Die Mühle am Wall ist für Touristen in Bremen ein sehr beliebtes Fotomotiv. Das historische Gebäude wird idyllisch von Grünanlagen umgeben, am Herdentor posieren jedes Jahr unzählig viele Gruppen für ein Foto. Ein wichtiger Faktor dafür ist auch die bunte Blütenpracht, die die Gärtner des Umweltbetriebs Bremen (UBB) vor der Mühle anlegen. Derzeit ist das wohl prominenteste Beet der Stadt aus der Ferne allerdings kaum von den umliegenden Wiesen zu unterscheiden.
Aus der Nähe betrachtet findet sich auf der Fläche eine Mischung aus hochgewachsenen Gräsern und eher unscheinbaren Blumen, die für einige Weiß- und Lila-Tupfer sorgen. Schnell fällt der Blick auf eine Erklärtafel des UBB: "Hier herrscht ein buntes Durcheinander, und das ist volle Absicht!" Auf den mehr als 1200 Quadratmetern seien mehr als 80 Blumensorten gepflanzt worden. "Das ist gut für das Auge und besonders gut für viele Insekten", schreibt der städtische Betrieb. "Im Großen und Ganzen lädt diese Wiese Sie zu einem Ausflug ein: Hier kann Ihr Auge auf Wanderschaft gehen und Ihre Nase auf Entdeckungsreise."
In den vergangenen Jahren spielte der ökologische Nutzen für die Insektenwelt oft nur eine untergeordnete Rolle. 2017 verwandelten rote und weiße Blüten die Fläche zum Beispiel in eine Speckfahne. 2009 entstand ein riesiges "Jerusalemkreuz" aus 25.000 Stiefmütterchen, weil der Deutsche Evangelische Kirchentag in Bremen stattfand.

Im Jahr 2009 bildeten 25.000 Stiefmütterchen ein riesiges ”Jerusalemkreuz”. Anlass dafür war der Deutsche Evangelische Kirchentag, der damals in Bremen stattfand.
Die touristische Bedeutung des Ortes zeigt auch das riesige "#Moin", das die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) auf der anderen Seite des Herdentors in den Wallanlagen platziert hat. Besucher sollen dort Bilder machen, die per Handy und Social Media einen nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt für die Stadt erzielen können. In die Entscheidung, vor der Wallmühle eine Wildwiese anzulegen, war die WFB nach eigener Aussage nicht eingebunden. Kommentieren wollte eine WFB-Sprecherin die neue Wiese am Dienstag nicht.
Auf Nachfrage erläutert UBB-Sprecherin Kerstin Doty, dass man bereits im vergangenen Jahr auf die sonst wechselnde Bepflanzung verzichtet hat. "Das Beet wurde im Herbst 2022 angelegt und ist so gestaltet, dass vom Frühjahr bis zum Herbst Nahrung für Insekten zur Verfügung steht", so Doty. Im Gegensatz zu den Jahren davor habe sich eine natürliche Wildblumenwiese entwickeln können.
Laut Doty stand beim Anlegen die Förderung von Artenvielfalt und Biodiversität im Vordergrund. "Aber es wurden farbenfrohe Frühjahrsblüher und eine bunte Saatmischung, die auf Bremer Standorte abgestimmt ist, in das Beet eingebracht", erläutert die Sprecherin. Die natürliche Entwicklung verlaufe anders als eine saisonale Bepflanzung, bei der sich alle Pflanzen im selben Entwicklungsstadium befänden. Doty weiter: "Bei einer Wildblumenwiese setzen sich manche Arten gut durch, andere bilden sich zurück und in jedem Jahr bietet sich ein etwas anderes Bild."
Vor der Mühle könnte sich im Laufe des Sommers wieder ein buntes Bild ergeben. Bei einigen Pflanzen steht die Blüte nämlich noch aus, wie auf einigen Erklärtafeln zu den verschiedenen Sorten nachzulesen ist. "Wenn die Farbpalette sich auf dem Beet nicht wie gewünscht entwickelt, werden unsere Gärtner das Beet weiter bearbeiten, gegebenenfalls mit einer anderen Saatmischung ergänzen, damit sich auch in Zukunft ein buntes Bild vor der Wallmühle bietet", versichert Sprecherin Doty.
Der UBB pflegt in Bremen nach eigenen Angaben mehr als 20 Millionen Quadratmeter städtische Grünflächen. In Parks, aber auch am Straßenrand, wollen die Gärtner die Artenvielfalt fördern. Die Fläche vor der Wallmühle ist dafür eine Art Aushängeschild, wie Doty verdeutlicht: "Das Beet ist sicher eines der bekanntesten in Bremen und steht exemplarisch für die vielen Flächen, die der UBB inzwischen im Sinne der Biodiversität angelegt hat."