Wie kann Gröpelingen als Wohnort für Studierende attraktiver werden? Unter anderem darüber ist für die Fortschreibung des integrierten Entwicklungskonzepts (IEK) Gröpelingen im vorigen Jahr intensiv nachgedacht worden. Denn auch die soziale Mischung in einem Quartier spielt bei der erfolgreichen Stadterneuerung eine Rolle. Studierende bevorzugen bei der Wohnungssuche bislang aber eher andere Stadtteile.
Ein Versuch, mehr angehende Akademiker in den Stadtteil zu holen, ist das vor einem Jahr in Kooperation mit der Gewoba gestartete IEK-Projekt „Study Friends“. Darüber bekommen Studierende ein kostenloses WG-Zimmer und unterstützen im Gegenzug Schülerinnen und Schüler an der Neuen Oberschule Gröpelingen (NOG).
Ein anderer Ansatz ist, über die Hochschule Bremen Studierende anzusprechen und sie dazu anzuregen, Gröpelingens städtebauliche Potenziale zu untersuchen. Dabei kann es um den Entwurf für einen Neubau gehen – es können aber auch frische Ideen für Bestandsgebäude entwickelt werden.
So haben sich zum Beispiel unter der Überschrift „Erhalte das Bestehende!“ im Wintersemester Studierende aus den beiden Studiengängen Architektur und Zukunftsfähige Umwelt- und Energiesysteme (Zeus) unter der Leitung ihrer Professoren Michaela Hoppe, Ingo Lütkemeyer und Jürgen Knies mit einem unscheinbaren Eckhaus in prominenter Lage beschäftigt, nämlich mit der Immobilie an der Gröpelinger Heerstraße 199 unmittelbar am zukünftigen „Bürgermeister-Koschnick-Platz, das auch als Deutsche-Bank-Haus bekannt ist. Den Kontakt zwischen der Hochschule und dem Gebäudeeigentümer hatte der IEK-Gebietsbeauftragte hergestellt.
Die angehenden Architekten beziehungsweise Umwelt- und Energieingenieure sollten eine Sanierungsstrategie für das Wohn- und Geschäftshaus entwickeln, die eine attraktive Weiternutzung des Gebäudes bei möglichst geringem Energiebedarf ermöglichen soll. Dabei sollten sie auch die architektonischen, städtebaulichen und sozio- ökonomischen Rahmenbedingungen untersuchen und berücksichtigen.
Herausgekommen sind dabei sechs sehr unterschiedliche Entwürfe, die aktuell an dem für die Umgestaltung des Platzes aufgestellten Bauzaun gezeigt werden. Die Eröffnung der Ausstellung Ende August war buchstäblich ins Wasser gefallen: Starkregen sorgte dafür, dass Studierenden und Professoren das Wasser in die Schuhe lief und die Ausstellungsobjekte beinahe wegwehten. So stellten einige der Beteiligten die Arbeiten nun noch einmal in der Videokonferenz des Gröpelinger Bauausschusses vor.
Eines haben dabei alle Entwürfe gemeinsam: Die Idee, im Erdgeschoss ein Café anzusiedeln, um das Haus nach außen zum Platz hin zu öffnen. Bei der Nutzung der oberen vier Etagen und der Gestaltung der Gebäudehülle gingen die Ideen dann aber auseinander. Studentin Olivia Gieger etwa schlägt vor, die Fassade zum zukünftigen Bürgermeister-Koschnick-Platz hin zu begrünen. Dazu passend sieht ihr Entwurf neben Büros und Wohnungen in den mittleren Etagen ein Gewächshaus für Urban Gardening auf dem Dach vor.
Die räumliche Nähe Gröpelingens zur Kunsthochschule im Speicher XI in Walle wiederum hat Marvin-Tim Pientka und Helene Hartig zu ihrer Idee für ein Atelierhaus mit Lärchenholzfassade im Erdgeschoss, Keramikplatten am oberen Gebäudeteil und einem geschwungenen Dach inspiriert, das optisch ein bisschen an die Hamburger Elbphilharmonie erinnert. Die Dachform, die sich wie eine Welle in Richtung Weser erhebt, ist dabei als Reminiszenz an das IEK-Projekt „Grün-Blaue-Wege“ gemeint. Im Gebäude stellen sich die beiden Atelierwohnungen vor und ganz oben einen öffentlich zugänglichen Ausstellungsraum, dessen einziges Fenster in Richtung der Weser ausgerichtet ist – schließlich sehe das IEK an dieser Stelle ein Leuchtturmprojekt vor.
„Je höher wir uns begeben, desto privater wird es“, sagt hingegen Frederike Schons, deren gemeinsam mit René Remmert entwickelter Entwurf in den mittleren Etagen Coworking-Büros und weiter oben Wohnungen vorsieht und mit einer Kork-Fassade verblüfft. „Es ist ein prägnanter Platz und man hat einen guten Blick auf das Gebäude. Deswegen hat es eine besondere Optik verdient“, erklärt die Studentin dazu: „Kork ist ein tolles und wiederverwertbares Material.“ Als Beispiel nennt sie das Korkenzieherhaus in Berlin. Für ihren Entwurf haben die beiden außerdem die Rundungen des Ohlenhof-Carrées aufgenommen, das gerade gegenüber auf der anderen Seite des Platzes entsteht.
Ob eines Tages wohl tatsächlich einer der Entwürfe realisiert wird? Für die Studierenden, ihre Professoren und Katharina Bermpohl aus dem Referat Stadtumbau im Bauressort, die das Projekt als IEK-Verantwortliche begleitet hat, war es auf jeden Fall eine tolle Erfahrung, so Bermpohl: „Der Eigentümer hat uns alles gezeigt und ist sogar mit den Studierenden aufs Dach gestiegen.“
Die Ausstellung „Erhalte das Bestehende!“ ist voraussichtlich noch bis Ende des Jahres am Bauzaun beim Ohlenhofplatz / Bürgermeister-Koschnick-Platz zu sehen.