Wie lange nach dem 1. Januar darf man noch ein frohes neues Jahr wünschen? Wenn es nach einem Kölner Ratsbeschluss aus dem Jahr 1642 geht, bis zum Gedenktag der Heiligen Agnes. Der ist, das weiß der katholische Kölner, am 21. Januar. Doch in Bremen gilt diese Regel nicht. Und so feierte die Bremer FDP am Sonnabend auf dem Theaterschiff ihren Neujahrsempfang. Dazu war die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) eingeladen. Sie war es auch, die auf die Kölner Anekdote hinwies.
Seit 2017 stellt die FDP mit den Christdemokraten die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, Ministerpräsident ist der Armin Laschet (CDU). Gebauer rief beim Neujahrsempfang der Bremer Liberalen zu „Mut statt Ängstlichkeit“ in der Bildungspolitik auf. „Wir haben gesagt: Wir wollen weltbeste Bildung in Deutschland“, sagte sie mit Blick auf einen Slogan ihrer Partei während des Wahlkampfs in NRW. Sie finde diesen Anspruch richtig. „Wir konkurrieren nicht nur mit anderen Bundesländern, sondern auch mit anderen Nationen“, betonte die FDP-Ministerin.
Auch in NRW fehlen Kita-Plätze und Lehrkräfte
Die bildungspolitischen Herausforderungen im bevölkerungsreichsten Flächenland seien ganz ähnliche wie in Bremen: Es fehlten Kita-Plätze und Lehrkräfte, die berufliche Ausbildung müsse gestärkt werden. Den größten Bedarf in NRW sieht sie aber in den Grundschulen. Einer Analyse zufolge sollen dort in den kommenden Jahren etwa 16.000 Lehrkräfte fehlen. In anderen Schulformen gebe es dagegen etwa 15.000 Lehrer mehr als notwendig; daher versuche sie, diese für den Dienst an Grundschulen zu gewinnen.
In Grundschulklassen in NRW säßen teilweise Kinder aus 23 Nationen, so die Ministerin. Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen müssten dringend gestärkt werden, diese beherrschten auch deutsche Kinder oft nicht gut genug, weil Eltern sie vor dem Handy oder Fernseher parkten. Deshalb werde Englisch in Nordrhein-Westfalen nicht mehr ab dem zweiten Halbjahr in der ersten Klasse unterrichtet, sondern erst später. Dafür gab es anerkennendes Klopfen aus dem Bremer FDP-Publikum. „Das löst nicht überall Applaus aus“, räumte Gebauer ein. Als Beispiel nannte sie Eltern, die ihre Kinder in bilinguale Kindergärten schickten. Gebauer rechtfertigte ihre Entscheidung: Als erstes müssten die Grundkenntnisse sitzen.
Die Bremer FDP war voll des Lobes für ihre Parteikollegin, die, wie Fraktionschefin Lencke Wischhusen hervorhob, die einzige liberale Bildungsministerin in Deutschland sei. An der Bremer Bildungspolitik ließen die hiesigen Liberalen kein gutes Haar. Wischhusen forderte die Stärkung der beruflichen Bildung. „Alle meinen, man muss studieren“, sagte sie. „Gucken Sie sich Studienführer an, die sind dicker als die Bibel.“ Wischhusen forderte nach NRW-Vorbild die Einführung des Fachs Wirtschaft an Schulen.
Auch FDP-Chef Hauke Hilz attackierte die Bremer Bildungspolitik. 75 Jahre sei das Ressort in SPD-Hand. Die Sozialdemokraten sprächen immer von sozialer Gerechtigkeit, ihre Politik bewirke aber „das genaue Gegenteil“. Nirgendwo sonst in der Republik könnten Schüler so schlecht lesen, sei die Bildungsarmut so groß und der Bildungsweg so stark vom Elternhaus geprägt. „Bremen hat noch 15 Plätze in der Bildungsbundesliga aufzuholen“, sagte Hilz. Er forderte die Wiedereinführung des Sitzenbleibens und einen stärkeren Leistungsgedanken. Wer sich mit Pünktlichkeit, Fleiß und Ehrgeiz in der Gesellschaft einbringe, solle nicht bestraft werden.