Was schwimmt da auf dem Wasser? Diese Frage stellen sich derzeit Spaziergänger im Gewerbegebiet Hansalinie. Schillernde Schlieren treiben dort auf dem Wasser eines Niederschlagklärbeckens hinter einem Logistikzentrum des Unternehmens DHL. Passanten vermuten, dass Regenfälle Öl- und Treibstoffreste von dem Betriebsgelände in das Klärbecken spülen.
Von Weitem ist er nicht aus jedem Winkel zu sehen, aber aus der Nähe ist er deutlich an mehreren Stellen des etwa 20 mal sechs Meter großen Niederschlagsbecken, am Ufer dicht mit Schilf als Teil einer natürlichen Abwasserklärung bewachsen, auszumachen: Ein dünner Film, der schillert, wie man es von Öl- und Benzinpfützen auf dem Wasser kennt. "Riechen sie das?", fragt Josef Teupe, der als Natur- und Vogelbeobachter häufig mit seinem Hund in der Hemelinger Marsch unterwegs ist. Tatsächlich ist ein leichter Geruch, der an Diesel erinnert, wahrzunehmen. Ob dieser allerdings vom Wasser ausgeht oder vom benachbarten Logistikzentrum, wo während des Ortsbesuchs ununterbrochen Lastwagen mit Fracht be- und entladen werden, stammt, ist für den Reporter nicht eindeutig zu bestimmen.
Passanten beunruhigt
Für eine Hemelinger Anwohnerin, die anonym bleiben möchte, ist die Lage hingegen eindeutig. "Ich gehe fast jeden Tag dort spazieren", sagt sie. "Mir ist die aktuelle Situation aufgrund des stechenden Geruchs aufgefallen." Ganz klar sei zu beobachten, dass Ablagerungen und Geruch nach starken Regenfällen auftreten. "Ich verstehe nicht, warum keine Wasserproben genommen werden und die Behörde nicht reagiert." Für sie stehe fest, dass die Verschmutzungen von Parkplatzflächen reingespült werden. "Da wird weiter ein Gewässer verschmutzt und es gibt Zuleitung zum Fleet, wo dann andere Bereich verschmutzt werden", befürchtet sie.
Während der Geruch offenbar von der individuellen Nase und der Wetterlage abhängig ist, ist der optische Eindruck der Ölsperre in dem Wasserbecken eindeutig: brüchig, vollgesogen. "Was man als Erstes machen müsste, ist, die Ölsperre zu ersetzen", meint der gelernte Forstwissenschaftler Teupe, der nach seinen Worten schon häufiger von Passanten auf die Zustände an dem Becken angesprochen wurde. "Mit einem Handtuch, das nass ist, kann man sich nicht abtrocknen", zieht er einen Vergleich.
Auch die Dimension des Beckens hält er nicht für ausreichend. "Das Logistikgelände ist riesengroß und da passt diese Anlage nicht." Er vermutet, dass über kleine Lecks an den LKW Öl- und Benzinreste in das Becken eingetragen werden. "Das Problem ist einfach die Menge", meint er. An ausschließlich natürliche Ursachen für die Schlierenbildung auf dem Wasser, zum Beispiel durch Nanobakterien oder sogenannte Humine – Stoffe die sich bei organischer Zersetzung bilden – glaubt er nicht. "Die Instandsetzung der Anlage ist wichtig und das ihre Verhältnismäßigkeit geprüft wird", fordert Teupe.
Über Umwege bis zur Weser
Von dem Becken gibt es einen Zufluss in einen Gewässerlauf, der um ein Teil des Gewerbegebiets führt, der sogenannten Ersten Wanne, diese mündet schließlich in den Arberger Kanal und dieser wiederum beim Schlut in den sogenannten Atlas See, der mit der Weser verbunden ist. Mögliche Verunreinigungen landen letztendlich in der Weser und dann in der Nordsee.
Die DHL wollte sich auf Anfrage noch nicht im Detail äußern. Eine Sprecherin teilte lediglich mit, dass die DHL Mieterin des Geländes sei und mit dem Eigentümer in Kontakt treten wolle. Sollte es ein Problem geben, werde dem so schnell wie möglich nachgegangen.
Entwarnung gibt es vonseiten der zuständigen Behörde. Auf Nachfrage teilt das Umweltressort mit, dass es sich bei dem Becken um ein sogenanntes Niederschlagsklärbecken handele. Insgesamt gibt es demnach in Bremen 60 solcher Becken, die nicht nur technische Funktionen bei der Stadtentwässerung erfüllten, sondern auch Lebensraum für Reptilien, Vögel und Fledermäuse seien.
2018 wurde eine Studie durchgeführt, um den Zustand der Becken zu überprüfen. Das Ergebnis: Das Becken auf dem DHL-Gelände erfüllt die technischen Anforderungen. Es seien keine nennenswerten Mengen von Leichtflüssigkeiten in dem Vorfluter gefunden worden. 2015 und 2019 wurde das Becken außerdem entschlammt.
Regelmäßige Kontrollen
Tatsächlich wird das Becken, so das Umweltressort, vierteljährlich von Hansewasser, in Bremen zuständig für die Abwasserentsorgung, kontrolliert. Wasserproben würden allerdings nicht gemacht, aber im Zuge der Entschlammung Bodenproben genommen. Grundsätzlich sei die Anlage für kleine Mengen Benzin, Öl oder Diesel durch Tropfverluste ausgelegt. "Der regenbogenartige Film wird schon bei Kleinstmengen hervorgerufen", so Jens Tittmann, Sprecher des Umweltressorts. Bei solchen Kleinstmengen sei ein Eingreifen in der Regel nicht nötig. Ölschlieren könnten aber auch die natürlichen Stoffwechselprodukte von eisenoxidierenden Bakterien entstehen.
Auffälligkeiten und Verunreinigungen von öffentlichen Gewässern können Bürger entweder bei Senatorin für Klimaschutz und Umwelt oder der Polizei und Feuerwehr melden.