Nun kommt Bewegung in die Sache: Nach dem Kauf des Coca-Cola-Geländes durch die Wohninvest Holding aus Baden-Württemberg hat es nun auch die Stadt eilig, ihren Claim abzustecken und zu sichern. Bereits vor der Sitzung des Ausschusses für Stadtteilentwicklung war klar gewesen, dass die Bürgerschaft ein Vorkaufsrecht für das Cola- und das Könecke-Gelände auf den Weg bringen wird. In der kommenden Woche wird die Baudeputation voraussichtlich eine Veränderungssperre beschließen. Und die Zeit drängt, denn der Eigentümer des Köneckes-Geländes hat offenbar eine Bauvoranfrage gestellt, die im Widerspruch zum Wunsch der Stadt steht.
„Nach einer Phase der intensiven Gespräche mit der Hanseatic Holding ist jetzt erst mal stillschweigen“, sagte Ronald Risch, Stadtplaner in der Baubehörde, zum Verlauf der Gespräche mit dem Eigentümer des Könecke-Geländes. Verwaltet wird das Gelände von der HT-Vermögensverwaltung, die erst 2016 ins Leben gerufen wurde. Die Hanseatic Holding als Eigentümer des Könecke Grundstücks ist an der Verwaltungsgesellschaft beteiligt und stellt einen Geschäftsführer.
Zweiter Gesellschafter der HT Vermögensverwaltung ist die Asset Projekt und Bau GmbH aus Rheda-Wiedenbrück. Sie ist Teil des Sammelsuriums von Unternehmen des Fleischwarenkonzerns Tönnies-Holding und war zuvor mit der Verwaltung des Könecke-Geländes betraut. Von dieser Seite ist Daniel Nottbrock als Geschäftsführer der HT Vermögensverwaltung bestellt.
Nottbrock ist ein Schwager von Clemens Tönnies, dem milliardenschweren Konzernpatriarchen der Tönnies-Holding und Aufsichtsratsvorsitzenden beim Fußballverein Schalke 04. Zugleich ist Nottbruck auch Geschäftsführer der Asset Bau GmbH und außerdem Geschäftsführer Finanzen und übergeordnete Verwaltungsbereiche der Familien-Holding.
Warten auf Vorschläge
„Die Eigentümer waren der Meinung, dass sie dort nur was entwickeln können, wenn dort Einzelhandel entsteht“, so Ronald Risch über die Vorstellungen der Besitzer des weitaus größeren Teils des Gesamtgebiets. „Das widersprach aber unserer Auffassung und dem neuen Zentrenkonzept.“ Und auch aus stadtstruktureller Sicht hätten diese Pläne nicht gepasst. „Deswegen gab es von uns ein klares Nein.“ Nun herrsche offenbar Ratlosigkeit aufseiten der Eigentümer. „Wir warten jetzt auf Vorschläge“, so Ronald Risch. Eine Bauvoranfrage des Eigentümers sei von der Baubehörde zurückgestellt worden.
Eine Bauvoranfrage wird immer dann gestellt, wenn Eigentümer sich nicht sicher sind, ob das geplante Bauvorhaben planungsrechtlich auf dem Grundstück möglich ist. Die zuständige Baubehörde prüft und erteilt im Anschluss einen verbindlichen Bauvorbescheid. Auf dem Könecke- und dem Cola-Gelände gilt derzeit aber noch altes Planungsrecht, das heißt neue Gewerbe- und Industriegebäude sind dort in der Theorie immer noch möglich und dem müsste die Behörde auch zustimmen. Erklärtes Ziel allerdings ist ein gemischtes Wohngebiet, insbesondere auf dem Könecke-Areal.
Bauvoranfragen können aber nicht ewig zurückgestellt werden, an diese Stelle tritt nun voraussichtlich die Veränderungssperre. Mit dieser wird der Ist-Zustand eingefroren, bis ein neuer Bebauungsplan steht. Der Bebauungsplan regelt dann abschließend, was auf dem Gelände entstehen kann und kann beispielsweise Industrie und Gewerbe ausschließen. Die Stadt sichere sich mit der Veränderungssperre den „Genehmigungsvorbehalt“, so Ronald Risch.
Derzeit nutzen Start-ups die Büroräume des Könecke-Verwaltungsgebäudes. Im Dachgeschoss hat die Zwischenzeitzentrale (ZZZ) ihren Sitz, die im Auftrag der Stadt leerstehende Immobilien an Firmengründer und Künstler vermietet. Daniel Schnier von der ZZZ hätte sich ein rascheres Handeln der Behörden gewünscht. „Die Stadt hat zu spät reagiert“, sagt er. Er habe die Hoffnung, dass die politisch Verantwortlichen mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften Brebau oder Gewoba wenigstens noch auf dem Könecke-Gelände aktiv werden.
Hans-Peter Hölscher (SPD), Sprecher des Ausschusses, äußerte eine Befürchtung: „Tönnies kann uns noch jahrelang blockieren, deswegen bitte ich Sie inständig, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden“, wendet er sich an die Stadtplaner. Die Wartezeit sei in der Tat um, antwortet Ronald Risch. „Wir werden das Gespräch suchen.“ In eine ähnlich Kerbe schlug Ralf Bohr (Grüne): „Ich habe die Befürchtung, dass der Eigentümer das erst mal aussitzt. Es muss klar gemacht werden, dass keine Chance für ein Einzelhandel auf dem Gelände besteht.“
Eine Frage des Geruchs
Bohr brannte aber noch ein anderes Thema unter den Nägeln. „Wissen sie von der Geruchsproblematik?“, wandte er sich an Konstantin Hägele, der die neuen Eigentümer des Coca-Cola-Geländes in der Sitzung vertrat. Hintergrund: Die Geruchsbelastung ist insbesondere in der Diedrich-Wilkens-Straße so groß, dass dort keine neuen Wohnungen entstehen dürfen. Das Coca-Cola-Gelände ist nicht weit davon davon entfernt.
Dieses Problem war Konstantin Hägele sichtlich nicht bekannt. „Ich gehe davon aus, dass das ausreichend geprüft ist“, so seine Antwort. Das ist allerdings nicht der Fall. „Wir vermuten da keine Probleme“, ergriff Ronald Risch rasch das Wort. „Wir werden ein Geruchsgutachten erstellen lassen und gehen nicht davon aus, dass es Probleme geben wird.“ Kurz: Es ist noch gar nicht klar, ob auf dem Cola-Könecke-Gelände Wohnraum entstehen kann. „Ihre Zuversicht möchte ich haben, das sind nur 350 Meter“, lautete dann auch die Replik von Ralf Bohr.
Seiner Meinung nach müsse die Stadt an die Emittenten ran. Das sind im Wesentlichen die Coffein Compagnie und die Kaffeerösterei Jacobs Douwe Egberts. Mit dem Geruchsgutachten soll im kommenden Jahr begonnen werden. Im Herbst wird es vorliegen. Dann wird sich zeigen, ob sich die Wohninvest womöglich ein faules Ei ins Nest gelegt hat.