Mindestlohn, Mehrwertsteuer, Inflation: Wer dieser Tage die Gastronomie besucht, sieht sich mit anderen Preisen konfrontiert als noch vor ein paar Jahren. Das schlägt sich auch in den Preiskalkulationen für Veranstaltungen nieder, zu denen unter anderem Abibälle gehören. In den vergangenen Wochen feierten Tausende Bremer Schüler mit einer solchen Veranstaltung ihren Abschluss. Aber ist das finanziell heute überhaupt noch darstellbar für die Jahrgänge?
Jana Müller gehört zum Dreiergespann, das den diesjährigen Abiball der St.-Johannis-Schule in der Altstadt organisiert hat. Sie spricht von einer schwierigen Suche nach einem geeigneten Veranstaltungsort für die am Ende gut 370 Köpfe umfassende Feiergesellschaft. Mehr als zwei Monate hätten sie und das Team zahlreiche Adressen kontaktiert und seien nicht nur überrascht gewesen, wie viele von ihnen die Dauer der Feier auf maximal 1 Uhr nachts begrenzt hätten, sondern auch, wie viele überhaupt keine Abibälle mehr veranstalten wollten.
Am Ende fiel ihre Wahl nicht auf einen der altbekannten Bremer Veranstaltungsorte für Abibälle, sondern auf eine Veranstaltungshalle in der Neustadt, die sonst vor allem für türkische Hochzeiten genutzt wird. Dort hätten auch zahlreiche andere Jahrgänge in diesem Jahr gefeiert, weil die üblichen Orte im Vergleich einfach zu teuer gewesen seien, sagt die 18-Jährige. So konnte das Organisationsteam seine Tickets am Ende für 54 Euro im Jahrgang anbieten. Zwar mussten alkoholische Getränke von den Besuchern selbst als Paket dazugebucht, und die Deko musste größtenteils selbst gestellt werden, dafür war aber für ein großes Buffet und die Musikanlage gesorgt. „Wir waren zufrieden, wie es am Ende gelaufen ist“, sagt Müller.
"Das Ballgeschäft ist ein schwieriges Geschäft"
Dass die Kosten für Festveranstaltungen wie Abibälle deutlich gestiegen sind, bestätigt auch Julia Griesenbeck. Sie arbeitet im Veranstaltungsmanagement des Atlantic-Hotels an der Galopprennbahn – einer der Orte, an dem in Bremen regelmäßig Abibälle gefeiert werden. Doch in diesem Jahr waren es so wenige wie länger nicht mehr: Drei Feste hat es in den vergangenen Wochen in dem Hotel gegeben. 2023 waren es sieben, im Jahr davor acht Bälle.
„Das Ballgeschäft ist ein schwieriges Geschäft“, sagt Griesenbeck. Nicht nur müsse viel Personal für solche Veranstaltungen vorgehalten werden, die jungen Auftraggeber bräuchten häufig auch eine engere Betreuung als erfahrenere Kunden. Im Vorfeld gebe es bis zu zehn Planungstermine, bei denen neben den Örtlichkeiten auch rechtliche Fragen wie etwa Regelungen mit der Musik-Verwertungsgesellschaft Gema oder die Notwendigkeit von „Mutti-Zetteln“ für minderjährige Gäste besprochen werden müssten.
Schüler sind preissensibler geworden
Nicht nur dies treibt am Ende den Preis nach oben. Seien es erhöhte Personalkosten durch Nachtzuschläge und Mindestlohnanhebungen oder ein gestiegener Mehrwertsteuersatz für die Speisen: Wer zurzeit mit bis zu 500 Gästen im Saal, auf der Terrasse und im Restaurant des Atlantic-Hotels feiern möchte, zahlt pro Person 74,50 Euro – inklusive Buffet und Sektempfang, exklusive Getränke, DJ, Fotograf, Sicherheitsdienst, Dekoration und was sonst noch benötigt wird. Kosten, die gut durchgerechnet werden müssen. „Viele Schüler fragen bereits vorab sehr gezielt nach Preissteigerungen“, sagt Griesenbeck.
Noch recht neu im Geschäft mit den Abibällen ist das Metropol-Theater in der Bahnhofsvorstadt. Im Foyer können dort seit vergangenem Jahr bis zu 600 Abiturienten und ihre Verwandten auf drei Ebenen ihren Abschluss feiern. Das Catering kommt vom Geschmackslabor, die Getränke lassen sich im Baukastenprinzip je nach Angebotsgröße hinzubuchen. Auch hier sind die Kosten laut einer Sprecherin zuletzt gestiegen – mit Konsequenzen: Von drei geplanten Abibällen in diesem Jahr habe einer aus Kostengründen vom Jahrgang wieder abgesagt werden müssen.
Nachfrage beim Gasthaus Grothenns ungebrochen
Eine zurückgehende Nachfrage kann das Gasthaus Grothenns in Arbergen derweil nicht verbuchen. Inhaber Carsten Brüns erklärt, mit sechs Bällen veranstalte man in diesem Jahr „mehr als je zuvor“. Natürlich habe auch er mit gestiegenen Kosten zu tun, habe diese aber bislang kaum an die Abiturienten weitergeben müssen. Gut 80 Euro berechne er pro Person für Saal, Service, Buffet und Getränke. Wer knapp bei Kasse sei, könne das Buffet auslassen und statt acht nur vier Stunden auf der Party sein für die Hälfte des Preises. Die Kosten seien „spitz kalkuliert“, durch eine Verlegung der Bälle um eine Stunde nach vorne ließen sich jedoch ein stark ausgedünnter Saal in der Nacht vermeiden und Personalkosten reduzieren. Diese Mischkalkulation gehe heute genau so auf wie in den vergangenen gut 25 Jahren, in denen es schon Abibälle bei Grothenns gibt. Durch die Preisstruktur könne er am Ende „Spannung rausnehmen und ein Fest für alle anbieten“, sagt Brüns.