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Freiwilligen-Agentur initiiert Schreibkurse Ein Buch macht Schule

Mehr als 100 Kinder aus fünf Grundschulen haben zusammen an einer Geschichte gearbeitet. Die Autorin und Illustratorin Anke Bär hat die Figuren, Handlungen und Bilder in einem Buch zusammengebracht.
05.12.2021, 05:00 Uhr
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Von Britta Kluth

Was hat eine ältere Dame, deren Mann vor vielen Jahren verschwand, mit getrennten Zwillingen und einem Zauberbesen gemeinsam? Sie alle entsprangen der Fantasie von mehr als 100 Kindern aus fünf Bremer Grundschulen, die zusammen an einer Geschichte gearbeitet haben. Das geht natürlich nicht ohne eine Person, die im kreativen Schaffen den Überblick behält. Anke Bär hat diese Aufgabe von der Bremer Freiwilligen-Agentur übernommen, in deren Projekt Lesezeit die Workshops stattgefunden haben. Und nicht nur das, die freischaffende Autorin und Illustratorin, die ihr Atelier im Ostertor hat, hat alle entwickelten Ideen, Figuren, Handlungsorte und gemalten Bilder zu einem Buch verarbeitet, das auch großen Lesefreunden Spaß macht. „Die geheime Insel im See“ heißt das Ergebnis, mit dem sich die Freiwilligen-Agentur zugleich ein Geschenk gemacht hat. Denn im vergangenen Jahr hatte die Lesezeit ihren 20. Geburtstag. Die Feier wurde im diesjährigen November nachgeholt. Mit dem Buch möchten sich die Initiatoren bei allen Freiwilligen bedanken, die in die Schulen gehen und Kinder dort individuell beim Lesenlernen unterstützen und fördern. Für Anke Bär, die in Hildesheim Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis studiert hat, war die Arbeit mit den Dritt- und Viertklässlern nicht nur beruflich eine Herzensangelegenheit. Die gebürtige Erlangerin ist seit 2019 selbst Botschafterin der Lesezeit.

Projekt hat sich verzögert

„Das Projekt war für mich genauso spannend wie für die Kinder. Ich wusste ja am Anfang nicht, wie aufgeschlossen die Schülerinnen und Schüler sind und wie leicht ich einen Zugang zur Klasse finde. Aber letztendlich ging es sehr schnell, einen Kontakt herzustellen und in den kreativen Part einzutauchen.“ Beteiligt waren die Grundschule im Buntentorsteinweg, die Schule In der Vahr, die Grundschule an der Fischerhuder Straße, Schule Schönebeck und die Grundschule Arbergen. Für jede Klasse war ein fünfstündiger Workshop vorgesehen. Im Januar 2020 besuchte Anke Bär die erste Grundschule. Dann geriet das Projekt aufgrund von Corona ins Stocken. „Die Workshops zogen sich bis ins Jahr 2021. Wir mussten einiges umorganisieren. So konnte ich zum Beispiel nur noch frontal mit den Kindern zusammenarbeiten.“ Mit dem Ergebnis ist die 44-Jährige trotzdem sehr zufrieden. Ebenso wie die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler, die alle ein eigenes Exemplar des Buches geschenkt bekommen.

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Der neunjährige Musa aus der 4c der Grundschule In der Vahr fand es spannend, dass gleich mehrere Schulen und Klassen an einer Geschichte gearbeitet haben. „Wir wussten ja nicht, was sich die anderen ausdenken. Außerdem war es toll, einmal ohne Auftrag an etwas arbeiten zu dürfen. So konnten wir richtig rumfantasieren“, sagt er begeistert und trifft damit die Meinung seiner Mitschülerin Emily: „Es gab keine Einschränkungen oder Regeln, und das hat viel Spaß gemacht.“ Das findet auch Kiyana. „Mir hat am besten gefallen, dass wir frei malen durften und uns Zaubersprüche ausgedacht haben.“ Immer wieder freuen sich die Kinder, wenn sie im Buch auf etwas treffen, was aus ihren eigenen Köpfen stammt. „Die Idee vom Geheimlabor ist von uns“, erinnert sich Emily. Etienne hat den einen oder anderen Zauberspruch erkannt. Und Elias hat sein Bild auf Seite 53 entdeckt. „Ich habe Oma Gertrud gemalt, wie sie ihr Zauberbuch auf einen Tisch abgelegt hat“, sagt er stolz und kann es kaum fassen, sein Bild gedruckt zu sehen. Sowieso kam das Thema Zaubern bei allen Schülerinnen und Schülern gut an. „Wir konnten uns Sachen ausdenken, die es gar nicht gibt“, berichtet Etienne, „so ein bisschen wie in Harry Potter.“

Zauber-Thema ist bewußt gewählt

Anke Bär wählte das magische Thema nicht ohne Hintergedanken. „Mit Zauberei kann man meist alle Kinder mit ins Boot holen“, hat sie die Erfahrung gemacht. „Das Erfinden von Zaubersprüchen war der Einstieg, weil sich die Sprache hier in ihren kleinsten Elementen, also Buchstaben, Silben und Wörtern, einbinden lässt. So können auch diejenigen spielerisch kleine Texte zu Papier bringen, denen das Schreiben schwerfällt.“ Ihr sei wichtig, jeden Fantasieschnipsel ernst zu nehmen. Gearbeitet habe sie viel mit Tafelbildern oder spielerisch über Impulse. Reizwortgeschichten, für die sich die Autorin selbst seit ihrer Schulzeit begeistert, haben die Fantasie der Kinder verstärkt. Dabei ging es längst nicht immer mucksmäuschenstill zu. „Ich hatte das Glück, als außerschulische Person einen gewissen Bonus zu haben“, sagt sie schmunzelnd. „Ordnung gehört für mich zum kreativen Arbeiten mit Kindern genauso dazu wie Chaos. Nur wenn man beides zulässt, kann auch Unvorhergesehenes passieren.“

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Herausgekommen ist eine fast 150 Seiten starke Erzählung voller Zauberei, sprechender Tiere, überraschender Wendungen und mit vielen Verweisen auf Kinder- und Jugendliteratur. Von April bis August dieses Jahres hat Anke Bär daran geschrieben. Nicht einfach sei es gewesen, all die Ideen und Gedanken zu einer Geschichte zusammenzubringen. Die Kinder der 4c jedenfalls sind sich einig, dass ihr das gelungen ist. Klassenlehrerin Dorothee Torbecke nutzt das Buch sogar für ihren Unterricht. „Wir nehmen gerade durch, wie Texte aufgebaut werden. Da habe ich mich schon häufig auf das Buch und den Workshop mit Anke Bär beziehen können.“ Ein großes Kompliment kommt von Elias. Schon bis Seite 108 habe er die Geschichte gelesen, freut sich der Neunjährige, und so viel lese er sonst nie.

Info

„Die geheime Insel im See“ gibt es nicht zu kaufen. Das Buch ist ein Geschenk an alle Freiwilligen, die sich für die Lesezeit engagieren, und darf dort natürlich gern auch zum Einsatz kommen. Interessierte melden sich bei Frank Meyer von der Freiwilligen-Agentur Bremen: mayer@freiwilligen-agentur-bremen.de oder telefonisch unter 16867013.

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