Was viele Schulen und Lehrer in Bremen vor scheinbar unüberwindbare Schwierigkeiten stellt, hat bei der jüngsten Sitzung des Beirats Hemelingen funktioniert: Eine Liveübertragung über das Internet in die Büros und Wohnzimmer derjenigen, die dabei sein wollten. Thematisch passend zum frühsommerlichen Dauerregen konnten die Daheimgebliebenen den Haupttagespunkt trocken und bequem von zu Hause aus verfolgen: Starkregen und der Schutz vor ungewollten Wassermassen in Kellern und Souterrainwohnungen.
Der Beirat hatte mit Kathrin Schäfer und Jens Wurthmann gleich zwei Experten zur Beiratssitzung eingeladen. Schäfer, die bei der Senatorin für Klima, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau zuständig ist für die Starkregenvorsorge, machte deutlich, dass es in den kommenden Jahren wahrscheinlich zu mehr und stärkeren Niederschlägen kommen wird. „Man geht davon aus, dass Starkregenereignisse häufiger und intensiver werden“, sagte sie. Statistisch könne dieser Effekt allerdings noch nicht abgebildet werden.
Die Erklärung für das zunehmende Problem: Mit dem Klimawandel erhöht sich die durchschnittliche Temperatur. Dann folgt ein physikalischer Effekt, den wohl jeder aus dem Bad, der Küche oder der Sauna kennt – warme Luft kann deutlich mehr Wasser speichern als kalte Luft. Entsprechend größer fallen die Niederschlagsmengen aus, wenn die Feuchtigkeit wieder abgegeben wird.
Welche Wassermengen bei einem Starkregen abgeleitet werden müssen, machte Schäfer mit einem Vergleich deutlich. „Im Durchschnitt fallen in einem Monat etwa 60 Liter Regen pro Quadratmeter, bei einem Starkregenereignis wie im August 2011 waren es 50 Liter pro Quadratmeter in knapp eineinhalb Stunden.“ Zu viel für die Kanalisation. Die Folge: Vollgelaufene Keller und Bahn- und Straßenunterführungen. „Betroffen waren auch viele, viele Privathaushalte.“ Mehr als 450 Einsätze sei die Feuerwehr Bremen damals gefahren. „Vor diesem Hintergrund haben wir das Projekt Klas entwickelt.“ Klas ist die Abkürzung für „Klima-Anpassungsstrategie“. Dabei im Fokus: die „klima- und wassersensible Stadt“.
„Ziel ist es, dass der Abfluss gemindert wird, weil die Kanalisation das Wasser nicht aufnehmen kann“, so Schäfer über die Stoßrichtung des Programms. Deswegen müsse es darum gehen, mehr Überflutungs- und damit mehr Grün- und Blauflächen zu entwickeln. Diese sogenannten Retentionsflächen sind Flächen, die Wasser aufnehmen können, es für eine gewisse Zeit speichern und langsam wieder abgeben. Oft handelt es sich dabei um Grasmulden an Straßen- oder Grundstücksrändern. Mit Blauflächen wiederum sind Wasserläufe und Gewässer gemeint. „Diese Flächen sollen bei allen Bauvorhaben mitgedacht werden – im gesamten Stadtgebiet und nicht nur in den besonders gefährdeten Stadtteilen.“ Zu den möglichen Maßnahmen, den Wasserabfluss zu verringern, zählten auch die Begrünung von Dachflächen oder die Entsiegelung befestigter Flächen. Die Krux liegt allerdings im Detail, wie sich bei der Sitzung auf Nachfrage von Ortsamtsleiter Jörn Hermening zeigte: „Wir haben immer wieder das Thema mit versiegelten Parkplätzen und da heißt es immer wieder seitens der Behörde, dass dies nicht anders gehe.“ Es sei eben ein langer Prozess bis Behörden wie das Amt für Straßen und Verkehr ihre Standards anpassten, so Schäfer.
Ein eigenes Budget hat das Programm nicht. Es muss vor allem Überzeugungsarbeit leisten. Und diese reicht offenbar nicht immer aus, das Wünschenswerte zu realisieren. „Wir haben ja viele Gewerbedächer hier in Hemelingen, welche Möglichkeiten haben Sie, dass diese Flächen besser genutzt werden?“, wollte Ralf Bohr (Grüne) wissen. „Wir können über die Bauleitplanung eingreifen, wenn es stadtklimatisch oder wegen der Entwässerung nötig ist“, so Schäfer. „Wir versuchen zu überzeugen, sind aber nicht immer erfolgreich, das muss man leider so feststellen.“ Bei Gewerbehallen, wie sie zum Beispiel im Gewerbegebiet Hansalinie an der A1 stehen, hat der Bremer Senat auf eine Pflicht zur Dachbegrünung bei Neubauten nämlich verzichtet. Die Sorge dahinter: Mögliche Investoren könnten durch die Mehrkosten abgeschreckt werden. Das hat den kuriosen Effekt, dass ein Bremer Projekt für Entsiegelung und Dachbegrünungen wirbt, während die Stadt auf der anderen Seite darauf verzichtet, bei den größten versiegelten Flächen genau dies auch umzusetzen.
Jens Wurthmann von Hansewasser, zuständig für die Abwasserkanäle, stellte Präventivmaßnahmen vor, die Hauseigentümer zur Verfügung stehen, um ihre Immobilien zu schützen. „Gegen den Rückstau gibt es drei Möglichkeiten“, sagte er. Dies seien der Rückbau von nicht mehr benötigten Kanalanschlüssen im Keller und im Souterrain, der Einbau einer Hebeanlage mit sogenannter Rückstauschleife und ein Rückstauverschluss. Zu einem Rückstau kommt es, wenn das Wasser in der Kanalisation über das Niveau der Anschlüsse im Haus steigt – das betrifft dann vor allem Anschlüsse im Keller. Was im Einzelfall sinnvoll sei, könne die kostenfreie Beratung durch Hansewasser klären, so Wurthmann.
Weitere Informationen
Das Bremer Starkregen-Vorsorgeportal ist unter www.starkregen.bremen.de abrufbar. Kostenlose Auskunft und Beratung für das eigene Gebäude gibt Hansewasser. Kontakt: www.hansewasser.de.