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Geflüchtetenunterkünfte verzweifelt gesucht A&O Hostel wird bis April für Geflüchtete und Obdachlose angemietet

In der Friedrich-Rauers-Straße treffen wie auch rund um den Bahnhof diverse soziale Problemlagen aufeinander, das wissen sie auch im Sozialressort. Jetzt hat es das a&o Hostel als Übergangswohnheim angemietet.
17.11.2021, 16:10 Uhr
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A&O Hostel wird bis April für Geflüchtete und Obdachlose angemietet
Von Sigrid Schuer

Die Gegend rund um das a&o Hostel an der Friedrich-Rauers-Straße ist sowieso schon unwirtlich, direkt am Findorff-Tunnel und gegenüber von Bahngleisen gelegen. Dazu kommt, dass der Teil der Straße, an dem sich eine große Baustelle befindet, inzwischen stockfinster sei, schilderte auf der jüngsten Sitzung des Beirates Mitte eine Anwohnerin vom Breiten Weg die Situation: "Wenn man da als junge Frau unterwegs ist, fühlt man sich nicht sicher. Uns wird doch ziemlich viel zugemutet in dem Viertel". Die Anwohnerin fragte die Mitglieder des Beirates und Petra Kodré vom Sozialressort, ob dies wohl die richtige Umgebung für traumatisierte Geflüchtete sei.

Das Sozialressort hat das a&o Hostel als Übergangswohnheim angemietet, um dort bis April 2022 rund 180 Geflüchtete, Duldungssuchende und Obdachlose unterzubringen. Die Awo hat die Trägerschaft übernommen, über Nacht ist ein Wachdienst vor Ort. Schon jetzt sind 123 Plätze belegt. Wie mehrfach berichtet, ballen sich in der Bahnhofsvorstadt gleich mehrere Problemlagen. Dass sie sich dessen durchaus bewusst und bemüht sind, die Lage zu entschärfen, das betonten Beiratsmitglieder fast aller Fraktionen. "Besonders in der Friedrich-Rauers-Straße versammeln sich vermehrt Menschen, die entweder hier noch nicht ganz angekommen sind oder ihren Weg verloren haben", formulierte Dirk Paulmann für die CDU-Fraktion diplomatisch.

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So befindet sich im Gebäude des ehemaligen Versorgungsamtes ein Übergangswohnheim für geflüchtete Mütter und deren Kinder und das direkt neben der Drogenkonsumstelle. Auf der anderen Straßenseite liegt das a&o Hostel, in dem laut Petra Kodré wegen der großen Zimmer bis April viele Großfamilien beherbergt werden können. Spielmöglichkeiten für Kinder gibt es an der Rauers-Straße kaum, und der Spielplatz der St. Michaelis-Gemeinde sei gerade in die Winterpause gegangen, wie Iris Wensing, neue Quartiersmanagerin auf Zeit, anmerkte. Kodré schilderte, dass die Sozialbehörde momentan verzweifelt auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete sei.

Sie räumte allerdings auch ein, dass in manchen Bremer Stadtteilen die Geduld erschöpft sei. Dort werde auf andere Stadtteile verwiesen, mit dem Argument, dass an Kita- und Schulplätzen bereits Mangel herrsche. Für die Bahnhofsvorstadt hieße das aber auch, dass perspektivisch sehr genau darauf geschaut werden müsste, dass die Asylbewerber auch in andere Orts- und Stadtteile verteilt werden, so der Beirat. Dieses Problems ist sich offenbar auch Kodré bewusst. Hinsichtlich der Mischung sozialer Problemlagen rund um den Bahnhof räumte sie ein: "Es wäre besser, wenn wir das verteilen könnten."

Die Zahlen der Menschen, die in der Hansestadt Schutz suchen, steige stetig, so Kodré. An dritter Stelle liegen Asyl-Aspiranten aus Afghanistan. Ein "überraschend hoher" Zuzug sei indes von Menschen aus dem Westbalkan zu verzeichnen, aus Albanien, Serbien und Nordmazedonien, die nur sehr geringe Chancen hätten, Asyl in Deutschland zu bekommen und lediglich geduldet würden. "Aber das wissen diese Menschen auch", sagte Kodré.

Auch diese Duldung kann sich allerdings über mehrere Monate hinziehen. Mit bis zu sechs Monaten Aufenthaltsdauer seien die Geduldeten die Gruppe, die am längsten bleibt, räumte Kodré ein. Nach der Erstaufnahme in Bremen werden die Geflüchteten dann über das Bundesgebiet verteilt. Absehbar sei, dass die vorhandenen Unterbringungskapazitäten angesichts der Krisenherde überall auf der Welt schon bald nicht mehr reichen, darauf wies Peter Bollhagen (FDP) hin.

Petra Kodré räumte ein, dass es wesentlich preiswerter sei, Unterkünfte zu bauen, als sie für teures Geld anzumieten. Doch jeder wisse, wie lange die Bewilligung von Bauanträgen in Bremen dauert und wie knapp Bauland ist, warf Peter Bollhagen ein. Zudem wären nur wenige Hotels bereit oder geeignet dazu, beispielsweise Großfamilien unterzubringen., so Koldré. Und eine Unterbringung in Vier-Sterne-Hotels komme nicht in Frage, da das die Attraktivität Bremens als Anlaufpunkt noch einmal deutlich erhöhen würde.

Holger Ilgner (SPD), Jonas Friedrich (Grüne) und Dirk Paulmann (CDU) stellten Kodré die Frage, ob sich die Belegung zumindest dahin steuern lasse, dass möglichst wenige jüngere Männer im a&o Hostel beherbergt werden. Kodré antwortete darauf, dass das schwierig sei. Die Bedenken in puncto Sicherheit, die eine Anwohnerin in der Beiratssitzung äußerte, sind nicht aus der Luft gegriffen. Vor kurzem hat eine Messerstecherei in der Falkenstraße mit tödlichem Ausgang für Schlagzeilen gesorgt.

Zur Sache

Belegung von Übergangswohnheimen mit Geflüchteten in Bremen: Landeserstaufnahmestelle in der Lindenstraße in Vegesack: 433, Alfred-Faust-Straße in Obervieland: 200 Plätze, Jugendherberge: 109 Plätze, Hans-Böckler-Straße: 130 Plätze, a&o Hostel: 123, Zollhaus in der Überseestadt: 36 Plätze. Insgesamt sind mit Stand Mitte November in Bremen 1050 Plätze belegt.

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