- Was ist passiert?
- War es ein Einzelfall?
- Was sind die Motive der Halter?
- Welche Strafen drohen?
- Weitere Beobachtungen
„Kein Tier sollte so sterben!“ Josef Teupe ist die Betroffenheit und der Ärger noch Tage später anzumerken. Ärger über die Hundebesitzer, die ihren Hund ohne Leine in der Arberger Marsch laufen ließen und der einen Rehbock zu Tode hetzte. Sorge bereiten Teupe außerdem mutmaßliche Rituale mit toten Hasenkörperteilen.
„Das tut mir in der Seele weh, das Tier hat so geklagt, das geht durch Mark und Bein“, erinnert er sich an den vergangenen Sonnabend. „Der Rehbock wurde richtig gequält“, so Teupe, der seit 50 Jahren im Besitz eines Jagdscheins ist.
Was ist passiert?
Teupe ist häufig selbst mit seinem Hund Murphy in der Hemelinger Marsch unterwegs. Am Sonnabend war er eigentlich auf der Suche nach einem Seeadler, der in der Marsch ein Quartier sucht. Gegen 17 Uhr habe er den Sichtlaut eines Hundes gehört. Als Sichtlaut werden die Geräusche bezeichnet, die ein Hund macht, wenn er ein Tier jagt. Das ist bei Jagdhunden gewollt, damit der Jäger weiß, wo er sich befindet. „Dann kam der Rehbock raus, und hinter ihm ein Hund, der am Hetzen war“, erzählt Teupe. Der Hund habe den Bock durch das auf den Wiesen stehenden Wasser gejagt. „Das Reh wird dadurch immer schwerer, unbeweglicher und erschöpfter.“ Schließlich sei das Tier in einen Zaun reingerannt. „Dort hat dann der Hund den Bock kaputt gebissen.“ Der Hund sei beim Reh liegen geblieben, berichtet der Augenzeuge weiter. Es sei allerdings nicht gelungen, ihn an die Leine zu nehmen. „Der war handscheu und ist abgehauen.“ Als handscheu werden Hunde bezeichnet, die Angst vor engeren Kontakt zu Menschen haben. „Der wurde geschlagen, sonst würde der so ein Verhalten nicht zeigen“, mutmaßt Teupe. Der Hund sei schließlich orientierungslos herumgeirrt, bevor er Richtung Stadt davonlief.
Josef Teupe wählte die 110. „Die waren auch in drei Minuten da, und das hat dazu geführt, dass die Polizisten noch Zeugen wurden.“ Für Teupe ein entscheidendes Detail, denn zuvor sei die Polizei bei solchen Fällen häufig erst später gekommen.
War es ein Einzelfall?
Für Teupe war es nicht der erste Vorfall in der Marsch, bei dem er Zeuge wurde. „Vor drei Wochen haben zwei Jagdhunde Hasen gehetzt.“ Dem WESER-KURIER liegen Fotos von den gerissenen Hasen vor. Die Hunde und deren Besitzer habe er aber nicht mehr getroffen, als er am Tatort ankam, berichtet Teupe.
Marcus Henke, Vizepräsident der Landesjägerschaft Bremen, bestätigt, dass es in Bremen mehr Fälle gibt, in denen Rehwild von Hunden zu Tode gehetzt wurden. „Wir haben bestimmte Reviere, wo das häufiger vorkommt, zum Beispiel in Borgfeld oder Oberneuland.“ Regelmäßig verendeten Tiere in Stacheldrahtzäunen, in die sie voller Panik vor jagenden Hunde laufen. An einigen Stellen sei das Problem so groß, dass die Jäger kaum bis gar keine Tiere schießen dürften, weil so viel Wild als sogenanntes „Fallwild“ aufgefunden werde. „Nicht unwesentlich viele Tiere davon sind Opfer von Hetzereien von Hunden“, so Henke.
Was sind die Motive der Halter?
Als Wilderei, um an das Fleisch zu gelangen, sieht Teupe die Vorfälle nicht. „Das sind Vorgänge, die entstehen, weil Hunde da frei rumlaufen gelassen werden.“ Es sei nicht nur Nachlässigkeit, sondern Verantwortungslosigkeit von Hundebesitzern. „Hunde müssen kontrollierbar sein, auch wenn sie nicht an der Leine sind“, sagt Teupe. Von der Leine gelassen worden war offensichtlich auch der Hund, der den Rehbock zu Tode hetzte. „Der hatte noch ein Hundegeschirr um.“ Jäger Teupe identifiziert den Hund als eine Bracke – ein Jagdhund.
Welche Strafen drohen?
Eine Sprecherin des Innenressorts bestätigt den Vorfall. „Beim Eintreffen der Polizei hockte der Hund noch neben dem toten Rehbock. Ein Halter war nicht in Sicht.“ Die Polizei sei noch einem Hinweis auf einen Autofahrer mit seinem Hund nachgegangen. „Dabei handelte es sich jedoch nicht um den Hund, der den Rehbock gehetzt hatte“, so die Sprecherin.
Die Polizei habe eine Ordnungswidrigkeitenanzeige angefertigt. Sollten sich nicht noch weitere Hinweise auf den Halter ergeben, werde das Verfahren, das zur Bußgeldstelle des Ordnungsamtes komme, vermutlich eingestellt. Sofern ein Halter festgestellt werden könne, könnten neben einem Bußgeld als weitere Maßnahmen Maulkorbpflicht und/oder Leinenzwang angeordnet werden.
Laut Henke haben Hundebesitzer eine Aufsichtspflicht. „Und die verletze ich, wenn ich den Hund aus den Augen verliere“, so Henke. „Jeder ist Naturschützer, aber dieses Verständnis finden wir leider nicht bei allen Hundebesitzern.“ Es brauche die Verantwortung der Menschen, um die Wildtiere zu schützen, lautet sein Appell.
Weitere Beobachtungen
Neben frei laufenden Hunden bereitet Teupe aber noch ein weiterer Vorfall Sorgen. So habe er mehrmals einen Mann in der Marsch beobachtet, der mit freien Oberkörper eine Art Tanz oder Ritual aufführe. An der Tanzstelle habe er neun Hasenläufe, die in einem Kreis ausgelegt waren, gefunden. „Kein Tier würde die so hinlegen“, sagt Teupe. Und: „Irgendwo müssen die Läufe herkommen, und da muss man erst mal rankommen.“ Sein Verdacht: Die Hasen werden gewildert, um die Hasenläufe abzutrennen. „Zum Beispiel mit Drahtschlingenfallen“, so Teupe.
Drahtschlingen sind in Deutschland verboten. Marcus Henke bestätigt aber, dass in Bremen solche Fälle durchaus vorkommen. „Das geht gar nicht, die Tiere verenden qualvoll. Wir kennen das aber aus Bremen.“ Es gebe Menschen, die diese Kenntnisse hätten und anwendeten.