleinen Verkehrsinsel stehen. „Die Ampelschaltung wurde anhand der Studie als Schwäche erkannt“, sagt dazu Kim Vivien Hanke von der Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung, die zusammen mit ihrer Kollegin Sandra Reinert den kleinen Rundgang moderiert. „Dass die Kreuzung nicht symmetrisch ist, ist ein Manko“, führt sie weiter aus – „und wir wollen versuchen, die Zufahrten kompakter zu machen.“
Von der Autobahn zum Hafen
Zentral jedoch und bereits auf der Beiratssitzung im September des Jahres 2022 diskutiert wurde die Aufhebung der Möglichkeit, von der Oslebshauser Landstraße in die Ritterhuder Heerstraße und umgekehrt fahren zu können. Denn bislang rollt der Verkehr von der Autobahn bis zum Hafen quer durchs Quartier, einer Verkehrszählung zufolge sollen es täglich Tausende Fahrzeuge sein. Die Studie sieht nun folgendes vor: „Lediglich die Oslebshauser Landstraße ist ,nur´ noch als rechts-rein/rechts-raus-Beziehung an die Oslebshauser Heerstraße angebunden“, was bedeutet, dass eine Durchfahrt von der Autobahn zum Hafen nicht mehr möglich sein soll.

Die Oslebshauser konnten auf diversen Stellwänden ihre Meinung zum Vorhaben deutlich machen.
Neue Wege werden vorgeschlagen, sie führen zum Beispiel über die Finkenbergstraße und Auf den Heuen auf die Oslebshauser Heerstraße. Dort soll es dann an der Kreuzung möglich sein, nach links in Richtung Autobahn abzubiegen. Dort liegen wiederum auch diverse Einkaufsmöglichkeiten für die Oslebshauser Einwohner. Übereinstimmend sagen drei Teilnehmer des Rundgangs: „Wir sind gegen diese Planungen und finden das alles schrecklich. Die Leute haben sich zwar viele Gedanken gemacht, nur leider, ohne die Bevölkerung zu fragen.“
Es sei lediglich eine Studie, sagt daraufhin Kim Vivien Hanke, eine mögliche Idee. „Doch so, wie die Kreuzung ist, ist sie nicht barrierefrei und nicht ungefährlich“, meint sie, „es ist nur eine städtebauliche Studie und die Planung steht noch am Anfang.“ Die Oslebshauser auf dem Platz scheinen das anders zu sehen, eine meinungsbildende Umfrage auf diversen Stellwänden bringt zum Vorschein, dass die überwiegende Mehrheit das ganze Vorhaben ablehnt. „Das ist alles nicht so ausgewogen, weil die Straßen im Umfeld noch nicht so richtig angeschaut wurden", meint auch Anwohner Klaus-Dieter Wolf.
Michael Osigus vom Ingenieurbüro HBI sagt dazu, „das ist eine Kröte, die die Menschen schlucken müssten, dass sie dann eine Minute länger fahren. Doch dadurch bekäme man den Durchgangsverkehr weg.“ Die Studie sei darüber hinaus lediglich ein erster Aufschlag, um in die Diskussion zu kommen. „Es sind ganz viele Maßnahmen, die wir entwickelt haben. Es ist nicht nur die Kreuzung, doch heute dreht sich leider das meiste um den Knotenpunkt.“