Hat Bremen ein Imageproblem? Ist es, die Frage hat auch der WESER-KURIER unlängst in einem Dossier gestellt, eine „graue Maus“? Wieder aufgeworfen hat diese Fragen jetzt eine Studie der Marktforscher von Empirica. Sie haben sich die Wanderungsbewegungen der jungen Menschen im Alter von 25 bis 35 Jahren angesehen und sind zu dem Schluss gekommen: Für sie „zieht“ Bremen nicht, es steht für nichts. Bremen ist keine „Schwarmstadt“, obwohl es eigentlich durch Lage, Größe und Ausstattung eine sein müsste (wir berichteten).
Ziel der Studie, in Auftrag gegeben von der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungswirtschaft Bremen-Bremerhaven, sei es, einen Beitrag zur laufenden Debatte zu liefern, sagt der Brebau-Geschäftsführer und Sprecher der AG, Thomas Tietje. Die Stadtgesellschaft beschäftigt sich seit Monaten mit Bremen, wie es einmal sein soll, nämlich eine „wachsende Stadt“. Die Zukunftskommission des Senats hat im Oktober ihre Ergebnisse vorgelegt, die Handelskammer ein Papier zur „Perspektive Bremen-Bremerhaven 2030“ herausgegeben. Die Investoren Zech und Jacobs luden zur „Ideenmeisterschaft“ für die Innenstadt. Wirtschaftsförderung (WFB) und Tourismuszentrale verzahnen sich, es gibt eine neue Tourismus-Strategie.
„Eine Vollerhebung, keine Umfrag“
Grundlage der Empirica-Studie sind statistische Daten der Einwohnermeldeämter aus den Jahren 2011 bis 2015, „eine Vollerhebung, keine Umfrage“, erklärt Autor Harald Simons. Um den Gründen für das mangelnde Interesse der potenziellen Neubremer auf die Schliche zu kommen, haben die Autoren darüber hinaus Interviews mit Firmen, Kulturschaffenden und Influencern geführt. „Die Gruppe der 25- bis 30-Jährigen entscheidet, ob eine Region schrumpft oder wächst“, sagt Simons.
Bremen hat zwischen 2011 und 2015 rund 13.000 Einwohner gewonnen, eine Top-Schwarmstadt wie Leipzig dagegen im gleichen Zeitraum 50.000, Hannover 39.000 und Dresden immerhin noch 26.000 Einwohner. Bremen gewinnt laut der Studie nur aus dem Ausland Einwohner, während andere Städte auch von der Binnenwanderung, zum Beispiel aus ihrer jeweiligen Umgebung, profitieren. Das gilt für Bremen nicht, zum Beispiel gingen zwischen 2011 und 2015 aus dem Emsland 822 junge Menschen nach Münster und 701 nach Osnabrück, aber nur 113 nach Bremen. Die jungen Friesen lockt Oldenburg (590) weitaus mehr als Bremen (107), die Vechtaer ziehen Osnabrück (357) und Oldenburg (232) Bremen (224) vor.
„Erschreckend“ findet Miriam Strunge, kulturpolitische Sprecherin der Linken, die Botschaft der Empiriker. „Wir müssen es verdammt ernst nehmen, wenn junge Menschen lieber in Osnabrück oder Münster leben wollen und Bremen nach außen profillos ist.“ Sie sieht in der Untersuchung eine „Aufforderung an alle Bremer Behörden, ihr Handeln zu überprüfen.“
Laut der Studie macht Bremen für Junge und Kreative nämlich nicht in erster Linie der Arbeitsmarkt unattraktiv, sondern auch das Fehlen eines echten Szeneviertels, langwierige Entscheidungswege und eine risikoscheuende Verwaltung. Strunge: „Bestes Beispiel ist der Zuckerclub, der über Jahre nach einem neuen Zuhause gesucht hat.“ WFB-Vorstand Peter Siemering verweist auf die Prozesse mit den verschiedenen Akteuren. „Ich sehe, dass sich alle Kräfte der Stadt diesem Thema widmen. Wir müssen bei Bremens Image und Bekanntheit einen Zahn zulegen“, sagt er. Was die Studie angehe, beantworte sie nicht einwandfrei, welche Prozesse genau nun was bedingten. „Ich werde sie mir aber herausnehmen, woran wir arbeiten können.“