Ist die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) mitverantwortlich dafür, dass eine Immobilie mitten im Herzen von Gröpelingen seit fast zehn Jahren vor sich hingammelt? Ja, meint der Gröpelinger Beirat. Es geht dabei um einen Flachbau mit zwei Ladenlokalen an der Gröpelinger Heerstraße 211 / 211a. Um eine Adresse also, an der täglich Tausende Menschen vorbeikommen und dabei den zunehmenden Verfall des Gebäudes mitverfolgen können. Mittlerweile sind die Schaufenster von innen mit Decken verhängt beziehungsweise von außen mit Brettern vernagelt, an denen sich offenbar ein Graffiti-Sprayer ausprobiert hat. Das Scherengitter vor der Eingangstür ist versperrt, im Dachvorsprung klafft eine Lücke, am Fenstersims platzen Steine ab.
Trostloser Anblick
Kein Zweifel: Die Immobilie bietet einen trostlosen Anblick und trägt nicht gerade dazu bei, Gröpelingens Image zu verbessern. Dies hätte nach Ansicht des Stadtteilbeirats verhindert werden können, denn das Gebäude befand sich in städtischem Besitz, bevor es durch die WFB an seinen jetzigen Eigentümer veräußert wurde. Und an den Kaufvertrag war die Auflage geknüpft, das Grundstück innerhalb von vier Jahren mit einem mehrstöckigen Gebäude zu bebauen. Anderenfalls habe die WFB das Recht, den Verkauf rückgängig zu machen.
Dazu kam es bislang allerdings nicht – obwohl von einem Neubau bisher nichts zu sehen ist. Anfang November hatte deshalb der Beirat die WFB aufgefordert, den Kaufvertrag nunmehr rückgängig zu machen und der Stadtgemeinde somit wenigstens den seit dem Verkauf der Immobilie entstandenen Wertzuwachs des Grundstücks zu sichern.
„Es ist absolut untragbar, dass sich eine bremische GmbH dem Stadtteilerneuerungsprozess nicht nur aktiv verweigert, sondern aktiv dagegen handelt, einer privaten Grundstücksspekulation nunmehr seit über sechs Jahren tatenlos zusieht und dabei eine Schrottimmobilie mitten im Stadtteil hat entstehen lassen“, heißt es in dem damals einstimmig gefassten Beschluss der Ortspolitiker.
Denn: Als die WFB im Jahr 2013 den Verkauf der Immobilie vorbereitete, wurde etwa zeitgleich die integrierte Stadtentwicklung mit dem projektorientierten Handlungsprogramm („Pop“) auf den Weg gebracht, aus dem 2014 das Integrierte Entwicklungskonzept (IEK) hervorgegangen ist – ein Paket aus verschiedenen Maßnahmen, durch die der Stadtteil langfristig aufgewertet werden soll.
Eines der Ziele dabei: Die Gröpelinger Heerstraße als "Lebensader und Aushängeschild des Stadtteils" weiterzuentwickeln und aufzuwerten. Hätte in diesem Prozess die Immobilie an der Gröpelinger Heerstraße 211 / 211a eine Rolle spielen können? Tatsächlich war 2013 ein Beiratsmitglied mit dem Vorschlag an die WFB herangetreten, die Immobilie nicht zu veräußern, sondern in den städtischen Aufwertungsprozess einzubeziehen.
Dazu kam es nicht. Stattdessen wurde das Gebäude offenbar nach einer erfolglosen Ausschreibung im Jahr 2014 im September 2015 an einen privaten Investor verkauft. Dieser habe anschließend im Gebäude Hausrat, Bauutensilien und später auch Müll eingelagert, kritisieren die Gröpelinger Ortspolitiker: „Es gab keinerlei bekannte Baubemühungen.“
Dennoch sei nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Frist am 1. September 2019 diese von der WFB um weitere zwei Jahre verlängert worden, anstatt vom Rückkaufsrecht Gebrauch zu machen. Mittlerweile sind sogar mehr als sechs Jahre vergangen, ohne dass sich in der Angelegenheit sichtbar etwas tat.
Bauantrag liegt vor
Bei der WFB ist man dennoch zuversichtlich, dass das Grundstück in absehbarer Zeit neu bebaut wird. WFB-Sprecherin Andrea Bischoff: „Wir tauschen uns zum von Ihnen genannten Vorgang seit Beginn eng mit den beteiligten Ressorts aus. Der Investor hält glaubhaft an der Umsetzung des Projektes fest, Verzögerungen sind nachvollziehbar auf äußere Umstände und planerische Notwendigkeiten zurückzuführen. Es gibt daher keine Basis für eine Rückabwicklung des Kaufes.“
In seinem Haus liege ein Bauantrag für ein fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen und einem Restaurant vor, bestätigt Bauressort-Sprecher Jens Tittmann: „Der Stand des Verfahrens ist auch schon sehr fortgeschritten, da alle Stellungnahmen eingeholt wurden und sich derzeit der Brandschutznachweis beim Brandschutzprüfer befindet.“ Sobald daran anschließend noch ein Sachverständiger benannt worden sei, könne die Baugenehmigung erteilt werden.
Für die Gröpelinger Beiratspolitiker ist die Sache damit nicht erledigt. Sie wollen auf jeden Fall an dem Thema dran bleiben, ist aus ihren Reihen zu hören. Denn wie sie schon in ihrem Beschluss im November bemerkten: „Ein genehmigter Bauantrag ist noch kein fertiggestellter Bau. Und dem Stadtteilbeirat und auch der Baubehörde sind viele Fälle bekannt, bei denen trotz genehmigten Bauantrags (jahrelang) kein Neubau erfolgt.“