Fast acht Monate sind vergangen, seit sich entnervte Anwohnerinnen und Anwohner aus dem Lindenhofviertel zur Initiative „Koschnick-Haus“ zusammengeschlossen und eine Petition an die Bremische Bürgerschaft auf den Weg gebracht haben. Die Kernforderung der Petition, die von 123 Menschen unterzeichnet wurde: Die Senatorin für Stadtentwicklung soll den Abriss des sogenannten Koschnick-Hauses an der Geeststraße 134 veranlassen. Das seit mindestens Oktober 1986 leer stehende und mittlerweile vermutlich stadtbekannte Objekt gammelt seither vor sich hin.
Eine Begehung der Baubehörde mit Architekten hatte ergeben, dass es sich bei dem Gebäude um eine Bauruine handelt, die nicht wieder zu Wohnzwecken instandgesetzt werden kann.
Petition nicht abgeschlossen
Die Petition habe bislang nicht abgeschlossen werden können, teilt Claas Rohmeyer, Vorsitzender des Petitionsausschusses, mit: „Wir haben die Petition im Moment auf Eis liegen, denn es gab eine Klage beim Verwaltungsgericht.“ Mit einer Entscheidung noch in diesem Jahr sei eher nicht zu rechnen.
Diese Einschätzung teilt auch Jens Tittmann, Sprecher der Baubehörde. Dort war vor mehreren Monaten geprüft worden, ob die Stadt die Immobilie erwerben könnte, um sie abzureißen und anschließend auf dem Grundstück etwas Neues zu entwickeln. Verfallen ungenutzte Gebäude, kann die Bauaufsicht den Abriss anordnen. „Da der Eigentümer nicht verkaufsbereit war, hat die Stadt eine Abrissverfügung erlassen. Dagegen hat der Eigentümer Widerspruch eingelegt, den wir abgelehnt haben. Dagegen wiederum hat der Eigentümer geklagt“, schildert Tittmann, was sich in den vergangenen Monaten hinter den Kulissen getan hat.
Sanierung ist sinnlos
Bei dem Gebäude handelt es sich um das Haus von Hans Koschnicks Großeltern, in dem Bremens Alt-Bürgermeister zwischen den Jahren 1934 und 1954 einen großen Teil seiner Kindheit und Jugend verbracht hatte. Die Entwicklung zur Problemimmobilie war ein langer und schleichender Prozess: Nachdem an dem Haus im Oktober 1986 Baumaßnahmen ohne entsprechende Erlaubnis vorgenommen worden waren, hatte die Behörde ein Bauverbot erlassen. Nach Erteilung einer Baugenehmigung im Mai 1987 fanden dann bis zum Jahr 2000 verschiedene Arbeiten an dem Gebäude statt, die schließlich durch einen Brand zum Stillstand kamen. Nach Einschätzung des Eigentümers war der dadurch entstandene Schaden so groß, dass eine Sanierung der Immobilie keinen Sinn machte. Er setzte dann aber dennoch verschiedene Arbeiten am Gebäude fort – unter anderem wurde das Gebäude aufgestockt - woraufhin die Baubehörde im März 2001 erneut ein Bauverbot aussprach, da sie die Maßnahmen durch die 1987 erteilte Baugenehmigung nicht gedeckt sah.
Unzulässige Aufstockung
Im September 2003 wurde schließlich die Baugenehmigung für die Aufstockung erteilt – die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rahmenbedingungen wurden in den darauffolgenden Jahren jedoch geändert, sodass die beabsichtigte Aufstockung des Gebäudes heute planungsrechtlich nicht mehr zulässig ist. Aufgrund der zögerlichen Bautätigkeiten von 2005 bis 2017 sei nicht zu erkennen, „dass eine Baufertigstellung in den Jahren 2003 bis 2012 ernsthaft verfolgt und angestrebt wurde“, heißt es in einem Schreiben des Bauressorts. Da außerdem mindestens seit 2017 an dem Gebäude keine Baumaßnahmen durchgeführt wurden und die Arbeiten somit länger als ein Jahr unterbrochen gewesen seien, sei die 2003 erteilte Baugenehmigung erloschen. 2018 war im Zuge des integrierten Entwicklungskonzepts (IEK) Gröpelingen versucht worden, gemeinsam mit dem Eigentümer eine Lösung zu finden – vergeblich. Nachdem sich im Mai 2021 an der Fassade Steine gelöst hatten, wurden schließlich erhebliche Bau- und Sicherheitsmängel festgestellt. Wände und Decken sind demnach nur noch bedingt tragfähig – eine Sanierung wurde dementsprechend als wirtschaftlich nicht sinnvoll bewertet.
In der Nachbarschaft des Gebäudes mache sich allmählich Resignation breit, weil sich trotz der Petition in der Sache bislang scheinbar nichts bewege, ist aus dem Lindenhofquartier zu hören. Und dass zwischenzeitlich ein Haus in der Gegend mit großem Wertverlust verkauft worden sei. Die Initiative „Koschnick-Haus“ hätte es eigentlich begrüßt, wenn das Gebäude hätte erhalten werden können. Da dem nicht so sei, solle dort aber zumindest in einer würdigen Umgebung an den ehemaligen Bürgermeister erinnert werden, hieß es in der Petition. Petent Andreas Lieberg – sozusagen Wahl-Gröpelinger aus Überzeugung – hätte auch schon eine Idee, was nach dem Abriss auf dem Grundstück gebaut werden sollte: „Ein Studentenwohnheim – denn das fehlt hier bislang, dass auch mal Studierende hierherkommen. Ein Wohnheim wäre schon gut, das ist aber noch Zukunftsmusik.“