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Nabu wartet auf Baugenehmigung Das Café fehlt noch in der Oase der Ruhe

Der Naturschutzbund Deutschland in Bremen wartet seit zwei Jahren auf eine Baugenehigung für den Umbau eines Gewächshauses im Stadtteil Hemelingen.
30.04.2020, 18:27 Uhr
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Das Café fehlt noch in der Oase der Ruhe
Von Christian Hasemann

Sebaldsbrück. Es ist wohl das, was als Idyll mitten der Großstadt bezeichnet werden kann: das Gelände des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) im Vahrer Feldweg. Seit knapp sechs Jahren arbeiten die Naturschützer daran, das Gelände einer alten Gärtnerei zu einem Umweltbildungszentrum umzubauen. Ärger bereitet derzeit nicht so sehr das allgegenwärtige Corona-Virus, sondern die seit zwei Jahren schleppende Bearbeitung eines Bauantrages.

Ein Spaziergang mit Nabu-Geschäftsführer Sönke Hofmann über das frühlingsgrün leuchtende Gelände beschert einen kleinen fachkundigen Einblick in die Pflanzen- und Vogelwelt. Blaumeisen brüten in einem Vogelkasten, beim vorsichtigen Blick hinein sind drei piepende Küken zu sehen, schon fast flügge. Totlegerhühner scharren in ihrem Auslauf, der Hahn plustert sich besitzergreifend neben seinen Hennen auf und weiter entfernt machen die Esel mit ihrem heisernen Rufen auf sich aufmerksam.

Start mit angezogener Handbremse

Menschliche Besucher durften bis zuletzt das Gelände nicht betreten: Aus Sorge vor dem Virus hatte auch der Nabu für fast sechs Wochen sein Gelände geschlossen. In dieser Woche allerdings sollen Besucher wieder hinauf können. „Wir starten mit angezogener Handbremse“, sagt Sönke Hofmann. Es werde eine kleine Öffnung für die Öffentlichkeit geben. „Damit die Menschen, das Gelände auch nutzen können.“ Das Gelände sei weitläufig genug, sodass die Besucher Abstand zueinander halten könnten. „Und die Leute müssen ja irgendwo hin, sie müssen doch raus können.“ Wenn es allerdings zu viel werde, werde man die Tore aber auch wieder schließen können.

Für den studierten Förster Hofmann gibt es derzeit ein besonderes Highlight. „Die Apfelblüte, deutlich vor der normalen Blütezeit.“ Eine beim Geschäftsführer besonders beliebte Stelle ist das Himmelskino. Im Wesentlichen zwei Hängematten, von denen aus die Liegenden direkt in den Himmel blicken können. Und ohne den Flugverkehr sei es derzeit eine Oase der Ruhe, so Hofmann. „Ich habe hier schon manche Mittagspause verschlafen.“

Ein paar Schritte weiter führt Hofmann in den „Blair-Witch-Wald“, benannt nach einem amerikanischen Horrorthriller. Er ist quasi der Gegenentwurf zum quirligen Leben auf dem Rest des Umweltbildungszentrum. Thujas, auch als Lebensbäume bekannt, stehen hier in Reih und Glied, an der Basis verkahlt, in den Wipfeln dürres Grün. Der Boden ist mit braunen nadelartigen Blättern bedeckt, die Geräusche klingen seltsam gedämpft, das Licht ist schummrig. Die Bäume sind Überbleibsel des Gärtnerei-Betriebes, denn die Pflanzen aus der Gattung der Zypressengewächse, die in Nordamerika und Asien heimisch sind, waren und sind, zum Leidwesen Hofmanns, beliebte Heckenpflanzen. Das kleine Wäldchen ist für den Nabu-Geschäftsführer nicht nur optisch, sondern auch ökologisch ein Horror. „Ob die Bäume hier stehen oder wir hier eine Betondecke gießen, das hat ungefähr denselben ökologischen Wert.“

Stillstand auf Baustelle

Auf einen Albtraum ganz anderer Art kommt Hofmann auf der Baustelle des geplanten Cafés des Bildungszentrums zu sprechen. Dort ragen die Metallrahmen der alten Gewächshäuser in den von Wolkenschleiern durchzogenen blauen Himmel, aus einer gegossenen Bodenplatte winden sich wie riesige Regenwürmer schwarze flexible Rohre in die Luft, Zu- und Ableitungen sind zu erkennen. Zeichen dafür, dass es hier eigentlich mit einem Bau voran gehen könnte. Seit Monaten ist das Café allerdings eine Baustelle im Konjunktiv.

„Das Café wäre von zentraler Bedeutung“, sagt Hofmann. „Aber weil wir das Café nicht haben, können wir den Besuchern nur eine Baustelle zeigen.“ Dass es nicht voran geht, macht er an der für die Genehmigung zuständige Baubehörde fest. „Seit November 2018 wird das Verfahren verschleppt“, sagt der Nabu-Geschäftsführer. Im November 2018 beschloss die Bürgerschaft die Änderung des Bebauungsplans für das Gebiet. Damit wurde das Projekt erst möglich. Im Kern geht es um die Umnutzung eines Gewächshauses zu einem Cafébetrieb. Dafür sind unter anderem Arbeiten am Tragwerk nötig. „Wir haben einen Statiker beauftragt und müssen das Gewächshaus zusätzlich aussteifen“, erklärt Hofmann. „Das ist aber alles kein Hexenwerk.“

Immer wieder habe das Bauamt weitere Unterlagen gefordert und Nachforderungen gestellt. „Immer kurz vor Ablauf der Frist, an dem es eigentlich eine Entscheidung hätte geben müssen“, ärgert sich Hofmann. Im Januar habe er die Meldung erhalten, dass nun alle Unterlagen komplett seien. Seitdem: Funkstille. Darüber ärgert sich Hofmann besonders. „Wenn Forderungen kommen, können wir reagieren, aber wenn überhaupt keine Reaktion auf Mails und Briefe kommt: Was sollen wir da machen?“ Derzeit überlege der Nabu, einen Rechtsanwalt einzuschalten und notfalls eine Erzwingungsklage gegen das Bauamt anzustrengen. „Es geht nicht um eine Sonderbehandlung“, betont Hofmann, „sondern es geht nur um eine Genehmigung für die Umnutzung eines bestehenden Gebäudes.“

Jens Tittmann, Sprecher der Baubehörde, über die oft als übermäßig lang dargestellte Bearbeitungszeit von Bauanträgen: „Die Krux sind häufig unvollständige Bauanträge.“ In dem Sinne handele es sich auch nicht um Nachforderungen, sondern um Hinweise der Baubehörde darauf, dass in den Unterlagen etwas fehle. Dazu käme die Bearbeitungszeit der Träger der öffentlichen Belange, also zum Beispiel der Feuerwehr. „Wenn die nach maximal sechs Wochen Bearbeitungszeit feststellen, dass das Brandschutzkonzept mangelhaft ist, dann können wir auch erst nach der Zeit an den Bauträger herantreten.“

Erst wenn alle Gutachten und alle Unterlagen vollständig seien, könne in allen Details mit der Bearbeitung begonnen werden. In den vergangenen Jahren habe sich die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen verdreifacht. Um die Arbeitsabläufe noch weiter zu verbessern, sei außerdem eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Bauamt, Architektenkammer und Ingenieurskammer eingesetzt worden.

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