Wenn es nach Jean Jaques de Chapeaurouge, dem Geschäftsführer der Hanseatischen Projektentwicklung GmbH geht, dann wird das von der Jacobs-Gruppe projektierte, Balgequartier ein "neuer Edelstein" für eine spannende Bremer Innenstadt-Entwicklung werden. Gemeinsam mit Projektleiterin und Geschäftsführerin Immobilien Melanie Landahl stellte er das aktualisierte Konzept nun im Johann-Jacobs-Haus auf der letzten Sitzung der Legislatur des Beirates Mitte vor. Und erntete dafür prompt allseits Lob und Zustimmung. Fazit der Beiratsmitglieder und von Hellena Harttung, Leiterin des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt: Es sei das letzte von drei verbliebenen Bau-Projekten in der City, das vorangetrieben werde und nun in die Realisierungsphase gehe. Gerade werden auf dem Grundstück, auf dem das Neue Essighaus entstehen soll, Bohrpfähle eingerammt, anschließend soll die Baugrube ausgehoben werden. Baubeginn soll am Jahresende sein. Die Baustellenzeit ist auf zwei Jahre terminiert. Hellena Harttung lobte das "Superprojekt und dessen tolle Wertigkeit, in das viel Liebe, Herzblut und Geld geflossen ist. Das ist ein großer Gewinn für die City". Und Chapeaurouge ergänzte: "Bremen nimmt nun endlich am Handlauf zur Weser seine Chancen wahr".
2022 hatte Johann Christian Jacobs, Vorstand der Johann Jacobs & Co. Gruppe mit Bau- und Stadtentwicklungssenatorin Maike Schaefer (Grüne) den städtebaulichen Rahmenvertrag unterzeichnet. Für den Investor war von Anfang an klar, dass er das Quartier selbst bewirtschaften wollte. Landahl und de Chapeaurouge möchten, dass das Balgequartier künftig das pulsierende Herz der Innenstadt wird. Das Ziel: Viele Menschen sollen kommen, flanieren und auf einer Vielzahl von Außensitzplätzen Gastronomie und Kultur genießen. Denn: "Das Balge-Quartier atmet Geschichte". Immerhin habe sich auf der Bremer Düne an der Balge, dem früheren Seitenarm der Weser, der einstige Handelssitz der Bremer Innenstadt befunden, sagte de Chapeaurouge.
Welche kulturellen Impulse sind geplant?
Ein wichtiger Baustein für die Entwicklung des Quartiers soll der Einzug des virtuellen Literaturhauses und des Literaturkontors in das Kontorhaus werden, dessen Aufgänge gegenwärtig zurückgebaut werden und das künftig barrierefrei zugänglich sein soll. Zudem soll das Bremer Stadtmusikantenhaus zum Magneten für Touristen und Einheimische werden. Generell sollen alle Gebäude des Ensembles aus insgesamt vier Bauten ebenerdig erschlossen und architektonisch offen gestaltet und durchquerbar sein. So soll die Durchlässigkeit zum Marktplatz und zum Bredenplatz verbessert werden. "Wir rechnen, konservativ geschätzt, im Stadtmusikantenhaus mit 80.000 Gästen pro Jahr", betonte Heiner Stahn von der Kulturbehörde. Bis zu 200.000 seien möglich.
Wer sind die Mieter im Neuen Essighaus?
Die ersten Mietverträge für das Neue Essighaus und das Kontorhaus am Markt sind unterdessen bereits unterzeichnet worden: So soll die nachhaltige, niederländische Lifestyle- und Interieur-Marke Dille & Kamille Anfang 2025 im Erdgeschoss des Neuen Essighauses direkt am Jacobshof ein Ladengeschäft eröffnen. Auf etwa 360 Quadratmetern bietet das Unternehmen nachhaltige Haushaltsartikel, Küchenutensilien und Dekoration. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland wird ebenfalls Mieter im Neuen Essighaus. Der Mietvertrag über mehr als 1700 Quadratmeter wurde jüngst unterzeichnet. Das Unternehmen, das bisher am Domshof saß, wird voraussichtlich 2025 die drei End-Etagen fünf bis sieben des Neubaus inklusive eigener Dachterrasse beziehen. Dabei sind Teile der Fassade von 1618 wie die sogenannten Utluchten erhalten und der Giebel der ehemaligen Sonnenapotheke zum Jacobshof hinter der Stadtwaage erhalten worden. Allein das habe 500.000 Euro gekostet, sagten die Projektentwickler. Für die stadtplanerische Entwicklung des Balgequartiers sowie die Neugestaltung des Essighauses in der Langenstraße zeichnet Professor Quintus Miller vom Architekturbüro Miller & Maranta aus Basel verantwortlich. Das neue dreiständige, architektonische Gesicht der Fassade war zunächst kontrovers diskutiert worden. Allein das baurechtliche Verfahren für das Neue Essighaus habe fünf Jahre in Anspruch genommen, so de Chapeaurouge.
Wer sind die Mieter im Kontorhaus?
Im Kontorhaus, das 1911 ursprünglich als Bankgebäude errichtet worden war, vermietet das Hospitality-Unternehmen "limehome" voraussichtlich ab 2024 82 Service-Apartments mit Küche auf einer Gesamtfläche von etwa 3400 Quadratmetern im zweiten und dritten Obergeschoss. Damit können hier bis zu 150 Personen übernachten. Gedacht ist das Angebot für Studierende oder Menschen, die temporär in Bremen leben. Über eine Umwandlung in Wohneinheiten könne später nachgedacht werden, sagte Landahl. Zuvor hatte Joachim Musch (Grüne), Sprecher des Bauausschusses des Beirates Mitte, moniert, dass in den Immobilien, anders als zunächst geplant, auf Wohnungsbau verzichtet worden sei. Das Projektteam begründete das mit den inflationären Preissteigerungen in der Baubranche. Und auch ein weiterer Mieter steht für das Kontorhaus inzwischen fest: Das kurdisch-türkische Restaurant-Konzept bona'me will künftig auf über 460 Quadratmetern im Erdgeschoss des Kontorhauses orientalische Kulinarik auftischen. Besonders imposant ist indes der spektakuläre Bar-Bereich von "The Grand Arcade", der kosmopolitisches Flair ausstrahlt. Die große, runde Eingangshalle im Erdgeschoss verfügt allein über eine Deckenhöhe von neun Metern und soll bis Mitternacht, natürlich beaufsichtigt, geöffnet sein. Dieses Forum für Konzerte und Lesungen soll von einer Lichtdecke aus Glas überwölbt werden. Solch ein Ensemble finde sich in keiner anderen deutschen Stadt, so de Chapeaurouge.
Wie soll die Außenfläche an der Langenstraße umgestaltet werden?
Um mehr Platz für Hunderte von Außensitzplätzen gewinnen zu können sollen die Fahrradbügel in der Langenstraße sukzessive demontiert werden. Am Parkhaus soll anstatt dessen ein neues Doppelparksystem für Fahrräder entstehen. Wim Petry, Stadtplaner für den Bereich Mitte im Bauressort, sagte auch, dass die Brandschutzvorgaben der Feuerwehr eingehalten werden müssten. In das gesamte Bauvorhaben, das auch die technische Sanierung und Modernisierung des Innenbereiches der Stadtwaage mit ihrer Fassade von 1587 vorsieht, sind der Beirat, das Verkehrsressort und das Amt für Straßen und Verkehr eingebunden. Auch in der Stadtwaage sollen Flächen für Einzelhandel und Gastronomie sowie unter dem Dach für Büroräume entstehen.