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Jugendbeteiligung Neueinsteiger sind jederzeit willkommen

Was machen eigentlich Jugendliche in Gröpelingen in ihrer Freizeit? Das neue Jugendforum möchte die Interessen junger Leute stärker in den Fokus der Stadtteilentwicklung rücken.
08.08.2022, 10:00 Uhr
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Neueinsteiger sind jederzeit willkommen
Von Anne Gerling

Für Viktoria, Melek und Pelin fingen die Sommerferien dieses Jahr mit einer Überraschung an. Bei der Mensa-Show, mit der in der Gesamtschule West (GSW) traditionell die großen Ferien eingeläutet werden, holte Schulleiter Matthias Schmuhl die drei Zehntklässlerinnen unabgesprochen auf die Bühne. Dort gab es für sie dann drei Urkunden: Als Dankeschön und Anerkennung dafür, dass sie sich seit einiger Zeit in Gröpelingens neuem Jugendforum engagieren. „Ihr müsst da dran bleiben“, habe der Schulleiter ihnen mit auf den Weg gegeben, erzählen die Mädchen: „Herr Schmuhl war von Anfang an unser Supporter Nummer eins. Den anderen Schülerinnen und Schülern hat er geraten, sich an uns zu wenden, wenn sie was über Politik wissen wollen.“

Dranbleiben an der Entwicklung Gröpelingens, an der Stadtteilpolitik und an Projekten speziell für junge Leute –  das wollen die drei Sechzehnjährigen auf jeden Fall. Ebenso wie Özgür (15), mit dem sie sich im Apfelkulturparadies zum Picknick getroffen haben.

Wunsch nach Treffpunkten

Wo sie ansonsten gerne ihre Freizeit verbringen? In der City, in der Waterfront oder auf der kleinen Werftinsel direkt dahinter, im Skatepark in der Überseestadt und beim Strandpark Waller Sand zum Beispiel. Direkt in Gröpelingen gebe es leider nicht viele interessante Orte für junge Leute, findet Özgür: „Wir würden gerne Plätze haben, wo wir uns treffen können. Aber die Plätze hier sind entweder voll mit Kindern oder vermüllt.“ An manchen Treffpunkten gebe es außerdem häufiger mal Stress oder sogar Schlägereien –  klar, dass man um die lieber einen Bogen macht.

Gemeinsam mit anderen Jugendlichen im Alter von 13 bis 18 Jahren, die in Gröpelingen wohnen oder dort zur Schule gehen, wollen sich die Mitglieder des neuen Jugendforums deshalb nun unter anderem darum kümmern, Projekte für ihre Altersgruppe anzustoßen. Vor einiger Zeit haben sie mit selbst gestalteten Flyern zu einem Ideenwettbewerb aufgerufen: Wer Vorschläge für konkrete Projekte für Herbst und Winter vorschlagen möchte, kann sich bis zum 21. September per E-Mail oder Instagram melden.

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„Ich war schon immer politisch interessiert, habe viel Nachrichten geschaut und auch schonmal bei einem Workshop vom SOS Kinderdorf mitgemacht“, erklärt Pelin, warum sie schon vor Corona einer Einladung des Gröpelinger Beirats zum Thema Jugendbeteiligung ins Quartiersbildungszentrum (QBZ) Morgenland gefolgt war. Dort traf sie auf andere Jugendliche, die ähnlich dachten: „Wir hatten alle Lust, etwas in Gröpelingen zu verändern, weil wir oft negative Kommentare zu hören bekommen. Zum Beispiel, dass es hier so dreckig ist und dass hier nur schlechte Menschen leben.“

Dies betreffe einerseits Leute, die selbst im Stadtteil leben. Melek hat aber auch schon Jugendliche aus anderen Stadtteilen kennengelernt, die offenbar bestimmte Klischees mit Gröpelingen verbinden. Bei einem Workshop habe sie eine Flasche mit einem Feuerzeug geöffnet, erzählt Melek: „Und ein Junge aus Horn meinte sofort: ‚Das war ja klar, du kommst ja schließlich aus Gröpelingen.‘“

Film über Catcalling

Seit März ist das Jugendforum offiziell vom Gröpelinger Beirat anerkannt. Im Juli haben die Jugendlichen beim Tag der offenen Tür im QBZ mit Kindern und Jugendlichen Jutebeutel mit dem von ihnen selbst entworfenen Jugendforum-Logo bedruckt. Aktuell arbeitet die Gruppe an einem Film über „Catcalling“, also sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit etwa durch Hinterherrufen oder -pfeifen oder anzügliche Geräusche. „Ich finde, das wird zu wenig besprochen. Und wenn, dann wird es ins Lächerliche gezogen. Wir wollten zeigen, dass das nicht in Ordnung ist“, sagt Pelin.

Im Gegensatz zu einem Jugendparlament, das von den Jugendlichen im Stadtteil für einen bestimmten Zeitraum gewählt wird, ist das Jugendforum eine offene Gruppe, zu der Interessierte jederzeit hinzustoßen können. Das ist nach Ansicht der Jugendlichen die ideale Organisationsform für alle, die sich ungern für längere Zeit festlegen wollen, sich aber trotzdem engagieren möchten. Um noch andere Engagierte mit ins Boot zu holen, hatte die Gruppe zuerst alle achten, neunten und zehnten Klassen der GSW besucht und dort das Jugendforum vorgestellt. Vor den Sommerferien waren sie dann auch in der Neuen Oberschule Gröpelingen (NOG) unterwegs. Mit einem super Ergebnis, findet Özgür: „Da haben wir vier Leute mit reingeholt.“

Das Jugendforum – eine Gruppe ohne Chef

Untereinander wird zum Beispiel per Whatsapp kommuniziert, aktuell hat die Gruppe dort 16 Mitglieder. Was allen wichtig ist: dass das Jugendforum eine demokratische Gruppe ist. Es gibt keinen Chef und keine Chefin, bei Entscheidungen wird abgestimmt.

Die Gruppe, die Unterstützung vom Verein Kultur vor Ort bekommt und auch schon einen Workshop in der Jugendbildungsstätte Lidice-Haus gemacht hat, war im März gemeinsam mit Jugendforen und Jugendbeiräten aus der ganzen Stadt im Rathaus, um Bürgermeister Andreas Bovenschulte zu besuchen. „Wir konnten ihm Fragen stellen, er war richtig sympathisch“, sagt Özgür. Viktoria hat auf der GSW-Homepage einen Bericht über das Treffen veröffentlicht. Darin heißt es: „Der Bürgermeister begrüßt das Engagement des Jugendforums und wünscht sich, dass sich noch mehr Jugendliche in der Politik beteiligen.“ Und was wünschen sich die Gröpelinger Jugendlichen? Klare Sache, findet Pelin: „Dass wir ernst genommen werden.“

Jugendliche aus Gröpelingen, die beim Jugendbeirat mitmachen oder ein Projekt vorschlagen möchten, können sich dort über das Instagram-Konto jugendforum.groepelingen oder per E-Mail an jugendforum.groepelingen@gmail.com melden.

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