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Mobilitätswende Der Fokus geht vom Auto weg

Wie kann Oslebshausens Hauptkreuzung so umgestaltet werden, dass es keinen Durchgangsverkehr mehr gibt? Experten haben dazu einen Vorschlag gemacht, der nicht bei allen gut ankommt.
26.09.2022, 09:00 Uhr
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Der Fokus geht vom Auto weg
Von Anne Gerling

Sie ist unübersichtlich, produziert täglich lange Autoschlangen und kann von Fußgängern und Radfahrern nur sehr umständlich und mit viel Zeit überquert werden: Die zentrale Kreuzung in Oslebshausen –  dort, wo Oslebshauser Heerstraße, Ritterhuder Heerstraße und Oslebshauser Landstraße aufeinandertreffen  – ist dem Gröpelinger Beirat seit Jahren ein Dorn im Auge. Um dort vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer besser zu schützen, hatten Ortspolitik und eine Unternehmerinitiative vor vielen Jahren ein Verkehrsbüro damit beauftragt, geeignete Lösungen zu erarbeiten. Dieses empfahl 2009 den Bau eines Kreisels, der unter anderem aus Kostengründen nie realisiert wurde.

2014 war die „Aufwertung der Oslebshauser Heerstraßenkreuzung“ dann mit ins Integrierte Entwicklungskonzept (IEK) Gröpelingen aufgenommen worden, über das eine städtebauliche Studie finanziert werden konnte. Darin werden verschiedene Maßnahmen zur Änderung der Verkehrsführung und zur Verbesserung der Situation vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund der Mobilitätswende geht es nun neben dem Sicherheitsaspekt dabei vor allem darum, das Überqueren der Kreuzung mit dem Fahrrad oder zu Fuß unkomplizierter und bequemer zu machen. Denn nur wenn es gute und attraktive Fuß- und Fahrradwege gibt, haben Menschen einen Anreiz, ihr Auto auch mal stehen zu lassen oder es im Idealfall sogar eines Tages ganz abzuschaffen.

Idee hat Konsequenzen

Die nach Ansicht der Planer wirkungsvollste und zentrale Maßnahme ist am Mittwoch im Bürgerhaus Oslebshausen ausführlich vorgestellt worden: Der Umbau der Kreuzung. „Wir wissen, dass diese Idee Konsequenzen hat. Wir wollen von Ihnen wissen, wo Schwachstellen sind und hoffen grundsätzlich auf Ihre Bereitschaft, das neu zu denken“, sagte dazu Charlotte Herbst vom Büro BPW Stadtplanung.

Eine Dreiviertelstunde lang hörten die rund 30 Besucherinnen und Besucher ihr und Michael Osigus vom Büro HBI Hiller und Begemann aufmerksam zu. Dann fiel der entscheidende Satz und es machte sich Unruhe im Saal breit. „Nur rechts rein und rechts raus“, empfehlen die Planer nämlich für den Autoverkehr auf der Oslebshauser Landstraße. Von der Heerstraße aus soll es also an der Kreuzung nur noch aus Richtung Grambke in sie hineingehen und aus ihr heraus nur noch nach rechts in Richtung Innenstadt.

Umweg zum Supermarkt

Auf diese Weise würde zwar der unerwünschte Durchgangsverkehr zwischen Autobahn und Hafenrandstraße unterbunden, der laut Verkehrszählung täglich Tausende Fahrzeuge ausmacht. Die neue Regelung hätte aber auch Auswirkungen auf diejenigen Anwohnerinnen und Anwohner, die regelmäßig mit dem Auto zum Einkaufen fahren: Statt wie bisher von der Oslebshauser Landstraße über die Kreuzung in die Ritterhuder Heerstraße hineinzufahren, müssten sie einen Schlenker durch die Straße Auf den Heuen machen. „Das sind 150 bis 200 Meter mehr für Sie.  Dafür hätten Sie den Durchgangsverkehr nicht mehr in Ihrem Quartier“, so Osigus. Da die Wartezeit an der Hauptkreuzung entfällt, wäre dieser Weg sogar fast eine Minute schneller, wie Berechnungen ergaben.

Plan kommt nicht gut an

Die Idee kam trotzdem erstmal gar nicht gut an. „Wir wollen doch die Situation für die, die hier wohnen, nicht verschlechtern, nur damit die, die hier durchfahren, das nicht mehr tun können. Da muss eine andere Lösung her“, wandte etwa Anwohnerin Petra Wontorra ein. Und Zuhörerin Ulrike Winge warnte: „Ich befürchte, dass wir dann Am Nonnenberg und in der Stubbener Straße den Verkehr bekommen, der vorher in der Landstraße war.“ „Ältere Menschen sind darauf angewiesen, geradeaus über die Kreuzung zu fahren“, betonte die SPD-Beiratspolitikerin Gabriela Grosch, die vorschlug, lieber den Tunnel an der Ecke Oslebshauser Landstraße / Beim Industriehafen zu sperren. So würde der Durchgangsverkehr zwischen Autobahn und Hafenrandstraße verhindert,  und die Oslebshauser Landstraße müsste nicht abgehängt werden. „Für mich ist ein Kreisverkehr immer noch günstiger als das, was sie hier vorgestellt haben. Es kann nicht sein, dass man Schleichwege durch Wohnstraßen nimmt, wenn man zum Einkaufen fährt“, unterstrich wiederum Beiratspolitiker Rolf Vogelsang (SPD).

Und nun? Claus Gieseler vom Referat Stadtumbau möchte die Diskussion im Beirat fortsetzen: „Das ist das Gremium, das die Bevölkerung  gegenüber der Verwaltung vertritt. Ihre Bedenken haben wir gehört, da müssen wir gucken, wie wir damit umgehen.“ Der Fokus gehe weg vom Auto, so Charlotte Herbst. Aber die Anbindung an die Geschäfte werde besser, wenn auch eher per Fahrrad: "Wir sind an einem Wendepunkt. Das tut allen weh, aber wir müssen uns irgendwie verändern. Ich erwarte nicht, dass Sie morgen aufs Lastenrad steigen. Aber ich möchte Sie einladen, Veränderungen nicht nur mit Angst und Schrecken zu begegnen."

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