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Schlossparkviertel 90 Jahre Nachbarn in Sebaldsbrück

Der Geschichtskreis Sebaldsbrück hat ein Buch zur fast 100-jährigen Geschichte des Schlossparkviertels herausgegeben. Zwei der ersten Bewohner der Siedlung leben noch heute dort.
01.06.2023, 05:00 Uhr
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90 Jahre Nachbarn in Sebaldsbrück
Von Christian Hasemann

Seit 90 Jahren wohnen Irma Girscher und Karl Heinz Hofmann im Schlossparkviertel. Ein Viertel, das nur wenig älter ist als die beiden Rentner. Denn die Wohnbebauung zwischen Schlosspark und Vahrer Straße geht auf Pläne eines bekannten Bremer Unternehmens in den 1920er-Jahren zurück. Der Geschichtskreis Sebaldsbrück hat die Geschichte des Viertels rekonstruiert.

Die Materialiensammlung ist in gewisser Weise die Fortsetzung eines Werkes über den Schlosspark mit seinem ehemaligen Herrenhaus, das älter ist als das angrenzende Wohnviertel. Erste Überlegungen für eine Bebauung gab es nach dem Ersten Weltkrieg.

Wohnraum für Arbeiter

Damals, vor annähernd 100 Jahren, war Hemelingen ein Industriestandort, der sich entwickelte. Ein Hemelinger Betrieb war Hansa-Lloyd. Für die Expansion des Unternehmens brauchte es Arbeiter und für die Arbeiter brauchte es wiederum Wohnraum.

Das Unternehmen kaufte das "Landgut Schloßpark" und plante eine Werkssiedlung für 250 Eigenheime. Aus den Plänen wurde letztlich wegen der großen Inflation der 1920er-Jahre zunächst nichts, aber die Grundlagen waren gelegt, erste Straßennamen – Schloßparkstraße, Sebaldstraße, Adamistraße – waren vorgeschlagen worden und vom Bremer Senat abgenickt worden.

Auch die Bremer Straßenbahn und die die Deutsche Reichsbahn ließen im Schlossparkviertel Häuser für ihre Angestellten bauen. Daneben waren auch zahlreiche Siedlervereine aktiv. 1931 gab es durch die Weltwirtschaftskrise einen starken Impuls für die Bebauung zwischen Schloßparkstraße und Vahrer Straße: Der hohen Arbeitslosigkeit sollte mit einem Arbeitsbeschaffungsprogramm zum Bau von Kleinsiedlungen und -gärten begegnet werden. Weitere Häuser wuchsen in der Schlossparksiedlung empor.

Bewohner der ersten Stunde

Zu den ersten Bewohnern des Schlossparkviertels zählt Karl Heinz Hofmann. 1934 zog er mit seinen Eltern in die Johann-Focke-Straße, damals war er drei Jahre alt. Seitdem wohnt er in dem Haus. "Es war das zweite Haus überhaupt, das dort gebaut wurde", erinnert sich Hofmann in der Versöhnungskirche, wo der Geschichtskreis die Bücher bindet. "Erst ab 1935 wurde die Straße wesentlich bebaut." Längere Zeit sei er nur während der Kinderlandverschickung während des Zweiten Weltkriegs fortgewesen.

Irma Girscher, geborene Küsel, ist in der Helmholtzstraße – benannt nach dem Naturforscher Hermann Helmholtz – aufgewachsen. In einem Haus, das 1924 gebaut wurde. Auch sie lebt noch in ihrem Elternhaus, für wie lange noch, das weiß sie nicht. "Ich muss es wohl aufgeben, weil ich die Treppen nicht mehr schaffe", sagt sie.

Über die Jahrzehnte sei das Wohnen aber bequemer geworden. "Früher gab es keine Heizung, sondern nur Holz- und Kohleöfen", erzählt Girscher. Daran erinnert sich auch Hofmann. "Es wurde vor allem die Küche geheizt mit dem Kohleofen, zu Weihnachten wurde dann auch die gute Stube geheizt." Auch Badezimmer habe es in der Anfangszeit nicht gegeben. "Gewaschen wurde im Waschkessel, der mit Holz angeheizt wurde."

Wachsender Komfort mit Kosten

Der wachsende Komfort mit Kanalisation und Straßenausbau hatte auch seinen Preis, denn die Erschließungskosten hätten die Anwohner zahlen müssen, erklärt Girscher.

Nicht nur in den Häusern, sondern auch vor den Häusern gab es Veränderungen im Schlossparkviertel. Das Schloßparkbad wurde 1956 eingeweiht, die Versöhnungskirche in den 1960er-Jahren neu gebaut. Und noch etwas änderte sich: die Autos vor der Haustür. "Man hat damals auf der Straße gespielt, damals gab es keine Autos", sagt Hofmann. Vor dem Krieg habe es nur in der Vahrer Straße jemanden mit einem Auto gegeben.

Heute spielen die Kinder eher im Garten, als auf der Straße. Die Gärten damals waren allerdings vor allem dem Nahrungsanbau vorbehalten. Kartoffeln, Gemüse, verschiedene Obstbäume und Hühner und Kaninchen wurden gehalten, erzählen Girscher und Hofmann. Im Laufe der Jahrzehnte verschwanden die Ackerflächen und die Rasenflächen nahmen zu. Stück für Stück wurde der Rasen mehr, erzählt Girscher. Als Erstes sei der Kartoffelacker aufgegeben worden. Nahrungsmittelanbau als Nebentätigkeit war bei wachsendem Wohlstand nicht mehr nötig, später für viele zu anstrengend.

Weltstar in der Nachbarschaft

Nicht weit von Girscher und Hofmann lebte ein Weltstar. Hans Last, seine Eltern und seine Geschwister wohnten zunächst in der Trinidadstraße und später in der Helmholtzstraße. Später sollte dieser "Hansi" Last unter dem Namen James Last zu einer Berühmtheit werden. Ein Weltstar, dessen Leben in Sebaldsbrück keinen Widerhall findet – kein Platz, keine Straße erinnert an ihn. Seit Jahren sucht der Beirat Hemelingen nach einem geeigneten Platz oder eine Straße, um den "Sebaldsbrücker Jung" entsprechend zu ehren.

Wer mehr über das Schlossparkviertel erfahren möchte, kann die Materialiensammlung "Das Schloßparkviertel" vom Geschichtskreis Sebaldsbrück beziehen. Öffentlich präsentiert werden soll das Buch beim Schlossparkfest am Sonnabend, 10. Juni. Weitere Informationen über die E-Mail Adresse: geschichtskreis.sebaldsbrueck@gmx.de.

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