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Die Welt der Farben Handgemachtes aus dem Atelier Ratzbärkönig

Im Atelier Ratzbärkönig machen Grafikerin Uta Ratz, Illustratorin Anke Bär und Buchbinderin Tale Jo König unter anderem Bücher. Sämtliche Schritte erfolgen hierbei in Handarbeit der drei Frauen.
05.03.2019, 12:09 Uhr
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Handgemachtes aus dem Atelier Ratzbärkönig
Von Olga Gala

Anke Bär zeichnet in feinen schnellen Strichen eine Pflanze mit vielen feinen Blättern, am unteren Ende sitzt eine kleine Raupe. Sie schaut nach oben, dort thront ein Schmetterling mit großen Flügeln. Der Entwurf ist eine Skizze für ihr neues Buch. Anke Bär ist Illustratorin und Teil des Künstlerateliers Ratzbärkönig. Ebenfalls dabei sind die Grafikerin Uta Ratz und Buchbinderin Tale Jo König. Seit zehn Jahren arbeiten die Frauen zusammen im Bremer Viertel. In einem gemütlichen Raum mit großer Fensterfront stehen ihre Schreibtische, dazwischen bedruckte Papierbögen, Postkarten, Skizzenbücher, Farbpaletten. Im Hintergrund läuft leise Blues, von einem Schreibtisch ist das leichte Kratzen eines Bleistifts auf Papier zu hören.

Bär arbeitet gerade an der Mimik der kleinen Raupe. Was für eine Nase hat sie? Braucht sie Augenbrauen? „Gar nicht so einfach“, sagt sie. Drei eigene Bücher hat Bär veröffentlicht, die Geschichte über die Raupe wird das vierte. Ihre Zeichnungen betrachtet Bär nie losgelöst vom Text, beides gehört zusammen. Illustriert sie eine Auftragsarbeit, steht der Text oft schon. „Beim Lesen überlege ich mir dann, was mir dazu einfällt“, sagt Bär.

Bis ein Buch fertig ist, dauere es rund zwei bis drei Jahre, sagt Bär. Zunächst entwirft sie das Storyboard – eine Übersicht, die zeigt: Was passiert wo auf welcher Seite? Was ist zu sehen? Erst danach setzt sie sich an die Illustrationen. Sie zeichnet zuerst mit Bleistift, anschließend geht es um die Details. Passt es nicht, verwirft Bär ihren Entwurf wieder. Das gehöre dazu. „Experimentieren ist wichtig“, sagt sie. Nur so könne eine Arbeit besser werden. Für einige Illustrationen nutzt Bär die Skizze als Vorlage für eine Zeichnung mit Tusche. An einem von unten beleuchteten Tisch paust Bär gewissermaßen ihr eigenes Werk ab.

„Soll es ganz wild aussehen, leg ich aber einfach los“

Uta Ratz arbeitet ebenfalls viel am sogenannten Lichttisch. Ob in Buchprojekten oder für den Entwurf eines Logos. „Oft sieht eine Handschrift einfach individueller aus“, sagt Ratz. Damit die Proportionen trotzdem stimmen, arbeitet sie mit einer Vorlage. „Soll es ganz wild aussehen, leg ich aber einfach los“, sagt Ratz. Das Gezeichnete scannt sie ein, bearbeitet es am Rechner. Gleich neben der Maus liegen auf ihrem Schreibtisch zwei Farbfächer. Arbeitet Ratz am PC, gleicht sie die Farben am Bildschirm mit denen des Fächers ab. Auf dem Monitor sehen die Farben oft anders aus als in der gedruckten Fassung.

Auch Bär arbeitet manchmal am PC. Der Skizzenblock ist trotzdem ihr ständiger Begleiter. Darin finden sich kleine detailreiche Zeichnungen, schnell hingekritzelte Skizzen, Stichworte, ganze Textpassagen. „Da mischt sich alles Mögliche.“ Bär lässt sich gerne inspirieren – verarbeitet das Gelesene, Gehörte und Gesehene zu neuen Formen, entwickelt es weiter. „Alles, was ich erlebe, fließt auch in meine Arbeit ein“, sagt sie. Bär hat viele solcher Bücher, kleine für unterwegs, große für das Atelier. In Schubladen verstaute, mit längst gefüllten Seiten; und noch fast gänzlich unbeschriebene mit viel Platz für neue Ideen. Manchmal zeichnet Bär auch auf losen Blättern. Ist ein Projekt abgeschlossen, verstaut sie diese in Klarsichtfolien, säuberlich abgeheftet im Aktenordner.

Postkarten sind wichtig bei Ratzbärkönig

Über dem Regal mit den dunklen Ordnern hängt ein Postkartenständer, darin leuchtend bunte Motiven. Siebdrucke von König. Daneben Karten mit einer minimalistisch gezeichneten Vase, eine einzelne dunkelrote Linie auf weißem Hintergrund. Postkarten sind wichtig bei Ratzbärkönig. Alle drei Frauen produzieren und lieben sie. Geld verdienen sie damit selten. Dafür gibt es die anderen Arbeiten. „Postkarten mache ich aus Privatvergnügen,“ sagt Ratz, „das ist mein Ich-spinn-mich-aus-Part.

Bärs Illustrationen sehen immer unterschiedlich aus – mal abstrakt mit Tinte und Tusche, mal ganz präzise und an alte Fotografien erinnernd, dann in leuchtenden Farben oder wie aus dem Mittelalter gefallen. „Die Art zu illustrieren, ergibt sich für mich aus dem Stoff“, sagt Bär. So zeichnete sie in ihrem ersten Buch mit Bleistift und entwickelte sogar eine eigene Schriftart: eine heute leicht lesbare Abwandlung der Sütterlinschrift.

Die Handlung spielt nämlich vor knapp 100 Jahren und erzählt die Geschichte eines jungen Auswanderers, der Deutschland verlässt. Im zweiten Buch geht es um die Hanse. „Da war mein Ansatz, die gotischen Figuren zu beleben“, sagt Bär. Sie beschäftigte sich intensiv mit mittelalterlicher Illustration, las viel zu dem Thema. Anschließend zeichnete sie mit der Feder. In ihrem bislang letzten Buch „Kirschendieb“ stand der Text viel mehr im Fokus als zuvor. Bär hatte dazu ihre Mutter, ein Kind der Nachkriegszeit, interviewt. Erstanden ist die Geschichte eines Mädchens in den späten 1940er-Jahren, ein Kinderbuch eigentlich. Doch auch für die Kinder von damals interessant und vielleicht ein Anstoß für die Generationen, miteinander ins Gespräch zu kommen, sagt Bär.

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