Der Befund "Irreführung des Verbrauchers" taucht regelmäßig auf in den Berichten der Bremer Lebensmittelkontrolleure. In der Speisekarte steht dann zum Beispiel Feta, was ein echter Schafskäse ist, serviert wird aber die günstigere Variante aus Kuhmilch. Im Extremfall landet sogar "Kombiweiß" auf dem Tisch des Gastes, eine Lebensmittelzubereitung aus Magermilch und Pflanzenfett, die kein echter Käse ist. Günstige Alternativen sind offenbar ein Thema, das in der Gastronomie zunehmend Gewicht erhält.
Hinter dem englischen Begriff "Downtrading" steckt ausdrücklich kein Betrug. Kurz gesagt ist damit gemeint, statt Gerichte mit relativ teuren Zutaten günstigere Alternativen auf die Speisekarte zu setzen: Statt Filetsteak also Hüftsteak, lieber Limande als Seezunge. Und falls es zu teuer wird, besser ganz auf das Angebot verzichten, so wie aktuell manche Lokale das Krabbenbrötchen gestrichen haben.
Von der Bremer Gastro-Gemeinschaft wollte aber keines der über 400 Mitglieder über diese Möglichkeit sprechen oder so ein Vorgehen gar bestätigen. "Wir setzen alle auf die Qualität unseres Angebots und können mögliche Preissteigerungen immer gut erklären", kommentiert Geschäftsführer Thorsten Lieder eine entsprechende Anfrage des WESER-KURIER.
Dehoga: Zusätzlich günstige Gerichte anbieten
Dabei ist die Praxis laut dem Bremer Vorsitzenden des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Detlef Pauls eine derzeit in der Gastrobranche vielfach empfohlenen Strategie, um trotz gestiegener Mehrwertsteuer, Lohnkosten und Lebensmittelpreise das bislang geltende Preisniveau in den jeweiligen Lokalitäten nur moderat anpassen zu müssen. "Es geht dabei aber weniger um Ersatz, sondern eher um zusätzliche günstigere Gerichte auf der Karte, damit man für die Gäste attraktiv bliebt", erklärt Pauls.
Laut einem Bericht der "Welt" über den Großhändler Metro ist der Griff zu günstigeren Zutaten in der Gastronomie aktuell weit verbreitet. "Es geht beim Fleisch vom Rind zu Schwein oder Huhn", wird dort Metro-Vorstandschef Steffen Greubel zitiert. Und er will die Strategie der Metro mit einem Ausbau von Billigalternativen, mehr Sonderangeboten und Mengenrabatten für die Gastronomie an den Trend anpassen. "Wir investieren massiv in Preise", wird Greubel zitiert.
Der Umsatz pro Gast sinkt
Pauls beobachtet Downtrading dagegen eher bei den Gästen, deren Konsumgewohnheiten sich aktuell veränderten. "Es wird beim Dessert gespart, beim Trinkgeld oder auf das zweite und dritte Getränk verzichtet", sagt er. Die Lokalitäten seien darum am Wochenende zwar noch gut gefüllt – auch weil mehrere geschlossene Tage unter der Woche inzwischen eher die Regel, als die Ausnahme sind – aber der Umsatz pro Gast sei rückläufig. Im eigenen italienischen Lokal seines Hotels Munte mache sich das ebenfalls bemerkbar. "Es gehen derzeit tendenziell mehr günstigere Pasta- und Pizza-Gerichte über den Tresen, als Fleisch- und Fisch", berichtet Pauls.
Seine Beobachtung entspricht dem Ergebnis einer Verbandsumfrage der Dehoga, an der sich bundesweit über 3000 Gastwirte beteiligt haben. Danach beklagt jeder zweite Betrieb im ersten Quartal dieses Jahres Umsatzverluste und Gewinnrückgänge. Knapp 54 Prozent zählen weniger Gäste, ein Drittel der Betriebe meldet einen niedrigeren Durchschnittsverzehr pro Gast als im Vorjahr.
Eine stichpunktartige Umfrage an der Schlachte deckt sich mit diesen Feststellungen nur teilweise. Viele der Befragten geben dabei zwar an, eher selten auswärts zu essen, aber wenn, dann schaue man nicht vorrangig auf die Kosten. "Wir wollen eine ordentliche Qualität serviert bekommen und bezahlen dafür auch den entsprechenden Preis", geben etwa Katrin (47) und Dennis (51) zu Protokoll. Auch Marius (37) sieht bei sich keine Veränderung. "Man ärgert sich vielleicht kurz über den Preis, aber bestellt dann trotzdem." Sabrina (31) ergänzt: "Ich ärgere mich eher im Supermarkt über die ständig steigenden Preise, da bin ich öfter."
Jörg (57) ist als Werder-Fan aus Helmstedt regelmäßig zu den Heimspielen in Bremen und bemerkt schon eine Veränderung im Preisgefüge. "Wenn man mit einer Gruppe unterwegs ist, werden die Getränkerunden nicht mehr ganz so locker spendiert." Bei teilweise über sechs Euro für ein großes Bier würden dann nämlich schnell 40 bis 50 Euro pro Runde fällig. "Da steigen inzwischen einige aus." Nur bei der Stadionwurst nehme man den steigenden Preis auf zuletzt vier Euro "eher achselzuckend" hin.