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Schrottimmobilie Bremer Koschnick-Haus: „Beim nächsten Sturm könnte es Verletzte geben“

Der Eigentümer des sogenannten Koschnick-Hauses war nicht zur Verhandlung erschienen. Ein Urteil hat das Verwaltungsgericht trotzdem gesprochen.
24.02.2025, 15:56 Uhr
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Von Marc Hagedorn

Der Herr kommt mit seinem Hund nicht zum ersten Mal an dieser Stelle vorbei. Er schaut schon gar nicht mehr zur Seite. „Ein Schandfleck“, sagt der Mann nur, „wird Zeit, dass der wegkommt.“ Der „Schandfleck“ ist vier Stockwerke hoch und befindet sich in der Geeststraße 134 in Gröpelingen. Die Glasscheiben in dem Gebäude sind zersplittert oder die Fensterrahmen gleich komplett ausgebaut. Ganz oben ist der Stein rußgeschwärzt, Putz blättert von der Wand, die Haustür ist mit einer Holzplatte vernagelt.

Ein Bauzaun, an dem angeknabberte Gehwegplatten lehnen, erschwert das Betreten des verwilderten Grundstücks. Ein rundes blaues Schild weist auf den prominenten früheren Bewohner des Hauses hin. Bremens ehemaliger Bürgermeister Hans Koschnick hat hier bei seinen Großeltern mit Unterbrechungen zwischen 1934 und 1954 als Kind und als junger Mann für einige Zeit gelebt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das sogenannte Koschnick-Haus in absehbarer Zeit verschwindet, ist seit Montag deutlich größer geworden. Das Verwaltungsgericht hat geurteilt, dass der Eigentümer das marode Gebäude abreißen muss. Es ist eine Art Etappensieg für die Baubehörde in einer Angelegenheit, die sich über mehrere Jahre zieht.

Im Mai 2022 hatte die Stadt den Abriss der seit Jahrzehnten leer stehenden Immobilie verfügt. Dagegen hatte der Eigentümer geklagt. Das Verwaltungsgericht hat jetzt entschieden, dass die Anordnung zum Abriss rechtens ist. Das heißt: Wenn der Eigentümer gegen dieses Urteil in den nächsten vier Wochen keinen Einspruch einlegt, muss er innerhalb von fünf Monaten mit den Abrissarbeiten beginnen. Lässt er die Bagger in dieser Zeit nicht anrollen, droht ihm eine Zwangsgeldzahlung in Höhe von 10.000 Euro.

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Unter den Zuschauern in Saal 5 im Justizzentrum am Wall sind an diesem Vormittag mehrere Anwohner und Gröpelinger Bürger, unter anderem Christina Vogelsang und Andreas Lieberg. Die beiden hatten vor knapp drei Jahren eine Petition zum Abriss des Gebäudes auf den Weg gebracht, die 123 Menschen unterschrieben haben. Sie sind zufrieden mit dem Urteil, auch wenn es noch Monate dauern kann, bis auf dem Grundstück tatsächlich etwas passiert.

Derjenige, der Auskunft über das weitere Vorgehen geben könnte, ist nicht im Saal. Der Eigentümer des Hauses ist zur Verhandlung nicht erschienen und hat auch keinen Anwalt geschickt. Die Vorsitzende Richterin scheint davon nicht sehr überrascht zu sein. Als sie zu Prozessbeginn die Geschichte des Falls in groben Zügen rekonstruiert, wird deutlich, dass die Zusammenarbeit mit dem Eigentümer, der im Bremer Umland wohnen soll, kompliziert sein muss. Mehrfach habe er auf Terminverlegungen gedrängt und auch ärztliche Atteste vorgelegt, sagt die Richterin, allerdings nie eine Bescheinigung darüber, verhandlungsunfähig zu sein. „Jetzt ist es an der Zeit, die Sache zu Ende zu bringen.“

Nach Einschätzung des Gerichts habe der Kläger in der Vergangenheit nicht nachgewiesen, ein ernsthaftes Interesse an einer Sanierung zu haben. Ein öffentliches Interesse, das gegen den Abriss stehe, gebe es nicht.

Die Dringlichkeit einer Entscheidung machte ein Statiker der Baubehörde vor Gericht deutlich. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis größere Bauteile herunterfallen“, sagte der Mann, „das Haus ist zwar nicht akut einsturzgefährdet, aber beim nächsten Sturm könnte es Verletzte geben.“ Jede Etage des Hauses sei so durchfeuchtet, dass eine Instandsetzung inzwischen nicht mehr infrage komme.

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Seit mindestens 25 Jahren, Anwohner sprechen sogar von den 1980er-Jahren, ist das Gebäude in der Nähe der Straßenbahnhaltestelle Goosestraße nicht mehr bewohnt. 2000 war es in Brand geraten. Nach einem ersten Baustopp 2001 hatte die Behörde 2003 eine Baugenehmigung zur Beseitigung der Brandschäden erteilt. Bei einem Vor-Ort-Termin im Jahr 2011 wurden dann aber so große Mängel entdeckt, dass ein erneuter Baustopp die Folge war. Im Mai 2021 hätten Bautechniker weitere erhebliche Mängel festgestellt, die auch „für Laien erkennbar“ waren, wie die Richterin formulierte.

Darüber, was nach einem Abriss mit der Freifläche geschehen könnte, machen sich interessierte Bürger und die Initiative von Christina Vogelsang und Andreas Lieberg schon länger Gedanken. Ein Wohnheim für Studierende oder Auszubildende könnte eine Möglichkeit sein. Denkbar wäre auch, das Gebiet etwas größer zu denken. Schließlich kann die Ecke Werftstraße/Goosestraße als Eingangsbereich in das Lindenhof-Quartier gelten und damit als eine Art Visitenkarte des Ortsteils.

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